Der unbekannte Gott, der mich kennt
25.04.2021 (Jubilate),
Apostelgeschichte 17, 22-34
25.04.2021 (Jubilate),
Apostelgeschichte 17, 22-34
Liebe Gemeinde,
vor einiger Zeit trafen sich ein paar Gemeindeglieder um ein Fest zu planen. Das ist gar nicht so einfach in unserer Tagen, weil langfristige Planungen zurzeit gar nicht möglich sind. Nachdem der Plan dann stand und noch Zeit war, entwickelte sich unter dem Vorbereitungsteam eine anregende Unterhaltung über den Glauben. Können wir heute noch bestimmte Begriffe verwenden? Was verbirgt sich dahinter? Können junge Leute noch etwas damit anfangen? Wie ist es überhaupt, über den eigenen Glauben zu reden? Oh, das ist eine echt schwere Aufgabe und oft fehlt auch der Mut dazu. Schnell sind da andere Themen ins Feld geführt. Einer, der Mut hatte, das war Paulus.
Wir hören den Predigttext aus der Apostelgeschichte 17, 22-34 (Lutherbibel 2017):
Paulus aber stand mitten auf dem Areopag und sprach: Ihr Männer von Athen, ich sehe, dass ihr die Götter in allen Stücken sehr verehrt. Denn ich bin umhergegangen und habe eure Heiligtümer angesehen und fand einen Altar, auf dem stand geschrieben: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige ich euch, was ihr unwissend verehrt. Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darinnen ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind. Auch lässt er sich nicht von Menschenhänden dienen wie einer, der etwas nötig hätte, da er doch selber jedermann Leben und Odem und alles gibt. Und er hat aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat festgesetzt, wie lange sie bestehen und in welchen Grenzen sie wohnen sollen, dass sie Gott suchen sollen, ob sie ihn wohl fühlen und finden könnten; und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden unter uns. Denn in ihm leben, weben und sind wir; wie auch einige Dichter bei euch gesagt haben: Wir sind seines Geschlechts. Da wir nun göttlichen Geschlechts sind, sollen wir nicht meinen, die Gottheit sei gleich den goldenen, silbernen und steinernen Bildern, durch menschliche Kunst und Gedanken gemacht. Zwar hat Gott über die Zeit der Unwissenheit hinweggesehen; nun aber gebietet er den Menschen, dass alle an allen Enden Buße tun. Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er richten will den Erdkreis mit Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat jedermann den Glauben angeboten, indem er ihn von den Toten auferweckt hat. Als sie von der Auferstehung der Toten hörten, begannen die einen zu spotten; die andern aber sprachen: Wir wollen dich darüber ein andermal weiterhören. So ging Paulus weg aus ihrer Mitte. Einige Männer aber schlossen sich ihm an und wurden gläubig; unter ihnen war auch Dionysius, einer aus dem Rat, und eine Frau mit Namen Damaris und andere mit ihnen.
Zunächst hatte sich Paulus in Athen umgesehen. Und er war erstaunt, was er da sah. Aus dieser Stadt kamen große Denker und Philosophen, die in die Geschichte als solche auch eingegangen sind. Wissenschaftler und Politiker waren hier unterwegs. Das Leben pulste in dieser Metropole. Paulus schritt umher, umgeben von den Gebäuden und Statuen, die sich vor ihm in Glanz und Pracht entfalteten. Die Stadt strotze von Selbstbewusstsein und Berühmtheit. Aber Paulus ließ sich nicht blenden. Er war erschrocken über die vielen Heiligtümer. Für all und jedes hatten die Griechen Götter, die sie verehrten. Aber irgendwie wirkte es auf ihn kalt und leblos. Wo war der lebendige Gott, dessen Sohn Jesus so ganz einfach in der Welt als wanderender Prediger unterwegs war? Paulus lief weiter in die Synagoge und auf den Marktplatz. Er suchte einen guten Platz und eine Möglichkeit zu den Athenern zu sprechen. Da stieß er auf einen Altar, auf dem stand: Dem unbekannten Gott. Den hatten sie wohl aufgestellt, aus Furcht einen Gott vergessen zu haben. Und aus Paulus sprudelte es nun heraus. Er klärte sie auf, wen sie da unwissend verehren.
