Ansprache 18.08.2024
Lukas 13, 10-17
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Als Jesus einmal am Sabbat in einer der Synagogen lehrte, war dort eine Frau. Seit achtzehn Jahren wurde sie von einem Geist geplagt, der sie krank machte. Sie war verkrümmt und konnte sich nicht mehr gerade aufrichten. Als Jesus sie sah, rief er sie zu sich und sagte zu ihr: »Frau, du bist von deiner Krankheit befreit!« Und er legte ihr die Hände auf. Sofort richtete sie sich auf und lobte Gott.
Aber der Vorsteher der Synagoge ärgerte sich darüber, dass Jesus die Frau an einem Sabbat heilte. Deshalb sagte er zu der Volksmenge: »Es gibt sechs Tage, die zum Arbeiten da sind. Also kommt an einem dieser Tage, um euch heilen zu lassen – und nicht am Sabbat!«
Doch der Herr sagte zu ihm: »Ihr Scheinheiligen! Bindet nicht jeder von euch am Sabbat seinen Ochsen oder Esel von der Futterkrippe los und führt ihn zur Tränke? Aber diese Frau hier, die doch eine Tochter Abrahams ist, hielt der Satan gefesselt – volle achtzehn Jahre lang! Und sie darf am Sabbat nicht von dieser Fessel befreit werden?«
Als Jesus das sagte, schämten sich alle seine Gegner. Doch die ganze Volksmenge freute sich über die wunderbaren Taten, die Jesus vollbrachte.
Lasst uns beten. Lieber Gott, danke für dein Wort. Danke, dass du zu uns sprichst. Sei mit uns, jetzt. Lass die Worte meines Mundes und das Nachsinnen alle unserer Herzen dir gefallen. Du, Gott, mein Fels. Und mein Erlöser. Amen.
Liebe Familien, liebe Kinder, liebe Gemeinde,
Es ist nicht einmal halb 11 Uhr und wir haben schon heute von zwei Wundern gehört. Wir hörten, wie Jesus dem Taubstummen die Ohren geöffnet hat und dessen Zunge gelöst hat. Und eben hörten wir wie Jesus eine kranke Frau heilte. Achtzehn Jahre lang geplagt von einem bösen Geist. Und Jesus spricht sie auf einmal frei.
Ich weiß nicht, wie es euch allen geht, aber für mich sind die Wundertaten Jesus manche von den spannendsten Geschichten, die ich aus der Bibel kenne. Die sind mir spannend, weil sie mich einladen, tiefer in die Geschichte einzutauchen. Denn ich kann sie mit meinem Verstand nicht begreifen. Geschichten von wunderbarer Heilung, die in einem Augenblick passiert.
Klar ist es, dass der historische Jesus über unglaubliche und außerordentliche Heilungskraft verfügen musste. Sonst würde es nicht so viele solcher Geschichten geben. Klar ist mir aber auch, dass die Geschichten der Bibel nicht nur historisch betrachtet werden dürfen.
Also, was sollen wir grundsätzlich verstehen über Jesus Heilungswunder?
Jesus heilt. Jesus setzt frei. Jesus Wirken ist ein Zeichen des kommenden Herrschaft Gottes.
Gott unter uns, schon damals. Und auch jetzt. Aber noch nicht ganz. Wir kennen von der Ostergeschichte, dass Jesus auferstanden ist. Gott hat die Macht des Bösen und des Todes endgültig gebrochen. Aber noch leiden wir Menschen heute unter Krankheit und Krieg. Noch kennen wir Schmerz, Trauer und Not.
Die Wundergeschichten sind also nicht nur Geschichten aus der Vergangenheit sondern Versprechen — Zeichen — dass Gottes Reich kommt. Zeichen der Hoffnung auf die Vollendung der Schöpfung, wenn Gott alle Tränen abwischen wird und der Tod wird nicht mehr sein.
Der Predigttext heute handelt sich aber nicht nur um ein Wunder. Er handelt sich auch um ein Streitgespräch.
Denn der Vorsteher des Tempels hat sich geärgert. Unwillig war er, dass es am Sabbath geheilt wurde. Empört. Jesus hat das Gesetz gebrochen. Also versucht der Vorsteher Jesus zurechtzuweisen. Wir erkennen von der Geschichte aber, dass nicht der Tempelvorsteher sondern Jesus die Autorität hat.
Eigentlich macht der Vorsteher alles richtig. Er hält sich streng an die Regeln, wie er sie versteht. Und er ist nicht hartherzig — morgen darf die gute Frau geheiligt werden, nur nicht heute, denn so ist das Gesetzt. Du sollst den Sabbat heiligen. Jesus erinnert den Vorsteher daran, dass die Bedürfnisse von Tieren auch am Sonntag berücksichtigt werden. Der Sabbat ist ja der Tag des Lebens! Warum sollen die tiefsten Bedürfnisse der Menschen nicht auch berücksichtigt werden?
