19. Februar 2023, Estomihi
1. Korinther, 13
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Gnade sei mit euch und Friede durch unseren Herrn Jesus Christus Amen.
Der Predigttext für heute findet man in im ersten Korintherbrief, Kapitel 13
Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und meinen Leib dahingäbe, mich zu rühmen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir’s nichts nütze.
Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.
Die Liebe höret nimmer auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird. Denn unser Wissen ist Stückwerk und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören.
Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin.
Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.
Liebe Gemeinde,
der 2013 verstorbene Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki hat einmal gesagt, „Die große Literatur kennt nur zwei Themen: Die Liebe und den Tod. Alles andere ist Schund.“ Herr Reich-Ranicki war eine etwas umstrittene Persönlichkeit. Aber in dieser Sache hatte er wohl Recht. Die Liebe. Der Tod. Das sind tatsächlich die zwei Themen, die uns Menschen am meisten rühren. Als Beweis müssen wir uns nur die Geschichte von Romeo und Julia anschauen. Dort geht es nicht um Liebe oder Tod, sondern um Beide. Ich habe zum ersten Mal die Geschichte in der Schule gelesen. Ich war 15 oder 16 Jahre alt. Ich kann mich erinnern: Ich habe eine Träne vergossen. Und damals weinte ich nie. Zwei junge Menschen. Kaum älter als ich. Verliebt. Die Welt in der sie lebte, erlaubte ihre Liebe nicht. So hielten sie ihre Liebe geheim. Und wie wir alle wissen, etwas wie die Liebe, kann man nicht geheim halten. Es widerspricht die Natur der Sache. Die Liebe zeigt sich. Die Liebe kann man nicht zähmen. Sie ist wie ein reißender Fluss. Irgendwann kommt es zu einer Überschwemmung. Und bei Überschwemmungen sterben Menschen. Aber wir wollen nicht bei Romeo und Julia stecken bleiben.
Was ist so besonders an die Liebe, dass Paulus dazu getrieben wurde, dieses Loblied auf die Liebe zu schreiben? Als Romantiker kennen wir ihn sonst nicht. Schauen wir uns den Text an: Das Hohelied der Liebe ist vor allem ein Vergleich. Jesus erzählte gerne Parabeln. „Das Reich Gottes ist wie…..usw.“. Solche Parabeln sind poetische Vergleiche. Paulus ist direkter.
Zuerst vergleicht er die Liebe mit besonderen Gaben: Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.“ Reden mit Engelzungen? Liebe Gemeinde, ich wäre schon zufrieden, wenn ich akzentfreies Deutsch sprechen könnte!
Und im nächsten Satz: Prophetisch reden können. [Pause] Alle Geheimnisse und alle Erkenntnis wissen. [Pause] Und allen Glauben haben, so dass ich Berge versetzen könnte? Leute, wenn ich das alles könnte, wozu bräuchte ich die Liebe? Ich kann prophezeien! Ich weiß buchstäblich ALLES, denn alle Geheimnisse und alle Erkenntnis zu wissen schließt nun gar nichts aus. Ich wäre wie Gott. [Pause] Oder etwa nicht?
Also, was macht der alles-wissende Gott anders als der alles-wissende Gerald, (wenn ich das alles könnte)? Ja, liebe Gemeinde, es ist die Liebe. Es nützt nichts, wenn ich gut reden kann. Es nützt nichts, wenn ich alles weiß. Wenn ich die Menschen nicht liebe, wenn die Liebe mich nicht bewegt und motiviert, dann ist alles was ich tue umsonst.
Am Ende des Loblieds auf der Liebe vergleicht Paulus die Liebe mit dem Glauben und der Hoffnung. Und Liebe siegt. Dass Liebe größer als die Hoffnung ist, können wir relativ leicht nachvollziehen. Aber größer als der Glaube?
Letzte Woche hatten wir die ökumenische Bibelwoche und wir lasen Auszüge aus der Apostelgeschichte. Eine der Geschichten ging um den Magier Simon. Simon ist ein Musterbeispiel dafür, dass die Liebe größer ist, als die Gaben, die Paulus aufzählt. Simon war Magier. Er praktizierte Magie. Wirklich. Er machte Dinge, die nicht erklärt werden konnten. Die Menschen nannten ihn sogar „die Kraft Gottes in Person“. Dann kommt Philippus in die Stadt. Er erzählt den Menschen von Jesus Christus und tut einige Wunder. Viele Menschen kommen zum Glauben. Simon auch. „Simon kam zum Glauben und ließ sich taufen. Von da an wich er Philippus nicht mehr von der Seite. Die Wunder, die er miterlebte und in denen sich Gottes große Kraft zeigte, ließen ihn nicht mehr aus dem Staunen herauskommen.“ Vergesst nicht: Simon wurde vom Volk „die Kraft Gottes in Person“ genannt. Nun erlebt er durch Philippus „Gottes große Kraft“.
