Pfingsten – Sprache der Liebe
31.05.2020 (Pfingstsonntag), Apostelgeschichte 2, 1-21
31.05.2020 (Pfingstsonntag), Apostelgeschichte 2, 1-21
Liebe Gemeinde,
heute feiern wir den Geburtstag der Kirche. Und was gehört zu einem Geburtstag? Eine Geburtstagskerze. Wir haben hier die Osterkerze im Saal, als ein Zeichen, dass Jesus Christus unter uns ist und uns leuchtet als das Licht der Welt. Frische Blumen- sie sind hier und dürfen zu keinem Geburtstag fehlen. Ein Geschenk – hier habe ich es noch eingepackt. Wir werden noch hören, was das für ein Geschenk ist. Und natürlich die Geburtstagsgäste. Es ist heute ein doppeltes Fest. Wir feiern den Geburtstag der Kirche und wir sind nach gut zwölf Wochen wieder hier im Saal zusammen. Wenn das kein Fest ist. Lasst uns hören, wie damals die Jünger versammelt waren und was geschah.
Was für ein Ereignis. Was für ein Geburtstag. Wie ist das mit dem Geburtstag der Kirche gemeint?
Damals in Jerusalem lebten viele Juden aus aller Welt. Sie hatten jeweils ihre eigene Sprache und konnten sich nicht ohne weiteres miteinander verständigen. Und plötzlich kam zu den Jüngern – den Aposteln der Heilige Geist und sie redeten in verschiedenen Sprachen – sodass jeder und jede sie in ihrer eigenen Sprache hörten. Ein großes Wunder war geschehen, die Jünger redeten wie ihnen der Geist eingab mit Worten, die die Menschen aus aller Welt verstanden.
Das ist schon ein Wunder. Und was für eins. Wie ist es bei uns mit der Sprache? Welche Sprache sprechen wir?
Da gibt es die Sprache der Angst. Diese Sprache macht sich grad wieder breit unter uns. Da ist etwas Unsichtbares in der Welt, winzig klein und die verschiedensten Theorien ranken sich darum und machen Angst. Das nutzen Menschen aus und kommen mit Sprüchen und Worten, die sehr an Zeiten der Diktatur erinnern. Die Sprache der Angst wird zum Machtmittel. Sie ist keine gute Sprache. Sie verunsichert und macht einsam.
Oder die Sprache des Hasses. Auch diese Sprache gibt es und sie wiegelt auf. Alles in der Welt ist nur noch ungerecht und böse. Menschen fühlen sich in dieser Sprache angesprochen und fallen ein in den Chor der Unzufriedenheit. Diese Sprache ist oft maskiert und stiftet das Böse unter uns. Sie schleicht sich an und setzt sich in den Köpfen fest.
Und dann gibt es die Sprache des Neids. Diese Sprache tarnt sich in einer tollen Ausdrucksweise und deutet auf das, was ich selbst nicht habe – aber die anderen. Ob die das wirklich mehr verdient haben als ich? Diese Sprache macht misstrauisch und weckt Sehnsüchte, die vorher nicht da waren, deren Vokabeln aber ganz schnell lernbar sind. Diese Sprache treibt einen Keil zwischen Menschen. Aus Neid kann Gier entstehen und Unfriede macht sich breit. Wie gut, dass es noch andere Sprachen gibt.
Zum Beispiel die Sprache der Zuwendung. Da fragen andere nach meinen Empfindungen, nach meinem Ergehen. Da interessiert sich einer wirklich für mich. Das tut gut und diese Sprache verstehen wir alle. Die Sprache der Zuwendung ist sanft und freundlich, ja man hat den Eindruck, dass sie mit Worten umarmen kann. Und diese Sprache kann das Innerste wenden – wie es schon im Wort heißt, da plötzlich spürt man, dass das Dunkle heraus kommt und wieder Platz für Licht wird.
Und dann gibt es auch die Sprache der Liebe. Das ist eine ganz besondere Sprache. Sie kommt manchmal mit wenigen Worten aus. Andere aber finden immer neue Vokabeln um das auszudrücken, was sie sagen wollen. Diese Sprache wird von allen gleichermaßen verstanden. Sie kann immer neu gestaltet werden und sich ausbreiten. Da wo sie zu Hause ist, liegt etwas Besonderes in der Luft. Mit der Sprache der Liebe können nicht nur Dinge formuliert werden, die leicht zu auszusprechen sind. Mit der Sprache kann auch Kompliziertes ausgedrückt werden. Die Sprache der Liebe ist eine verständnisvolle, rücksichtsvolle und lebendige Sprache, die gut tut und ins Herz trifft. Und es gibt noch so viel mehr Sprachen.
