4. August 2024 • 10. Sonntag nach Trinitatis
Sacharja 8, 20-23
Diese Predigt zum Ausdrucken
Liebe Schwestern und Brüder, trotz aller Nöte und Leiden, die das jüdische Volk im Laufe seiner Geschichte erdulden musste, ist Gott ihm treu geblieben. Trotz aller Versuche von Königen und Herrschern, die Juden zu vernichten, hat Gott sie vor der Ausrottung bewahrt. Sie sind sein Volk, das Volk Gottes. Im 1. Mose, 17.7 verspricht Gott Abraham, dem Urvater des jüdischen Volks: „Und ich will aufrichten meinen Bund zwischen mir und dir und deinen Nachkommen von Geschlecht zu Geschlecht, dass es ein ewiger Bund sei, sodass ich dein und deiner Nachkommen Gott bin.“
Gottes Bund mit Abraham garantiert, dass das jüdische Volk so lange existieren wird, wie die Menschheitsgeschichte andauert. Das heißt, liebe Schwestern und Brüder, das jüdische Volk kann nicht ausgelöscht werden. Gott schloss mit den Juden unter der Anführung Mose am Berg Sinai einen Bund, eine heilige Übereinkunft, eine verbindliche Beziehung oder geistige Ehe, um sie aus allen Völkern der Erde zu seinem auserwählten Volk zu machen, ja, zu seinem wertvollsten Besitz zu machen.
Gott sagte zu den Israeliten: ‚Ich bin Gott über alle, die in die Welt kommen, aber ich habe meinen Namen nur mit euch verbunden. Ich heiße nicht Gott der Völker der Welt, sondern Gott Israels.‘ Im Alten wie im Neuen Testament bleibt die Wahrheit über Gottes Beziehung zu den Juden oder dem jüdischen Volk dieselbe, nämlich: „Gott hat sein Volk nicht verworfen“, wie Paulus im Römerbrief, Kapitel 11 schreibt, denn Gottes Gaben und seine Berufung Israels sind unwiderruflich. Das Anliegen, das Gott mit Israel hatte, mit seiner Berufung der Patriarchen – Abraham, Isaak und Jakob – hat sich nie geändert und es wird sich auch nie ändern. Die Juden waren immer und bleiben noch Gottes auserwähltes Volk.
Die geistlichen Privilegien des jüdischen Volkes werden in unserem Predigttext angesprochen.
Es hat die besondere Offenbarung Gottes durch die hebräischen Schriften erhalten. Allen Völkern der Erde ist die allgemeine Offenbarung Gottes in der Schöpfung zuteil worden, wie es im 19. Psalm steht: „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündigt seiner Hände Werk. Ein Tag sagt’s dem andern, und eine Nacht tut’s kund der andern, ohne Sprache und ohne Worte; unhörbar ist ihre Stimme.“
Oder im ersten Kapitel des Römerbriefs: „Gottes unsichtbares Wesen – das ist seine ewige Kraft und Gottheit – wird seit der Schöpfung der Welt, wenn man es mit Vernunft wahrnimmt, an seinen Werken ersehen. Darum haben sie (die Heiden) keine Entschuldigung.“
Aber neben dieser allgemeinen Offenbarung, wurde den Juden die besondere Offenbarung Gottes in den hebräischen Schriften zuteil. Das jüdische Volk war das erste, das das Wort Gottes hörte. Gott offenbarte sich der Welt durch das jüdische Volk. Er gab ihnen mit den Zehn Geboten eine besondere religiöse und moralische Anleitung. Die Rabbiner unterwiesen die Menschen anhand der Tora, der ersten fünf Bücher der Heiligen Schrift. Auch die Priester unterwiesen das Volk anhand der jüdischen Schriften.
Die zweite Art und Weise, wie Gott sich dem jüdischen Volk besonders offenbarte, war im Tempel. Ja, von allen Orten der Welt, hat Jahwe den Tempel im Jerusalem als Ort auserwählt, wo er seinem Volk am nächsten sein wollte. Im Tempel trafen sich Himmel und Erde, was Jerusalem auch zur heiligsten Stadt der Welt machte. Wie Sacharja im Kapitel 8 sagt, „Ich werde zum Zion zurückkehren und in Jerusalem wohnen. Dann wird man Jerusalem die treue Stadt nennen und den Berg des Herrn, des Allmächtigen, den heiligen Berg“. (Sacharja 8:3b) Das heißt, nach der Zeit der Gefangenschaft in Babylon und der Rückkehr nach Jerusalem, wird Gott wieder in der Mitte seines Volkes wohnen.
