3.11.2024, 23. Sonntag nach Trinitatis
Römer 13, 1-7
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Gnade sei mit euch und Friede durch unseren Herrn Jesus Christus. Amen. Der Predigttext für heute finden wir im Römerbrief, Kapitel 13, Verse 1-7:
Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, ist sie von Gott angeordnet. Darum: Wer sich der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt Gottes Anordnung; die ihr aber widerstreben, werden ihr Urteil empfangen. Denn die Gewalt haben, muss man nicht fürchten wegen guter, sondern wegen böser Werke. Willst du dich aber nicht fürchten vor der Obrigkeit, so tue Gutes, dann wirst du Lob von ihr erhalten. Denn sie ist Gottes Dienerin, dir zugut. Tust du aber Böses, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst. Sie ist Gottes Dienerin und vollzieht die Strafe an dem, der Böses tut. Darum ist es notwendig, sich unterzuordnen, nicht allein um der Strafe, sondern auch um des Gewissens willen. Deshalb zahlt ihr ja auch Steuer; denn sie sind Gottes Diener, auf diesen Dienst beständig bedacht. So gebt nun jedem, was ihr schuldig seid: Steuer, dem die Steuer gebührt; Zoll, dem der Zoll gebührt; Furcht, dem die Furcht gebührt; Ehre, dem die Ehre gebührt.
Liebe Gemeinde, Ist der Staat eine gute oder eine schlechte Sache?
Ich denke, für die meisten von uns ist es eine kontextabhängige Frage. Werde ich von der Polizei angehalten, weil ich ein Verkehrsschild übersehen habe und versehentlich eine Verkehrswidrigkeit begonnen habe? In dem Fall finde ich die Macht des Staats nicht so großartig. Wird aber in mein Auto auf dem Parkplatz eingebrochen und meine Reisetasche gestohlen? Dann wünsche ich mir, dass die Polizei ihre ganze Gewalt und alle verfügbaren Ressourcen einsetzt und mir meine Reisetasche zurückbringt. Und zwar dalli.
Will ich, dass der Staat Steuer erhebt? Will ich, dass der Staat Steuer von mir erhebt? Und wie viel ist angemessen? Und wer entscheidet das?
Es ist sehr umständlich für mich, wenn die Stadt die Straße aufreißt. Aber nachdem das Glasfaserkabel gelegt und bei mir in der Wohnung angeschlossen wird und ich nun mit Lichtgeschwindigkeit im Internet surfen kann, dann hat für mich die Maßnahme gelohnt. Aber warum muss die Straße im nächsten Monat gleich wieder aufgerissen werden? Kann die blöde Stadt ihre „Verbesserungsmaßnahmen“ nicht besser koordinieren?
Schließlich heißt es in Vers eins: „Jedermann sei untertan der Obrigkeit“. Liebe Gemeinde, das ist eine klare Aussage. Die Obrigkeit wird erwähnt. Und jedermann ist hier jeder Mensch, wenn man an die Gesellschaft denkt, aber diese Worte sind an Christen gerichtet, also bedeutet es jeden Christ. Jeder Christ und jede Christin sei untertan der Obrigkeit.
Schauen wir für einen Moment zurück auf die Schöpfung. Auf Gottes Ordnung ganz am Anfang. Wir müssen uns daran erinnern, dass im 1. Buch Mose Kapitel 3 in rasender Geschwindigkeit Kapitel 1 folgt. Wir haben die Schöpfung. Und fast sofort haben wir den Sündenfall. Wir haben eigentlich fast keinen Einblick in eine paradiesische, eine edenische Regierung. Alles, was wir haben, sind Adam und Eva. Und sie haben gleich etwas ziemlich Doofes gemacht, wofür alle nun zahlen müssen. Aber darüber reden wir ein anderes Mal. Wie würde die politische Ordnung bei uns heute ausgesehen, wenn Adam und Eva vom verflixten Apfel nicht gegessen hätten? Wir wissen es einfach nicht, wie eine von der Sünde unbefleckte Regierung aussehen würde.