Der unbekannte Gott ist der Schöpfer. Gott hat alles erschaffen und lässt sich nicht in Statuen und Standbilder zwängen. Er braucht keinen, der für ihn sorgt. Keiner steht vor ihm besser da – weder die Gelehrten noch die einfachen Menschen. Vor ihm sind alle gleich – alle Schwestern und Brüder würden wir sagen. Er hat alles geschaffen und hat den Menschen eine Sehnsucht ins Herz gepflanzt, dass sie Gott suchen. Diese Sehnsucht nach Gott, ist heute genauso da wie damals. Nur bemerken wir, dass diese Sehnsucht in andere Richtungen geht. Ein Gang durch einen Buchladen zeigt es ganz deutlich. Da gibt es eine immer größer werdende Esoterik-Ecken, die mit okkulten und metaphysischen Praktiken auf die Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung des Menschen abzielen.
Die Menschen sind auch heute auf der Suche nach einem höheren Wesen, wollen sich aber nicht so leicht festlegen, was und wen sie damit meinen. Und versucht man mit ihnen ins Gespräch zu kommen, dann kommt schnell die Antwort: Glauben ist Privatsache. Aber der Glaube braucht Orientierung am Wort Gottes und Glaube braucht Austausch und Wachstum. Paulus wird in seiner Rede ganz deutlich. Der Gott, von dem er redet, dem ist die Welt nicht egal, ihm sind die Menschen, Tiere und die gesamte Schöpfung nicht egal – er greift selbst ein. Er ruft die Menschen zur Umkehr auf. Dafür hat er seinen Sohn in diese Welt gesandt. Jesus hat den Glauben an Gott allen angeboten, ja er ist dafür gestorben und auferstanden.
Und genau hier scheiden sich die Geister. Das ist den Athenern zuviel. Es war damals gefährlich, von Auferstehung zu reden. Der römische Kaiser wurde sehr verehrt und nach seinem Tod zum Gott erhoben. Wer nun an die Auferstehung von Jesus glaubte, der schwächte die Macht der römischen Herrscher. Und wer an die Auferstehung glaubt, der fürchtet den Tod nicht mehr so sehr. Der widersetzt sich der Macht und kann gefährlich werden. Und da bekommen es einige mit der Angst zu tun und wenden sich ab. Andere wollen sich nicht öffentlich dazu bekennen und bitten Paulus, doch ein anderes Mal weiter zu erzählen. Aber einige wenige folgen ihm. Zwei Namen werden hier genannt: Dionysius und Damaris. Sie bekennen sich zu Jesus. Das ist mutig. In einer Menge von Menschen, die sich abwenden und nicht glauben können, gibt es einige wenige, die den Mut haben, sich Paulus anzuschließen.
Und wie ist das heute? Ich denke da an die vielen Menschen in Ländern, in denen Christen wegen ihres Glaubens in der Minderheit sind, und die deshalb verfolgt werden. Open doors schreibt aktuell, dass in 50 Ländern weltweit 309 Millionen Menschen wegen ihres Glaubens verfolgt werden. Das sind knapp viermal so viele Menschen, die in unserem Land leben, die verfolgt sind. Was für ein Drama. Und die Zahl wächst von Jahr zu Jahr. Das sind so viele, die sich mutig zu Jesus bekennen und dafür auch in nicht wenigen Fällen auch ums Leben kommen – unfassbar!
Wir haben in unserem Land die Möglichkeit, unseren Glauben frei und offen zu leben. Und anstatt davon mehr Gebrauch zu machen, verstecken wir uns hinter dicken Kirchenmauern. Wir sollten die Möglichkeiten, die wir haben, nutzen, unseren Glauben nach außen zu tragen – auf die Plätze unseres Ortes – unseres Landes. Im Moment sind wir da ausgebremst, aber es wird eine Zeit nach der Pandemie geben, in der wir solche Möglichkeiten noch vielmehr nutzen können. Die Bläser können mit ihren Instrumenten einstimmen, die Gemeinde mit ihren Liedern. Jubilate Deo ! Lasst uns Gott singen – lasst uns unserem Gott danken, dass er uns kennt. Durch Jesus ist er kein unbekannter Gott, sondern der Gott, der uns liebt und bei uns ist. Er hat uns eine Sehnsucht in unser Herz gepflanzt. Und diese Sehnsucht gilt allein ihm.
Denn in ihm leben und weben und sind wir! Amen
Gabriele von Dressler