Lebendiges Wasser
Predigt 05.09.2021 (14. Sonntag nach Trinitatis)
Johannes 7, 37-38
Predigt 05.09.2021 (14. Sonntag nach Trinitatis)
Johannes 7, 37-38
Gnade sei mit euch und Friede durch unseren Herrn Jesus Christ.
„Damit Ströme lebendigen Wassers fließen“, das war das Thema für den Ökumenischen Tag der Schöpfung, der immer am 1. Freitag im September gefeiert wird. Dazu heißt es: Das Thema erinnert einerseits an das natürliche Bedürfnis des Menschen nach diesem Lebenselixier, nach frischem und lebendigem Wasser, wie es uns hier in Europa derzeit noch ausreichend zur Verfügung steht: eine Gabe des Schöpfers, die es durch uns zu schützen und zu bewahren gilt.„Damit Ströme lebendigen Wassers fließen“: Dieses Motto erinnert uns aber auch an den seelisch-geistigen Durst des Menschen, von dem auch schon in den heiligen Schriften der Bibel die Rede ist. Es erinnert an jene Frau, die am Jakobsbrunnen aus der Tiefe Wasser schöpfte – in der Jesus aber auch den tieferen Durst nach lebendigem Wasser erkannte und weckte: den Durst nach einem tieferen Lebensquell und somit letztlich nach dem lebensspendenden Geist Gottes. (Arbeitsmaterial ökumenischer Schöpfungstag)
Hören wir den Predigttext aus Johannes 7, 37-38: Am letzten Tag, dem Höhepunkt des Festes – gemeint ist das Laubhüttenfest, das Erntedankfest der Juden – trat Jesus vor die Menschenenge und reif laut: Wer Durst hat, soll zu mir kommen. Und es soll trinken, wer an mich glaubt. So sagt es die Heilige Schrift: „Ströme von lebendigem Wasser werden aus dem Inneren fließen.“
Lebendiges Wasser – auf dem Weg hierher zum Kirchensaal haben Sie es bestimmt auch heute Morgen gesehen und gehört. Das Wasser, das aus dem kleinen Brunnen in der Mitte des Zinzendorfplatzes sprudelt. Menschen bleiben immer wieder stehen und schauen sich den Brunnen an. Manche halten ihre Hände hinein und Kinder sind dort auch im Brunnen anzutreffen. Das Wasser fasziniert Menschen immer wieder. Welche Kräfte das Wasser aber auch entwickeln kann, das haben wir im Juni in unserem Land erfahren müssen. Es kam mit so einer Gewalt und begrub ganze Ortschaften, Straßen und Menschen unter seinen Massen. Noch heute sitzt der Schrecken tief und letzten Sonntag gab es im Aachener Dom einen Gedenkgottesdienst für die Angehörigen der Flutopfer.
Während wir hier im Land genügend Wasser zum Leben haben, gibt es Länder, denen geht das Trinkwasser aus. Laut UN-Wasserbericht haben weltweit 2,1 Milliarden Menschen keinen Zugang zu trinkbarem und durchgängig verfügbarem Trinkwasser. Zwei Drittel der Weltbevölkerung lebt demnach sogar in Gebieten, die mindestens einen Monat im Jahr von Wasserknappheit betroffen sind. Dazu zählen vor allem auch Menschen in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara, wie Äthiopien. (Quelle: Menschen für Menschen März 20)
Wasser brauchen wir unbedingt zum Leben. Wo das Wasser knapp ist, da ist auch das Leben bedroht. Nun ist aber in unserem Bibeltext heute nicht vom Trinkwasser die Rede, sondern vom Lebendigen Wasser. Jesus ist in Jerusalem beim Laubhüttenfest – dem Erntefest der Juden und sagt den Zuhörern dort, dass er nur noch eine kurze Zeit bei ihnen ist und dann weg gehen wird. Das verstanden die Menschen nicht und machten sich ihre eigenen Gedanken. Und in die Gedanken der Menschen hinein ruft Jesus – ja er ruft es ganz laut – er schreit, damit ihn alle hören: „Wer Durst hat, soll zu mir kommen und soll trinken.“