Aber der Sündenfall wirft eine interessante Frage auf: Macht die Sündhaftigkeit des Menschen den Staat nun weniger oder mehr notwendig? Liebe Gemeinde, sie macht die Regierung sowohl notwendiger als auch gefährlicher. Sie ist notwendiger, weil die Bibel sehr deutlich macht, dass der schlimmste politische Zustand, der absolut schlimmste Zustand der menschlichen Gesellschaft die Anarchie ist. Aber da wir nun alle Sünder sind, wissen wir natürlich auch, dass die Regierung in den Händen von Herrschern liegen kann, die ehr manchmal gut aber auch manchmal böse regieren.
Richter 21:25 ist ein klassischer Text, der vor der Anarchie warnt. „In jenen Tagen gab es keinen König in Israel, und jeder tat, was er für richtig hielt.“ Liebe Gemeinde, wie schrecklich! Kein König. Kein Gesetz. Keine Ordnung. Und selbst das war kompliziert, denn Gott wollte eigentlich nicht, dass Israel einen König hat, sondern dass seine Herrschaft über sie, seine Souveränität über sie, durch die Behörden Israels ohne einen König, effizient ausgeübt wird.
Aber Israel verlangte einen König, denn alle Völker um sie herum hatten Könige, und Könige hatten Armeen, und Könige waren sichtbar. Ja, man kann einen König sehen, und man weiß, dass er da ist, und der König umgibt sich mit Ruhm, und er hat Macht, und er kann eine Armee aufstellen. Und er kümmert sich um uns.
So viel die Theorie. Israels Könige und ihre Armeen wurden oft zu einer Bedrohung für Israel, das glaubte, Sicherheit durch einen eigenen König zu finden. Gott warnte durch Samuel. Er warnte das Volk vor dem, was auf es zukommen würde. Der König wird eure Söhne nehmen und sie in den Krieg schicken. Er wird eure Töchter als Frauen nehmen. Er wird sogar noch viel mehr nehmen. Liebe Gemeinde, was brachte es den Israeliten, dass sie einen König bekam? Waren sie besser drauf, als ohne ihn, als sie direkt unter Gottes Herrschaft standen? Die Frage ist leicht zu beantworten. Wir müssen nur ein Blatt Papier nehmen und eine Liste von deren Königen aufstellen. Tragen wir in eine Spalte deren gute Könige ein und in eine andere Spalte deren schlechte Könige. Zur Erinnerung: die 12 Stämme Israels wurden sehr früh in zwei Königreiche aufgeteilt. Ein Königreich bestand aus den Stämmen Judah und Benjamin. Das andere Königreich umfasste die restlichen 10 Stämmen. Das erste Königreich nannte man einfach Judah, und es hatte ca. 8 gute Könige und 12 schlechte. Das ist kein tolles Ergebnis. Und bei den anderen 10 Stämmen Israels waren alle Könige schlecht. Oder Böse. Das Alte Testament beschreibt sie eher als Böse. Nicht bloß schlecht.
Im ersten Jahrhundert war die Zeit für das jüdische Volk eine schreckliche Zeit der Verwirrung. Es gab die politische Realität, dass sie nun unter der Herrschaft Roms standen. Es gab die entsetzliche, peinliche und demütigende Realität für Israel, dass Davids Thron nicht besetzt war. Und Rom war natürlich keine politisch neutrale Realität. Wir wissen, dass Rom in der Zeit vor der Geburt Jesu mehrere Aufstände von Banden jüdischer Eiferer und anderen erlebt hatte. Es gab Revolten. Eine der Hauptmethoden, mit denen das jüdische Volk versuchte, einen Protest gegen die Herrschaft Roms zu erheben, war die Weigerung, Steuern zu zahlen. Die Frage nach der Verpflichtung Steuern zu zahlen, taucht hier bei Paulus auf. Sie taucht in den Evangelien auf. Und sie taucht nochmal im ersten Petrusbrief auf. Und die Frage wurde jedes Mal mit Ja beantwortet. Ein Christ – damals wie heute – muss Steuern zahlen.
