Predigt am 17. November 2024
Römer 14, 1-13
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Liebe Gemeinde, die Dinge liefen nicht besonders gut für die junge christliche Gemeinde in Rom. Sie war eine vielfältige Mischung von Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten und Hintergründen der römischen Gesellschaft. Von sehr reichen und einflussreichen Personen bis hin zu armen Sklaven. Sie alle brachten unterschiedliche Perspektiven und verschiedene Denkweisen mit, die Welt um sie herum zu verstehen. Durch die Kraft seines Heiligen Geistes hatte Gott diese völlig verschiedenen Menschen in die vielfältige, komplizierte, chaotische und wunderschöne Sache vereint, die die christliche Gemeinschaft ist. Die Christen in Rom waren durch den Glauben an Jesus Christus vereint. Aber Unterschiede, gab es in Hülle und Fülle.
Paulus beschreibt zwei Probleme, mit denen die frühe römische Kirche konfrontiert war. Das erste war die Frage, ob Christen Fleisch essen durften oder ob sie sich vegetarisch ernähren sollten. Das zweite war, ob bestimmte Tage als heilige Tage beobachtet werden sollten oder nicht. Bibelwissenschaftler kennen die genauen Umstände dieser Streitigkeiten nicht. Möglicherweise standen sie im Zusammenhang mit Menschen, die die alten jüdischen Regeln des Alten Testaments beibehalten wollten, und anderen, die in der Freiheit lebten, die das Evangelium bringt. Oder es ging um wieder andere, die entweder lokale Bräuche beachteten oder gegen einen ausschweifenden römischen Lebensstil reagierten.
Das Ergebnis dieser Streitigkeiten war, dass einige Mitglieder der christlichen Gemeinde sich für besser hielten als andere und auf diese herabsahen. Andere verurteilten Mitglieder der Gemeinde, die ihrer Meinung nach, nicht das Richtige taten. Es gab Konflikte und Spaltungen in der Gemeinschaft der Gläubigen wegen dieser „streitbaren Angelegenheiten“.
Manchmal ist Unwissenheit ein Segen. Weil wir die genauen Umstände der damaligen Streitigkeiten nicht kennen, ist es für uns heute einfacher Paulus’ Worte auf unsere Zeit und unseren Ort anzuwenden. Zweitausend Jahre später scheinen sich die Dinge in der christlichen Kirche nicht allzu sehr verändert zu haben. Beziehungsweise die Geschichte scheint sich zu wiederholen. Ich konnte diesen Text nicht lesen ohne an die Veganer, Vegetarier und Fleischfresser unter uns zu denken. Denn alle drei sind in unserer Gemeinde vertreten. Wir sind unterschiedlicher Meinung über gewisse sexual-ethischen Fragen. Und in politischen Fragen möchte ich gar nicht wissen wie vielfaltig die Meinungen in unserer Gemeinde sind.
Menschen auf beiden Seiten jeder dieser Fragen mögen es nicht, diese als „streitbare Angelegenheiten“ zu bezeichnen. Denn bei jedem von uns sind sie gar nicht streitbar. Wir wissen es. Unser Standpunkt ist der Richtige. Der andere muss das einfach einsehen.
Aber die Tatsache, dass wir unterschiedliche Auffassungen darüber haben, und dass wir als Kirche mit diesen Fragen ringen, bedeutet, dass es sich um umstrittene Angelegenheiten handelt. Selbst das, was als „streitbare Angelegenheit“ bezeichnet werden kann, kann selbst eine „streitbare Angelegenheit“ sein. Aber wir wollen es nicht zu kompliziert machen.
Was Paulus die Gemeinde in Rom sagen will, ist dass der Weg Jesu darin besteht, diejenigen zu akzeptieren, die Dinge anders sehen. Das ist eine radikal andere Haltung als die, die uns unsere Kultur lehrt, – nämlich unseren Standpunkt zu vertreten, unser Recht-haben zu beweisen und zu versuchen, andere von unserem Standpunkt zu überzeugen. Stattdessen lehrt uns Paulus, dass es im Leben als Christ nicht darum geht, unseren Willen durchzusetzen oder andere zu zwingen, unserem Standpunkt zuzustimmen. Es geht uns als Christen vielmehr darum, einander zu akzeptieren, mit den unterschiedlichen Meinungen, die wir haben. Diese Akzeptanz bedeutet viel mehr als nur Toleranz oder das Aushalten von anderen. Andere zu akzeptieren, wie Paulus das Wort verwendet, bedeutet, sie mit offenen Armen zu empfangen, sie willkommen zu heißen und zu umarmen, egal wie unterschiedlich wir die Dinge sehen. Wir dürfen nicht vergessen, Gott bewies seine Liebe dadurch, dass Christus für uns starb, als wir noch Sünder waren. Römer 5:8. Wenn Gott mich lieben konnte, obwohl ich noch Sünder war und es immer noch bin, wie können wir unsere Brüder und Schwester in der Gemeinde nicht lieben?