Als Jesus auf die Erde kam und von einer jüdischen Frau, der Jungfrau Maria, geboren wurde, fiel die Priorität oder Reihenfolge des Heils von allen Menschen auf der Welt an die Juden. Das heißt, zuerst waren die Juden dran. Denn, wie Jesus im Johannes Evangelium sagte: „Das Heil kommt von den Juden“ (Johannes 4:22b,). Als er seine zwölf Apostel aussendet, um zu predigen, sagt er ihnen, „Geht nicht den Weg zu den Heiden und zieht nicht in eine Stadt der Samariter, sondern geht hin zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel. Geht aber und predigt und sprecht: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.“ (Matthäus 10, 5b-7).
Nach seiner Auferstehung verkündet Jesus nach den Worten des heiligen Paulus „seinem Volk und dann den Heiden das Licht“ (Apostelgeschichte 26,23b). Die zeitliche Ordnung oder Priorität der Heilsbotschaft des Evangeliums, zu deren Verkündigung Jesus seine Apostel aussendet, lautet: „Ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde“ (Apostelgeschichte 1,8b). Ebenso ist das Evangelium, wie Paulus schreibt, „eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen.“ (Römer 1, 16b,).
Gott hat die Juden dazu auserwählt, das Heil für die Welt zu bringen. Ihre Aufgabe war es, die Heiden, die Nationen, zur Erkenntnis des einen, wahren Gottes zu führen und den geistlich Blinden ein Licht zu sein. Im Jesaja 49 steht: „Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Völker gemacht, dass mein Heil reiche bis an die Enden der Erde.“ (Jesaja 49,6b). Wir sind also sozusagen den Juden „Schuld“ für unsere Erlösung.
Paulus erinnert die Christen aus den Heiden: „Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich.“ (Römer 11:18b). Damit will Paulus, der Apostel zu den Heiden, sagen, dass die Lebensquelle eines Ölbaums, die seine Zweige nährt, seine Wurzel ist und durch Gottes Gnade ist diese Wurzel das jüdische Volk. Das alte Israel ist immer noch der Heilsbringer für die nicht-jüdische Welt. Daher gäbe es ohne die Juden keine Heidenchristen.
Lesen wir nun die Worte des Paulus in Römerbrief, Kapitel 11, der nun als Christ schreibt, der unter dem Neuen Bund steht, „So frage ich nun: Hat denn Gott sein Volk verstoßen? Das sei ferne! Denn auch ich bin ein Israelit, vom Geschlecht Abrahams, aus dem Stamm Benjamin. Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er zuvor erwählt hat.“ (Römer 11,1-2a).
Paulus, selbst Jude, bezeichnet seine eigenen jüdischen „Brüder“ und „Schwestern“, sein eigenes Volk, als Gottes Volk. Auch als Christ und Apostel lehrt Paulus, dass „Gott sein Volk nicht verworfen hat“. Auch heute noch sind die Juden also Gottes Volk. Von den drei großen monotheistischen Weltreligionen – Judentum, Christentum und Islam – sind die Juden die „älteren Brüder und Schwestern“ im Glauben Abrahams. Weil die Juden zu Gott gehören, kann sie niemand, insbesondere keine religiöse oder terroristische Organisation, vernichten. Bis zum heutigen Tag stehen sie unter Gottes wachsamen „Augen“, seiner Vorsehung. Sie werden bleiben, solange die Sonne und der Mond bestehen, d. h. bis zum Ende der Zeit, denn Gott, der treu ist, bleibt seinen Verheißungen gegenüber den Juden treu.
Möge daher eine Zeit kommen, in der sich die Worte Sacharjas an sein Volk erfüllen und ihren tiefsten Sinn erreichen, wie er verkündet, „Zu jener Zeit werden zehn Männer aus allen Sprachen der Völker einen jüdischen Mann beim Zipfel seines Gewandes ergreifen und sagen: Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist.“ (Sacharja 8,23b).
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen in Christo Jesu, unserem Herrn. Amen.
Gerald MacDonald
KONTAKT
Zinzendorfplatz 3
78126 Königsfeld im Schwarzwald
Telefon: 07725 9382-0
E-Mail: gemeindebuero@koenigsfeld.org