Jesus Gnade hat eine Breite, die wir nicht immer sehen. Hier geht es um die Heilung eines Menschen. Es geht um Leben! Natürlich, so Jesus, darf man deswegen am Sabbat heilen. Schließlich geht es um die Ehre Gottes. Bewahrung Gottes Schöpfung. Jesus, mit seiner göttlichen Weisheit, gewinnt das Streitgespräch und zeigt, dass er das Sagen hat. Er, der böse Geister austreibt. Jesus, Freund der Unterdrückten, der Lahmen, der Machtlosen, der Erbärmlichen. Jesus, unser Freund. Jesus, der Gottes Herrschaft gegen die widergöttlichen Mächte in Wort und Wirken durchsetzt. Er hat die Autorität.
Widergöttliche Mächte sind auch kein Ding der Vergangenheit. In der Geschichte ist die Rede von einem Geist. Im Griechischen Pneuma. Also eine Luft, eine Schwingung, eine Energie. Das gleiche Wort, das wir bei Gottes Geist haben. Pneuma. Aber im Gegensatz zum Heiligen Geist, der uns leben lässt, der uns speist mit Atem und Energie, haben wir einen Geist des Teufels.
Wir haben eine Frau, geplagt von einem solchen Geist. Achtzehn Jahre lang! Vielleicht kennt ihr auch jemanden, der unterdrückt wird von Krankheit, Depression oder Trauer. Vielleicht bist du derjenige, der leidet. Vielleicht sitzt er neben dir.
Lebensfeindliche Gegenmächte, die uns unterdrücken wollen. Überall in der Welt. Aber Gott befreit.
Und die befreite Frau? Sie lobt Gott. Sofort haben wir gehört. Sofort richtete sie sich auf und lobte Gott. Sie erkennt, dass jetzt, in diesem Augenblick, Gott etwas neues mit ihr anfängt. Sie bewundert nicht den Wundertäter sondern sie preist Gott, denn durch Jesus hat sie Gottes unmittelbare Nähe, Zuwendung und Heil erfahren.
Und was ist mit uns? Sind wir wie die Frau, geheilt von dem, was uns kränkt? Frei, Gott zu loben. Oder sind wir wie der Tempelvorsteher, der sagt,
“Ja das dürft ihr schon machen, nur nicht am Sonntag.”
“Nur nicht im Kirchensaal.”
“Nur, wenn es uns nichts kostet.”
“Nur, wenn es nicht zu aufwendig ist.”
Oder sind wir wie die Volksmenge, der sich an Gottes Tun freut und Jesus nachfolgt?
Wo erfahren wir denn in unserem Alltag Gottes Nähe? Wo spürt man Gottes Gnade? Wenn wir am Sonntag hier in die Kirche kommen, werden wir erstmal abgeholt und durch den Tor zum Gottesdienst gebracht. Wenn der Pfarrer sagt, in Namen GOTTES, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, merken wir, dass was hier am Sabbat geschieht heilig ist. Wir merken, dass Gott hier wohnt. Wir kommen rein und dürfen unmittelbar Gottes Nähe spüren. Denn hier sind Christen miteinander gesammelt und Jesus spricht zu uns: “Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.”
Jesus Heilung am Sabbat will das dritte Gebot — ihr sollt den Sabbath halten — nicht abschaffen, sondern dessen ursprünglicher Intention gerecht werden. Den Tag des Herrn heiligen sollt ihr! Nicht nur sich ausruhen und frei sein vor der Arbeit oder der Schule.
Nein, Jesus lädt uns ein ganz frei zu sein. Frei von dem, was uns kränkt. Frei von dem, was uns Angst macht. Frei von Schuld! Frei von Scham! Frei von der Last angespannter Beziehungen zwischen Familien oder Freuden. Frei von Sünde! Frei von Tod! Frei von der Macht aller bösen Geister. Frei von der Macht des Staates! Frei von der Macht der Kirche und deren Bischöfe, Pfarrer und Vorsteher.
Jesus lädt uns ein, frei zu sein. Und weil wir eben befreit von Sünde, Schuld und Scham sind, können und sollen wir, wie die Frau in der Geschichte, Gott preisen. Wir dürfen laut rufen und tanzen und herumzappeln wie verrückt, denn unser Gott hat über Krankheit, Leiden, Not und Tod besiegt! Welch eine Freude.
Merken wir, wie Gott uns immer wieder, jeden Tag, neu freispricht? Merken wir, dass Gott etwas Neues mit uns anfängt, jetzt, in diesem Augenblick?
Amen
Alexander Kim
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