Königsfeld sollte von Anfang an ein Treffpunkt für Christen sein. Jeweils 20 Wegstunden von Basel, Straßburg und Stuttgart – in diesen Städten gab es bereits Herrnhuter Gemeinschaften – konnte zu Beginn des 19. Jahrhunderts der „Hörnleshof“ erworben werden. Damit erfüllte sich der Wunsch vieler Freunde der Brüdergemeine in Süddeutschland und der Schweiz, eine Stätte der Gemeinschaft und der Begegnung zu bekommen. Der Ort wurde planmäßig angelegt; bereits 1812, als Königsfeld gerade 85 Einwohner zählte, konnte der Kirchensaal mit seinen gut 600 Plätzen und den beiden Wohngebäuden fertig gestellt und in Gebrauch genommen werden.
In der Gründungsurkunde aus dem Jahre 1806 sicherte der württembergische König Friedrich I. dem Ort von Anfang an gewisse Freiheiten zu; er gab ihm in Erinnerung an seine eigene Erhebung in den Königsstand auch den Namen. Die ersten Ansiedler deuteten den Namen freilich anders als der Landesherr: sie wollten unter der Königsherrschaft Jesu Christi leben. Seit 1810 gehörte Königsfeld in Folge von Gebietsabtretungen zum Großherzogtum Baden.
Die Herrnhuter Brüdergemeine war zur Zeit der Gründung Königsfelds schon eine weit über Europa hinaus bekannte evangelische Freikirche. Auf seinem Gut bei Berthelsdorf in der Oberlausitz hatte Graf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf im Jahr 1722 mährischen Glaubensflüchtlingen Zuflucht gewährt. Sie waren Nachkommen der böhmisch-mährischen Brüderkirche (Unitas Fratrum, Brüder-Unität, wie die Herrnhuter Brüdergemeine heute noch heißt), die 1457 gegründet worden war und deren Anfänge auf den böhmischen Reformator Jan Hus († 1415) zurückgehen. Das Ende des Dreißigjährigen Krieges bedeutete auch den Untergang der Brüder-Unität. Ihr letzter Bischof, der berühmte Pädagoge Jan Amos Comenius, verfasste dazu 1650 das „Testament der sterbenden Mutter Brüder-Unität“. Einige Mitglieder und ihre Familien überlebten im Untergrund, bis sie den Weg über das Iser-Gebirge in die Oberlausitz wagten, um ihren protestantischen Glauben bewahren und leben zu können.
Die Flüchtlinge brachten lebendige Erinnerungen an ihre kirchliche Vergangenheit mit. Zinzendorf seinerseits setzte mit ihnen seine originellen Gedanken im Blick auf das Gemeindeleben und einer christlichen Lebensgemeinschaft um. Bald siedelten sich Christen aus verschiedenen Konfessionen in dem neuen Ort Herrnhut an. Der Gemeinde blieb ein mühsames Ringen nach dem rechten Weg nicht erspart, aber sie wuchs nach fünf Jahren innerlich zusammen.
Bis heute gilt in den Herrnhuter Gemeinden: Im Zentrum des Glaubens steht Jesus Christus, der mit seinem Leben, seinem Kreuzestod und seiner Auferstehung allen Menschen Gottes grenzenlose Liebe bezeugt. „Kein Christentum ohne Gemeinschaft“ (Zinzendorf): nach neutestamentlichem Vorbild nennen sich die Gemeindeglieder „Schwester“ und „Bruder“.
Aufgrund dieser Glaubensüberzeugung sandte Herrnhut im Jahr 1732 als erste evangelische Kirche Männer und Frauen in die Weltmission. Als Folge davon lebt heute die Mehrheit der Herrnhuter Christen in Afrika und in der Karibik. Auch von Königsfeld zogen im 19. Jahrhundert etwa 100 Frauen und Männer als Missionare in eines der Herrnhuter Missionsfelder. Aus der Idee, in Herrnhut in jedem Haus den Tag mit der gleichen biblischen Botschaft zu beginnen, entstanden die Losungen, ein Andachtsbuch, das für jeden Tag des Jahres je einen Vers aus dem Alten und dem Neuen Testament sowie ein Gebet enthält und das heute in über 50 Sprachen übersetzt wird. Da für die Erziehung von Kindern und Jugendlichen in Herrnhut und den anderen Gemeinden der Brüder-Unität von Anfang die Gemeinschaft verantwortlich war, entstanden in nahezu jeder Gemeinden Schulen, meist mit Internaten. Nach 1945 bestehen in Deutschland nur noch wenige von ihnen; die Zinzendorfschulen in Königsfeld sind heute mit rund 1200 Schülerinnen und Schülern die größte der Herrnhuter Schulen in Europa. Verschiedene Schulzweige führen zur Mittleren Reife, zum Abitur oder zu einer Berufsausbildung.
Fotos: zvg.