Wenn wir an bösen Herrschern unserer Zeit denken, sollten wir uns daran erinnern, dass Cäsar kein Chorknabe war. Die frühen Christen hätten viel über Cäsar und seine Herrschaft zu beklagen. Als Paulus seine Ermahnung schrieb, die Obrigkeit zu gehorchen, war ausgerechnet Nero Kaiser. Schlimmer geht’s doch nicht. Aber gleichzeitig erleichterte die Politik Roms in vielerlei Hinsicht die Ausbreitung des Evangeliums. Es tat dies nicht mit Absicht, sondern durch seine Beschaffenheit. Es tat es durch Herrschaft. Es tat es durch Regelmäßigkeit und Straßen. Es tat dies durch die Pax Romana. Sie ermöglichte es, das gesamte römische Reich zu durchqueren, wie es nie zuvor und nur selten danach möglich war. Und das war nur möglich, weil die Bürger Roms und der besetzten Gebiete Steuern zahlten.
„Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.“ Als Antwort auf die Frage, ob man Steuern zahlen sollte, hätte Jesus ein ganzes Seminar über die Trennung von Kirche und Staat abhalten können. Doch das tat er nicht.
Und natürlich war die Frage heikel. „Gib mir eine Münze. Wie viele Seiten hat die Münze? Zwei. Und wessen Bild ist auf der Münze? Das von Cäsar. Sie gehört ihm. Das Stück Metall gefällt ihm so gut, dass er in aller Bescheidenheit sein eigenes Bild auf die Münze geprägt hat, um zu zeigen, dass sie ihm gehört.“ „Diese Münze“, sagt der Cäsar, “gehört mir.“ Jesus sagte: „Nun, wenn sie ihm so sehr gefällt, dass er sein Bild darauf geprägt hat, dann gib sie ihm zurück.“
Und dann sagte Jesus, gebt Gott, was Gott gehört. Und was gehört Gott, liebe Gemeinde? Dich. Und ich. Genau wie Cäsar sein Ebenbild auf die Münze prägen ließ, hat Gott sein Ebenbild auf uns geprägt. Ja, liebe Gemeinde, wir sind das Ebenbild Gottes. Das heiß, wir sollten uns ihm geben. Wir sollten ihm ergeben sein. Denn wir gehören ihm.
Liebe Gemeinde, bei Gott geht es um alles. Es geht um Gehorsam gegenüber ihm. Es geht um die Feier seiner Herrschaft. Es geht um die Verehrung seines Sohns. Es geht um die Anerkennung des Messias. Es geht um die Reue über unsere Sünden. Und natürlich bedeutet es, das Knie vor Nebukadnezar nicht zu beugen. Die frühen Christen verstanden, dass es keine Autorität gibt außer der, die von Gott eingesetzt ist, und dass sie, dem Beispiel Daniels und anderer folgend, Cäsar nicht ihre Seele gaben. Sie zahlten ihm Steuern, ließen sich in seine kaiserliche Armee einberufen, aber sie beugten sich nicht.
Die Grenze zwischen dem, was menschlichen Autoritäten geschuldet ist, und dem, was ihnen nicht geschuldet ist, das ist schwer herauszufinden. Und ich kann uns heute keine einfache Formel geben, wonach wir das entscheiden können. Aber wir wissen dies. Die Regierung selbst ist ein Geschenk. Anarchie ist der Fluch. Es gibt keine Autorität außer der, die von Gott eingesetzt wurde, und alle Autorität kommt von Gott. Wir haben es also dankbar für Autorität zu sein. Wir wissen, dass der Staat einen berechtigten Anspruch an uns hat. Es ist ein massiver Anspruch, aber es ist kein grenzenloser Anspruch. Es ist kein Anspruch auf Ewigkeit. Es ist kein spiritueller Anspruch.
Die Bibel macht sehr deutlich, dass es eine abgeleitete Ehre gibt, die wir denen schulden, die ehrenhaft sind. Aber die einzige unmittelbare Ehre, gebührt Gott selbst. Lasst uns beten.
Vater, danke für diese Worte in deinem Heiligen Schrift, die viel anspruchsvoller sind, als es uns angenehm ist. Vater, hilf uns, die Frage in unserem Geist zu klären, was in diesen Tagen unsere Verantwortung ist. Lasse uns lernen, Dich zuerst zu ehren. Wir bitten dies im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. Amen.
Gerald MacDonald
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