12. Mai 2024, Exaudi
Johannes 16, 5-14
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Mama, wo gehst du hin? Papa, wo gehst du hin? Wann kommst du zurück? Lass mich nicht alleine. Ich habe Angst.
Liebe Schwestern und Brüder, der Predigttext für heute finden wir im Johannesevangelium, Kapitel 16, Verse 5-14. Und Jesus sprach: Jetzt aber gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat; und niemand von euch fragt mich: Wo gehst du hin? Doch weil ich dies zu euch geredet habe, ist euer Herz voll Trauer. Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, werde ich ihn zu euch senden. Und wenn er kommt, wird er der Welt die Augen auftun über die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das Gericht; über die Sünde: dass sie nicht an mich glauben; über die Gerechtigkeit: dass ich zum Vater gehe und ihr mich hinfort nicht seht; über das Gericht: dass der Fürst dieser Welt gerichtet ist. Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen. Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in aller Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen. Er wird mich verherrlichen; denn von dem Meinen wird er’s nehmen und euch verkündigen.
Liebe Schwestern, liebe Brüder, „Es ist gut für euch, dass ich weggehe.“ Das sind Jesu Worte an seine Jünger. Sie müssen sich gefragt haben: Wie bitte? Wie kann es für uns gut sein, dass Du weg gehst. Du bist unserer Lehrer. Du bist unser Anführer. Ohne Dich sind wir verloren. Wir sind nichts ohne dich.
Im sechsten Kapitel von Johannes hatte Petrus gesagt: „Herr, zu wem sollen wir denn gehen?“ Du hast die Worte für das ewige Leben. Und wir haben geglaubt und erkannt, dass du Christus bisst, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Also, eine Trennung von Jesus ist das Letzte, dass die Jünger wollten. Sie waren über Jesu Worte entsetzt.
Also, liebe Schwestern und Brüder, wie konnte es für seine Jünger gut sein, dass Jesus weg geht? Jesus selber gibt die Antwort: „Wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, werde ich ihn zu euch senden.“ Also, das Kommen der Tröster hängt vom Weggang Jesu ab. Der Tröster kommt nicht, bis Jesus weg ist.
Als ich diesen Text für mich las, fiel mir ein, dass die Trinität nur ganz selten zusammen zu sehen ist. Es sind wenige Szenen in der Bibel, wo alle drei auftreten. Ich kenne nur zwei solche Szenen. Das erste Mal, dass die Trinität zusammen zu sehen ist, ist bei der Schöpfung. „Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei.“ Also, die Rede hier ist von „uns“. Gott ist ein Plural. Es steht nichts von Göttern, sondern von Gott, der Menschen wie uns macht. Und in den ersten drei Versen der Bibel: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Und so weiter. Also, Gott schuf und der Geist Gottes schwebte. Ein besseres Bild vom Heiligen Geist gibt es ja gar nicht. Ich habe mir den Heiligen Geist immer als schwebend vorgestellt, beziehungsweise innewohnend, wie er bei Christen sein sollte. Der Heilige Geist ist aber Geist. Überall gegenwärtig. Er bewirkt Dinge. Er ändert uns und er setzt Gottes Befehle um.
Und in Vers 3: Gott sprach: Es werde Licht! Im Johannesevangelium steht, dass „im Anfang das Wort war. Das Wort war bei Gott war das Wort. Und alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. Und in diesem Wort war das Leben.“ Und so weiter. Als bei der Schöpfung Gott sprach, agierte das Wort. Das ist Christus. Das ist keine ausgeklügelte These von mir, das liegt ja auf der Hand, wenn wir die Texte zusammenlesen. Also gut. Bei der Schöpfung waren alle drei Personen der Trinität präsent. Alle haben eine Rolle gespielt.
Die zweite Stelle, wo die Trinität zusammen auftritt, ist bei Jesu Taufe. „Und alsbald, als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass sich der Himmel auftat und der Geist wie eine Taube herabkam auf ihn. Und da geschah eine Stimme vom Himmel: Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.“ Also, da haben wir Jesus, der Geist, der nach unten wie eine Taube schwebt und die Stimme vom Himmel, die Jesus seinen Sohn nennt, also der Vater.
Es mag andere Stellen in der Bibel geben, wo alle drei zugegen sind, aber sie fallen mir nicht ein.
In unserem Predigttext ist es, als ob Jesus weg gehen muss, um Platz für den Heiligen Geist zu schaffen. Es ist, als ob sein Weggang Voraussetzung ist, für das Kommen des Heiligen Geistes.