Paulus erklärt weiter, wie diese Akzeptanz aussieht, wenn er schreibt, dass wir „auf Harmonie in der Kirche hinarbeiten und versuchen sollen, uns gegenseitig aufzubauen“. Röm 14,19. Stellen wir uns vor, wie das aussehen könnte: Menschen mit verschiedenen Hintergründen und unterschiedlichen Meinungen zu allen möglichen Themen leben zusammen in vollkommenem Einklang miteinander zum Wohl des anderen. Die Liebe, die wir einander zeigen, komponiert eine wunderschöne Melodie, während wir uns darauf konzentrieren, einander zu helfen und gemeinsam in Glauben und Liebe zu wachsen. Wir leben füreinander. Nicht für uns selbst.
All dies geht darauf zurück auf wie Gott uns allen um Jesu willen akzeptiert. Wenn Gott uns akzeptiert, wie können wir einander nicht gegenseitig akzeptieren? Ist unser Urteilsvermögen besser als Gottes? Paulus schreibt in Vers 3, dass wir nicht auf andere herabsehen oder sie verurteilen können, weil Gott sie bereits akzeptiert hat. Wieder in Römer 15,7 erklärt Paulus ausdrücklich: „Akzeptiert einander, wie Christus euch aufgenommen hat, damit Gott verherrlicht wird“. Schauen Sie um sich herum. Gott hat die Menschen um Sie mit offenen Armen empfangen und uns alle als Mitglieder seiner Familie aufgenommen. Nicht weil wir alle richtigen Regeln befolgen oder die richtigen theologischen Überzeugungen haben, sondern weil Jesus sein Leben für jeden von uns am Kreuz gegeben hat und uns alle mit dem Vater versöhnt hat. Das ist der rote Faden durch den gesamten Brief an die Römer. Es ist außerdem die Hauptbotschaft der Bibel. Ein klares Beispiel finden wir in Kapitel 3, Vers 22, wo Paulus schreibt: „Die Gerechtigkeit vor Gott kommt durch den Glauben an Jesus Christus zu allen, die glauben. Denn es ist hier kein Unterschied.“
Weil wir durch den Glauben an Jesus mit Gott versöhnt werden, ist es ganz wichtig, wie wir diesen Glauben in unseren Beziehungen und in der Gemeinschaft miteinander leben: Wir sind dazu verpflichtet, einander zu akzeptieren, zu empfangen und zu umarmen, egal welche unterschiedlichen Auffassungen wir in umstrittenen Fragen haben mögen. Wir müssen miteinander gnädig umgehen, weil Gott mit uns gnädig umgegangen ist.
In Johannes 13 lesen wir, „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“ Also, das Kennzeichen eines Christen ist die Liebe. Das Kennzeichen einer christlichen Gemeinschaft ist die Liebe. Das Kennzeichen der Gesamtgemeinde Königsfeld ist die Liebe. Nicht die Rechtgläubigkeit. Oder sonst was. „Denn unser Wissen ist Stückwerk und unser prophetisches Reden ist Stückwerk.“ I. Korinther 13:9. Wir sind nicht durch unser Wissen gerettet, sondern durch Jesu Tun am Kreuz. „It’s not what you know. It’s WHO you know.“
Liebe Gemeinde, es ist einfach, die Menschen zu lieben, die wir mögen und die genauso denken wie wir. In einer gewissen Weise ist die bloße Selbstliebe. Liebe wird erst etwas Außergewöhnliches, wenn wir etwas Unliebsames lieben. Liebet eure Feinde. Matthäus 5:44. Die Liebe Christi, die Liebe, von der Paulus in Römer 14 und in seinen gesamten Briefen spricht, ist eine Liebe, die Menschen akzeptiert, die andere Ansichten haben als wir, eine Liebe, die uns die Fähigkeit gibt, in Harmonie miteinander zu leben, egal was unsere Unterschiede sind.
Wie werden wir mit Menschen umgehen, die andere Meinungen haben als wir? Werden wir auf sie herabsehen, weil sie die Dinge nicht so tun wie wir, oder wie wir denken, dass sie getan werden sollten? Werden wir sie verurteilen, weil wir denken, dass das, was sie tun, falsch ist? Oder werden wir einander akzeptieren, so wie Gott uns um Jesu willen akzeptiert hat? Werden wir einander in der Liebe Christi willkommen heißen und umarmen? Werden wir in Harmonie miteinander leben? Harmonie, übrigens, setzt Unterschiede voraus. Wir müssen nicht alle gleich denken. Wie werden wir die Menschen behandeln, die in den „streitbaren Angelegenheiten“, anders denken als wir?
Liebe Gemeinde, wir sind nicht dazu berufen worden, unsere Brüder und Schwestern zu prüfen und urteilen. Wir sind dazu berufen, sie zu lieben.
Gerald MacDonald
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