Für alle, die in trockenen Landschaften wohnen ist das ein Traum. Genug Wasser für alle. Und Jesus geht noch weiter: Wer an mich glaubt, von dem werden Ströme von lebendigem Wasser aus seinem Inneren fließen. Wie kann ich das verstehen? Jesus beauftragt die Menschen, die zu ihm kommen, das lebendige Wasser weiterzugeben. Es in sich fließen lassen und dann sichtbar nach außen. Von ihnen und auch von uns, die wir hier zusammengekommen sind, soll lebensstiftende Kraft fließen. Was für ein Auftrag an uns. Sind wir dem gewachsen? Sind wir nicht zu klein und schwach dafür? Wir wissen doch, dass wir auch dazu beigetragen haben und beitragen, dass unser Klima sich verändert hat. Unsere Lebensweise ist dabei auch ein wichtiger Faktor. Wir können und sollen unsere Augen nicht mehr vor den Veränderungen in der Natur verschließen, auch wir sollen und müssen handeln. Viele zeigen uns, wie das gehen kann. Die Bewegung fridays for future zum Beispiel zeigt, dass besonders junge Menschen den Ernst der Lage sehen und handeln, in dem sie mit Demonstrationen auf die Umweltgefahren aufmerksam machen.
Am Mittwoch wurde in Berlin ein Frühwarnsystem eingeweiht, dass unter anderem die Folgen der Klimakrise beobachten und auswerten soll und uns Menschen dann rechtzeitig waren kann. Und es gibt weltweit viele Hilfsorganisationen, die auf unsere Hilfe im Kampf um die Folgen des Klimawandels angewiesen sind. Das sind nur einige Beispiele, wie wir unsere Hilfe und das Wissen der Experten bündeln können.
Jesus meint mit seinen Worten aber nicht nur den Auftrag, die Welt zu bewahren. Er will uns auch immer wieder unaufhörlich dazu einladen, auf sein Wort, auf Gottes Wort zu hören. Dieses Wort hat Kraft zum Leben. Es hilft unseren Seelen und stillt den Durst und die Sehnsucht nach einem erfüllten Leben. Bei allem Aktionismus, den wir an den Tag legen, sollen wir nicht vergessen, wer uns dazu berufen hat, dass wir uns für unsere Welt einsetzen. Der Schöpfer selbst, dem wir die wunderbare Erde, die Blumen, Bäume, die Tiere, das Wasser und die Länder zu verdanken haben, er hat auch uns unser Leben geschenkt. Und er ruft uns laut und eindringlich zurück zur Quelle – zu ihm. Wenn wir uns durch ihn neu füllen und ausrichten lassen, dann wird er uns auch zeigen, was unser nächster Schritt für heute oder morgen ist.
Jesus hat damals angekündigt, dass er nicht mehr lange da sein wird. Aber er hat auch Hilfe versprochen – den Heiligen Geist. Dieser Geist ist lebendig und will auch uns lebendig machen. So wie die Wasserquelle nicht geräuschlos ist, so will er auch uns dazu befähigen, dass wir laut und klar sein lebensspendendes Wort weitersagen. Jeder und jede an seinem und ihrem Platz. Und so haben Menschen beim ökumenischen Schöpfungstag am Bodensee sein Lebendiges Wort am Freitag auch bewusst an verschiedenen Orten in Gebeten, Gottesdiensten und Versammlungen weitergetragen.
Auf dem Zinzendorfplatz steht in der Mitte der Brunnen – auch als ein Zeichen, dass Jesus Christus, die lebendige Quelle in unserer Mitte ist. Wenn Sie nachher den Kirchensaal wieder verlassen, dann können Sie diesen Brunnen sehen und das Wasser rauschen hören. Möchte es auch in uns und durch uns weitergetragen werden, das lebensspendende, kräftigende und reinigende Wasser des Lebens.
Amen
Gabriele von Dressler