Predigt 9. Juli 2023 · 5. Sonntag nach Trinitatis
Johannes 1, 35-51
Diese Predigt zum Ausdrucken
Liebe Schwester, liebe Brüder,
waren Sie mal im Theater? Oder in der Oper? Oder vielleicht auf einem Rock-Konzert? Ich bin es ja oft gewesen und ein Konzert insbesondere hat sich in mein Gedächtnis fest eingebrannt. Ich war 18. Es war mein erstes Jahr an der Uni. Eine Riesengestalt der christlichen Rockszene kam zu der Uni um ein Konzert zu geben. Der Mann heiß Phil Keaggy. Die meisten von Ihnen kennen ihn vermutlich nicht. Man suchte nach Helfern für das Konzert. Und man fing bei der Suche in das Studentenwohnheim an, wo ich wohnte. Die Aufgabe, die mir zuteilwurde, war die Bedienung des Spotlights, des Rampenlichts. Ich habe mich wahnsinnig gefreut. Denn das ist ja ziemlich viel Verantwortung für einen ahnungslosen 18-jährigen. Es war außerdem das einzige Spotlight.
Sie müssen verstehen, das war kein einfaches Gerät zu bedienen. Das Licht kam nicht von einer Glühbirne, sondern es wurde von zweien Stabelektroden erzeugt. Ähnlich wie ein Lichtbogenschweißgerät. Die zwei Stabelektroden mussten aneinandergehalten werden, damit der Lichtbogen entstand, der wiederum durch Vergrößerungsgläser auf die Bühne projiziert wurde. Das alles geschah innerhalb des Rohrs des Rampenlichts, es musste aber manuell gesteuert werden. Man musste ständig an zwei Räder drehen, damit die Elektroden immer den richtigen Abstand beibehielten. Die Stabelektroden wurden – wie beim Schweißgerät – langsam abgenutzt und mussten nach ca. allen 20 Minuten ausgetauscht werden. In der Zeit war das Licht natürlich außer Betrieb.
Ich hatte tierisch Spaß mit dem Rampenlicht. Ich hatte so gut wie keine Anweisungen erhalten. Ich machte mit dem Licht das, was ich gerade für richtig hielt. Als der Schlagzeuger sich besonders ins Zeug legte, strahlte ich das Licht auf ihn. Als die Band als Gruppe spielte, machte ich das Licht breit und beleuchtete die ganze Band. Und als der große Meister Phil Keaggy mit einem langen Gitarrensolo anfing, strahlte ich das Licht natürlich auf ihn. Ich ging so weit, dass ich den Kreis – ein Spotlicht ist eben kreisförmig – ganz klein machte, und ihn nur auf die Gitarre und die Hände des großen Meisters fokussierte. Es sah echt gut aus.
Aber dann kam es. Irgendein Schlaumeister kam auf die Idee die Bühnen- und Hausbeleuchtung auszuschalten, um den Effekt zu erhöhen. Nun war das einzige Licht in der Halle das Rampenlicht. Voll auf die Gitarre fokussiert. In aller Bescheidenheit muss ich sagen – es sah toll aus! Nur, ich habe Ihnen schon von den Stabelektroden erzählt. Irgendwann sind sie abgenutzt. Irgendwann geht das Rampenlicht aus. Und ausgerechnet jetzt kam dieses Moment. Ausgerechnet als kein anders Licht im Haus brannte. Das Rampenlicht ging aus, und Phil Keaggy spielte Gitarre fleißig vor sich hin – in völliger Dunkelheit. Das Publikum jubelte. Und ich? Ich bin fast in Ohnmacht gefallen. Verzweifelt öffnete ich das Licht, griff nach den abgenutzten Stabelektroden, und habe sie irgendwie mit neuen ausgetauscht. Und das in völliger Dunkelheit. Wie durch ein Wunder, habe ich mich nur leicht verbrannt. Die Dinge brennen ja bei über 5.000 Grad Celsius.
Johannes der Täufer sonnte sich im Glanz des Rampenlichts. Alle liefen zu ihm. Alle, die eine Sensibilität für Gott und sein Wirken bei den Menschen hatten. Alle, die sich Johannes Botschaft der Bekehrung anhören wollten. Und Johannes sammelte sich Jünger um sich. Er war ein großes Tier. Aber Johannes war kein Narzisst. Er redete nicht über sich. Es ging ihm nicht um sich. Er predigte über einen Mann, der vor ihm gewesen ist, dessen Schuhriemen er nicht wert zu lösen sei. Und eines Tages taucht ausgerechnet diesen Mann auf. Johannes Jünger verlassen ihn und folgen den neuen Mann. Und Johannes der Täufer steht nicht mehr im Brennpunkt. Das Spotlight fällt nun auf Jesus von Nazareth. Und Johannes nimmt das hin.
Ich habe Johannes der Täufer immer als bemerkenswert und bewundernswert empfunden. Er war zu etwas berufen, und ist seine Berufung bis zum Tode nachgegangen. Er hätte Jesus als Rivale verstehen können. Er hätte auf ihn neidisch sein können. Wir wissen ja, es ist nicht leicht in jemandes Schatten zu stehen. Man könnte sich fragen, warum wurde Johannes nicht zum Jünger Jesu? Die Antwort: Er war Jünger Jesu. Der erste Jünger, wenn man so will. Es war erst nach der Auferstehung Jesus, dass die anderen, die wir Jünger nennen, zu Zeugen Jesu wurden. Erst nach seiner Auferstehung fingen sie an über ihn zu predigen. Erst nach seiner Auferstehung haben sie ihn und seine Mission endlich wirklich verstanden.
Johannes, dagegen, predigte von Jesus schon bevor Jesus sein Predigtamt angetreten war. Johannes sagte Jesus voraus. Er wusste von seinem Wirken als Lamm Gottes, bevor er auf der Szene erschien. Er predigte von Jesus Amt als Sühneopfer schon bevor er geopfert wurde. Der erste christliche Prediger war Johannes der Täufer, schon bevor Jesu Wirken begonnen hatte. Johannes der Täufer hatte in Gottes Plan eine Rolle zu spielen, und das tat er. Lass uns Gott bitten uns unsere Rolle in seinen Plänen zu offenbaren und uns die Weisheit zu geben sie zu erkennen und den Mut zu geben, sie anzunehmen.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen
Gerald MacDonald
KONTAKT
Ev. Kirchengemeinde
Zinzendorfplatz 3
78126 Königsfeld im Schwarzwald
Telefon: 07725 9382-0
E-Mail: gemeindebuero@koenigsfeld.org