Ja, mit welcher Sprache sprechen wir? Und wie ist es bei uns mit dem gegenseitigen Verstehen?
Gibt es so etwas, wie ein Erkennungszeichen der Sprache, die wir sprechen – eine Vokabel, die uns verbindet?
Der Glaube ist so eine Vokabel. Aber eben und zum Glück nicht nur eine Vokabel. Uns alle, die wir hier heute versammelt sind, verbindet der Glaube an Jesus Christus. Er selbst hat uns diesen Glauben an ihn geschenkt und er buchstabiert ihn mit jedem von uns ganz individuell. Da gibt es Menschen, die noch ganz am Anfang ihres Glaubenslebens stehen. Oder andere, die gerade eine Glaubenskrise durchleben. Wieder andere stehen felsenfest im Glauben und können andere mittragen. Der Glaube ist nicht nur eine Vokabel, der Glaube ist etwas, was in Bewegung ist. Er will wachsen und reifen, er nimmt Rückschläge in Kauf und besteht manche Gefahren. Er kann auch zerbrechen und verloren gehen. Der Glaube lässt sich aber auch wieder neu finden und wie eine fast erloschene Glut wieder entfachen.
Die Jünger damals waren glaubensmüde. Jesus war nicht mehr da. An Himmelfahrt wurde er vor ihren Augen aufgehoben in den Himmel. Bevor das geschah, versprach ihnen Jesus den Tröster – den Heiligen Geist, der auf sie kommen wird. Darauf warteten sie und darauf hofften sie.
Und dann geschah es – das Pfingstwunder. Die Jünger wurden innerlich bewegt und sprachen durch den Geist Gottes ergriffen in verschiedenen Sprachen, so dass die Menschen um sie herum sie verstehen konnten. Sicher auch die Sprache des Glaubens und der Liebe. Viele Menschen wurden damals davon so angesprochen, dass sie sich taufen ließen. Sie wollten noch mehr vom Glauben und der Liebe an Gott wissen. Und sie wollten diese Worte weitertragen.
Und so sind die Worte auch noch heute unter uns lebendig, weil die Väter und Mütter im Glauben sie weitergetragen und weiter verbreitet haben. Sie wurden aufgeschrieben und weitergesagt. Dafür haben Menschen viel Einsatz gezeigt. Vor ein paar Wochen am 12. April wollten wir an mutige Menschen erinnern, die sich damals vor 250 Jahren aufgemacht haben nach Labrador, in den Osten Kanadas in die eisige Landschaft, um mit ihnen zu leben und den damals noch fremden Inuit von Jesus Christus zu erzählen. Sie waren dafür Wochen lang mit dem Schiff unterwegs und haben ihr ganzes Leben dafür eingesetzt, dass das lebendige und heilbringende Wort in aller Welt verbreitet wird. Auch aus Königsfeld sind Missionare dorthin aufgebrochen. Einer von ihnen war Friedrich Wilhelm Rinderknecht und später Mitglieder der Familie Vollprecht, erfüllt mit dem Heiligen Geist und begleitet von Gebeten. Weil ihr Einsatz und ihre Lebensgeschichten so spannend und mit unserem Ort so verbunden sind, werden wir im nächsten Jahr an diese Einsätze in Labrador erinnern.
Die Missionare haben ein Geschenk mitgenommen. Sie haben im Namen von Gott, Jesus und dem Heiligen Geist zu Menschen gesprochen mit der Sprache der Liebe, der Zuwendung und des Glaubens. Und selbst, wenn nicht alle ihrer Vokabeln verstanden wurden, so entstand ein unsichtbares Band der Nähe, der Verbundenheit und des Gaubens.
Die Missionare haben ein Geschenk mitgenommen. Sie haben im Namen von Gott, Jesus und dem Heiligen Geist zu Menschen gesprochen mit der Sprache der Liebe, der Zuwendung und des Glaubens. Und selbst, wenn nicht alle ihrer Vokabeln verstanden wurden, so entstand ein unsichtbares Band der Nähe, der Verbundenheit und des Gaubens.
Wir feiern heute den Geburtstag der Kirche – weltweit. Überall in der Welt ist Gottes Wort verbreitet. Und mit allen fühlen wir uns heute zum Geburtstag verbunden.
Lassen wir uns vom Geist Gottes in Bewegung setzen. Lassen wir uns selbst zu lebendigen und fröhlichen Boten seines Wortes machen.
„Denn, wer den Namen des Herrn anrufen wird, der wird gerettet werden.“ Apg. 2, 21
Amen
Gabriele von Dressler
Foto: zvg.