Doch bevor Jesus vom Kommen des Heiligen Geistes spricht, sagt er zwei Dinge: Erstens: er geht hin zu dem, der ihn gesandt hat. Und zweitens: Die Jünger seien traurig wegen der Dinge, die er gerade erzählt hat. Jesus hatte nämlich gerade im Kapitel 14 und 15 erzählt, dass er weg geht und dass die Welt seine Jünger hassen werden, genau wie sie Ihn gehasst haben. Allen gelassen zu werden und mit dem Hass der Welt konfrontiert, das waren keine erfreuliche Perspektive für die Jünger.
Und dass ist der Grund, weshalb Jesus vom Kommen des Heiligen Geistes erzählt. Die Jünger brauchen Aufmunterung. Dringend. Das Erstaunliche ist, ist Jesu Aussage: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Aber was hat der Tröster, das Jesus nicht hat? Was kann er, das Jesus nicht kann? Warum musste Jesus gehen? Nach der Auferstehung hätte er einfach bleiben können, oder? Dann hätten wir ja Jesus! Noch heute! Wäre das nicht toll? Vielleicht. Aber vielleicht auch nicht.
Als Jesus auf der Erde war, vor und nach der Auferstehung, war er immer an einem Ort gebunden. Er war ein Mensch. Obwohl er auch Gott war, er hat sich selbst eingeschränkt und lebte wie ein Mensch. Selbst bei seiner Versuchung durch den Teufel, war er zuerst in der Wüste, dann nahm ihn der Teufel auf den Tempel und letztlich auf einen hohen Berg. Er war nacheinander an den drei Orten. Nicht an allen gleichzeitig. Er war nicht allgegenwärtig. Jesus war immer ortsgebunden. Auch nach der Auferstehung erschien er verschiedenen Menschen und Gruppen, aber nie an mehreren Orten gleichzeitig.
Der Heilige Geist dagegen ist allgegenwärtig. Er ist hier in Königsfeld. Er ist in Buchenberg. Er ist in Jerusalem. Er ist überall. Gleichzeitig. Das konnte Jesus nicht. Beziehungsweise das hat Jesus nie versucht und nie gewollt. Es gehörte einfach nicht zu seinem Auftrag.
Der Auftrag des Heiligen Geistes ist völlig anders. Wichtig für die Jünger war, dass er der Tröster ist. Aber er ist auch der Offenbarer. „Und wenn er kommt, wird er der Welt die Augen auftun über die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das Gericht.“ Er tröstet diejenigen, die des Tröstens nötig haben, aber er offenbart alle Bewohner der Erde darüber, was Gerechtigkeit und Sünde ist. Und über Gottes Gericht. Das kann nur einer tun, der allgegenwärtig ist. Wäre der auferstandenen Jesus hiergeblieben, wäre bloß eine Art Jesus-Kult entstanden. Alle wären über seine Auferstehung erstaunt gewesen. Vielleicht würden manche sie nicht glauben. Einige würden versuchen Jesus endgültig zu töten. Bestimmt würden sie das tun.
Wenn Jesus so geblieben wäre, wie er immer war, ein Prediger, der gelegentlich Wunder tat, was wäre dadurch gewonnen? Wie würde unser Glaube aussehen? Ich finde die Vorstellung sehr merkwürdig. Wir dürfen nicht vergessen, die Menschen erwarteten eher einen König im weltlichen Sinne, kein Knecht-König, wie es Jesus war. Wäre Jesus geblieben und hätte deren Erwartung nicht erfüllt, hätten die Menschen ihn erneut getötet. Mit Sicherheit.
„Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch.“ Erst durch Jesu Weggang, erst durch seine Himmelfahrt, wurde der christliche Glaube möglich. Denn dann konnte die Menschheit sich nicht auf einen anderen Erdenbewohner fixieren – auch wenn er so toll wäre wie Jesus – sondern musste an ihn glauben. Glauben.
Was sagte Jesus später, als er Thomas erschien, „Weil du mich gesehen hast, darum glaubst du? Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ Glauben, liebe Schwestern und Brüder, ist besser als Sehen. Und deswegen ist der Heilige Geist so wichtig. Er hilft uns beim Glauben. Er zeigt uns, was Sünde ist. Er zeigt uns, was Gerechtigkeit ist. Und er zeigt uns, dass der Fürst dieser Welt gerichtet ist. Denn Gott hat gesiegt. Das Lamm hat gesiegt. Lasst uns ihn folgen! Amen.
Gerald MacDonald
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