19. Januar 2025 · 2. So. n. Epiphanias
Predigttext: Römer 12,9-16
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Liebe Gemeinde,
es ist schon ein paar Jahre her, da habe ich unseren Söhnen auf dem Weg zur Schule Folgendes mitgegeben: Zieht euch bitte warm an, es ist kalt draußen. Vergesst nicht die Mütze und die Handschuhe. Achtet auf der Straße auf den Verkehr. Schaut erst nach links und dann nach rechts, ehe ihr die Straße überquert. Grüßt alle, die euch begegnen- auch wenn ihr sie nicht kennt. Und kommt nach der Schule bitte ohne Umwege wieder nach Hause.
Ganz schön viele Anweisungen so früh am Morgen – vielleicht zu viele? Aber sie waren doch aus Liebe gesagt. Manchmal gehen zu viele Ansagen nach hinten los.
Unser Predigttext heute sind auch Anweisungen – eine nach der anderen. Wir hören den Predigttext aus Römer 12, 9-16
9 Die Liebe sei ohne Falsch. Hasst das Böse, hängt dem Guten an. 10 Die brüderliche Liebe untereinander sei herzlich. Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor. 11 Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt. Seid brennend im Geist. Dient dem Herrn. 12 Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet. 13 Nehmt euch der Nöte der Heiligen an. Übt Gastfreundschaft. 14 Segnet, die euch verfolgen; segnet, und verflucht sie nicht. 15 Freut euch mit den Fröhlichen, weint mit den Weinenden. 16 Seid eines Sinnes untereinander. Trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern haltet euch zu den niedrigen. Haltet euch nicht selbst für klug.
Paulus hat da auch ganz schön viele Anweisungen an die Gemeinde in Rom. In den Kapiteln vorher hat er seine Theologie ausgebreitet. Er spricht über Heilsgewissheit, das auserwählte Volk Israel und über Gerechtigkeit aus dem Glauben.
Und nun folgen die praktischen Hinweise für das Gemeindeleben. Im Vers 9 werden wir an die Jahreslosung erinnert. Da heißt es: Hasst das Böse, hängt dem Guten an- in der Jahreslosung heißt es. Prüft alles und das Gute behaltet- ganz ähnlich, wie ich finde. Auf jeden Fall sind das alles Aufträge für uns. Und der Kern der Botschaft ist die Liebe. Wo die Liebe eine Gemeinschaft bestimmt und leitet, da kann sich etwas Großartiges daraus entfalten. Und warum? Weil die Liebe nicht das ihre sucht, sondern den anderen – die anderen im Blick hat. Die Liebe hat so große Kraft, dass sie Menschen und ganze Gemeinschaften verändern und in Bewegung setzen kann. Wirkliche Liebe achtet den anderen und begegnet ihm oder ihr mit Respekt und Achtung.
Respekt und Achtung, das sind Haltungen, die leider immer mehr verschwinden. Die Sprache und die Worte unserer Tage sind deutlich rauer geworden. Unrecht und Lügen bahnen sich breite Wege in unserem Land und in der Welt. In einem Lied aus dem Jahr 1980 hat es Jürgen Henkys schon damals so formuliert: …wer lügt liegt obenauf. Das Unrecht geht im Schwange, wer stark ist, der gewinnt. Wir rufen: Herr, wie lange? Hilf uns, die friedlos sind.“ (BG 95,1) – Unfassbar, wie aktuell diese Worte heute sind.
Und doch wollen uns die Worte des Paulus nicht lähmen, sondern sie wollen uns in Bewegung setzen. Seid nicht träge, heiß es da weiter. Das bedeutet, dass wir uns gegenseitig aufmuntern und anfeuern sollen. Wir können an den Orten, an denen wir sind und Verantwortung tragen, nach dem Guten suchen.
Die Situation in unserem Land ist nicht einfach. Die Demokratie, die Menschlichkeit und der Respekt voreinander haben gewaltige Kratzer bekommen. Aber nur zusehen, wie es weitergeht, das ist keine Option. Br. MacDonald und ich, wir haben einen Brief an das Dekanat geschrieben und darin zum Ausdruck gebracht, dass wir gern ein Zeichen der Mitmenschlichkeit und des Friedens in unserem Umfeld setzen wollen. Und nun schließen sich andere Pfarrer und Pfarrerinnen an.
Der Einsatz für unsere Mitmenschen, er nimmt Fahrt auf.
Eine weitere Aufgabe ist die Gastfreundschaft, die wir leben sollen. Da, wo wir offen sind für andere, wo wir unsere Häuser und Wohnungen und unsere Herzen öffnen, da können Liebe und Verständnis einziehen. Da werden zunächst Fremde zu Bekannten und zu Freunden, da haben sie einen Namen und sind Teil unseres Lebens. Sie fühlen sich immer mehr angenommen und wagen ihrerseits auch wieder neue Schritte.
Das Cafè International, welches am 31.1 wieder in unseren Räumen stattfindet, das ist so ein Ort und eine Möglichkeit der Begegnung. Nutzen wir sie und überwinden wir Zäune und Hecken, um uns auf neue Menschen einzustellen, die in unseren Ort gekommen sind, weil sie vor Krieg, Leid und Zerstörung geflohen sind. Kommen wir mit ihnen ins Gespräch und bauen gegenseitige Vorurteile ab.
Das Leben miteinander teilen, das ist ein Auftrag, den wir haben. Gemeinsam schlimme Erfahrungen teilen und miteinander aushalten, das fordert viel Kraft und Einsatz. Aber es lohnt sich auch. Dann werden wir auch miteinander lernen, gegenseitig Freude zu teilen.
In einer Gemeinschaft lässt sich so viel erleben und teilen. Und es braucht auch eine Möglichkeit des Auftankens. Und dazu haben wir den Gottesdienst heute. Gemeinsam Singen, beten und Gott loben, dass richtet unseren Blick hin zu dem, der mit uns unterwegs ist, und er uns immer wieder stärken will. Gott ist mit uns auf unserer Lebensreise und er gibt uns das, was wir brauchen. Er erfüllt unsere Herzen mit Lob und Dank. Er gibt uns den Lebensrhythmus vor und erhellt unsere Tage.
Er macht uns fröhlich und lässt uns zuversichtlich und voller Hoffnung sein. Er nimmt uns unsere Ängste und zeigt uns, was wir als Nächstes tun sollen und wo er uns in seinen Dienst nehmen will.
Heute sind wir wieder zum Abendmahl geladen. Gott will uns stärken auf unserem Weg und er will uns neue Kraft geben für das, was vor uns liegt. Diese Wegzehrung schenkt er uns, ohne dass wir etwas dazu tun müssen. Er beschenkt uns mit seiner Gnade und seiner Liebe.
Das haben auch Martin Luther und später Zinzendorf gerade in den Worten des Paulusbriefes entdeckt. Sie haben sich diese Worte ins Herz genommen und daraus ist erst eine neue Bewegung und dann eine neue Kirche geworden.
Und später sind dann Menschen mit Gottes Wort im Gepäck in die Welt gezogen und haben es weitergesagt.
Die Worte, die Paulus damals an die Gemeinde in Rom geschrieben hat, die sind nun im Jahr 2025 genau so aktuell und wichtig.
Lassen wir uns nicht lähmen, sondern bleiben wir beharrlich im Gebet, im Dienen und in der Liebe, mit der uns Gott von Anfang an geliebt hat. Nimm uns Herr in deinen Dienst und lass unseren Glauben an dich wachsen. Amen
G. v. Dressler
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