Nun kommen Petrus und Johannes in die Stadt, predigen und taufen. Die Täuflinge empfangen den Heiligen Geist. Simon wird aufmerksam. Er will den Heiligen Geist auch haben, den er selber als die „Kraft Gottes“ erkennt. Vergesst nicht: Simon wurde vom Volk „die Kraft Gottes in Person“ genannt. Er bietet den Aposteln Geld an, wenn sie ihm „Anteil an diese Kraft“ geben. Petrus wird sauer. Er schimpft Simon. Was Gott den Menschen schenken will, kann man nicht mit Geld kaufen.
Also, bringen wir die Geschichte Simons mit dem Hohelied auf die Liebe zusammen: Simon war Magier. Er konnte vielleicht nicht Berge versetzen, aber er konnte schon einige außergewöhnlichen Dinge tun. Er hatte auch einiges an Erkenntnisse. Er hatte sogar den Glauben. Es steht ja in der Apostelgeschichte, dass er zum Glauben kam. Warum verwehrten ihn denn die Apostel die Gabe des Heiligen Geistes? Was fehlte ihm? Ja, meine Freunde, es war die Liebe. Ohne die Liebe, ohne die Nächstenliebe als Motivation, ist die Fähigkeit Wunder zu vollbringen, zu prophezeien oder Deutsch akzentfrei zu sprechen, wertlos.
Simons Motivation war um des Ansehens willen. Er, als „die Kraft Gottes in Person“ , wie ihn die Menschen nannte, war eitel. Noch mehr als eitel. Der Korintherbrief spricht das direkt an: „wenn ich meinen Leib dahingäbe, mich zu rühmen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir’s nichts nütze.“ Simon wollte den Ruhm. Das wurde ihm zum Verhängnis.
Wir sagen Gott ist Liebe. Ist das nicht interessant? Man könnte viele von Gottes Attributen nehmen und ihn danach nennen. Warum die Liebe? Weil gar nichts uns bewegt wie die Liebe. Denken wir zurück an Romeo und Julia. Es geht um die Liebe, wonach wir alle uns so sehr sehnen. Es geht um den Tod, vor dem wir all uns so sehr fürchten. Furcht und Liebe sind die zwei bewegendsten Emotionen des Menschen. Ich sagte schon, bei der großen Literatur geht es um die Liebe. Bei Opern geht es um die Liebe. Bei der Pop-Musik geht es meistens um die Liebe, auch wenn manche von uns Älteren es nicht verstehe oder wahrhaben wollen.
Ich weiß, es gibt unterschiedliche Arten von Liebe. Im 1. Korintherbrief geht es um Agape, oder die Liebe Gottes für uns und die Liebe, die wir für einander haben sollten. Die Nächstenliebe.
Die ganzen Dinge, die Paulus aufzählt, mit Menschenzungen und Engelzungen reden. Prophezeien. Alle Geheimnisse und alle Erkenntnis wissen. Berge versetzen können. Und ja, den eigenen Leib dahingeben. Das auch. Das alles kann Jesus. Das alles hat Jesus getan. Und warum? Warum wohl? So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben. Würde Gott uns nicht lieben, hätte er für uns nichts getan. Er hätte uns unserem Schicksal überlassen.
Liebe Freunde, unser Gott, der alles kann, zeichnet sich durch seine Liebe aus. Das ist einmalig. Und das verleiht das Hohelied der Liebe Sinn. Es würde uns nichts nützen, die ganzen Gaben zu besitzen, wenn wir die Liebe nicht haben. Und es würde uns nichts nützen, wenn Gott – der ja die Quelle aller diesen Gaben ist – die Liebe nicht hätte. Denn dann wäre Jesus nie für uns gestorben. Wir wären ihm egal.
Nun schließ ich ab.
Eine der schönsten Wörter der deutschen Sprache ist: die Geborgenheit. Ich habe mal die Ehefrau meines Doktorvaters gefragt, wie sie die Geborgenheit beschreiben wurde. Sie sagte nichts, sondern umarmte sich selbst. Das ist es, liebe Gemeinde. Kinder wollen, ja Kinder brauchen Geborgenheit. Wenn sie es nicht bekommen, haben sie Probleme. Wir als Kinder Gottes wollen, ja brauchen, Geborgenheit. Und Gott, der Liebe ist, möchte sie es uns so sehr geben.
Möge unser Gott, der Liebe ist, uns die Gabe aller Gaben verleihen, seine Liebe mit anderen zu teilen. Amen
Gerald MacDonald
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