01.12.2024, 1. Advent
Predigttext Mt. 21, 1-11
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Liebe Schwestern, liebe Brüder, Ich möchte allen ein frohes neues Jahr wünschen. Denn heute ist der erste Sonntag in einem neuen Kirchenjahr. Wie Sie wissen, die Kirche folgt ihrem eigenen Kalender. Das Kirchenjahr dreht sich um die Ereignisse im Leben Jesu und um seine Kirche. Das Kirchenjahr läuft unabhängig von den profanen Monaten und ist nach Sonntag für Sonntag geordnet. Der Kalender des Kirchenjahrs lässt uns erkennen, wo wir als Christen unseren wahren Lebensschwerpunkt haben: in der Auferstehung unseres Herrn. Die Zeiten des Kirchenjahres sind die Zeiten von Weihnachten, Epiphanias, der Fastenzeit, Ostern, Pfingsten und danach Trinitatis. Ja, man feiert nach Pfingsten, für den Rest des Jahres die Trinität. Denn mit dem Kommen des Heiligen Geistes zu Pfingsten war die Offenbarung der drei Personen der Gottheit vollbracht.
Aber das Kirchenjahr als Ganzes beginnt heute mit dem Advent, der uns darauf vorbereitet, die Geburt unseres Heilands zu feiern und auf sein Wiederkommen zu warten. Diese Idee ist nicht neu. In Israel hat Gott auch einen jährlichen Plan von Festen für sein Volk eingeführt, damit es Gottes Rettunghandeln und tägliche Versorgung feiert. Höhepunkte in dem jüdischen Kalender sind der wöchentliche Sabbat, das Passahfest, Pfingsten, und der Versöhnungstag. Durch das Erinnern an diese Ereignisse erinnerten sich die Israeliten daran, wer ihr Gott war und wer sie in Beziehung zu Ihm waren. „Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus dem Land Ägypten herausgeführt hat, aus dem Haus der Knechtschaft.“
Liebe Schwestern und Brüder, das ist auch unser Ziel – uns daran zu erinnern, wer unser Gott ist, ihn zu verherrlichen für das, was er getan hat, uns über seine Rettung zu freuen und zu wachsen in unsere Beziehung zu unserem großen Gott. So stehen wir also am Anfang des Kirchenjahres. Wir können uns fragen, warum beginnen wir den Advent in Jerusalem auf dem Ölberg als Jesus schon erwachsen war? Warum fängt das Kirchenjahr mit Jesu Einzug in Jerusalem? Liebe Schwestern und Brüder, die Antwort ist einfach. Es sollte uns daran erinnern, WEN wir an Weihnachten feiern. Wir beginnen das Kirchenjahr in Jerusalem, weil dort Jesus sein mächtiges Werk der Rettung vollbracht hat – die Tat Gottes, die den Rest unseres Lebens mit Hoffnung erfüllt, die unserem Leben in dieser vergänglichen Welt Gestalt gibt, und die wir jede Woche und jeden Tag gedenken, wenn wir seinen Namen anrufen. Es ist durchaus angebracht, das neue Jahr – das neue Kirchenjahr – auf dieser Weise zu beginnen, fokussiert auf die Segnungen, in denen wir jeden Tag leben.
Die Adventszeit ist mittlerweile sehr geschäftig. Es gibt mittlerweile viele Bräuche, die uns von dem eigentlichen Sinn der Adventszeit ablenken. Jedes Jahr plädieren wir dafür, Christus zurück in die Weihnachten zu bringen. Aber es ist ebenso wichtig uns zu erinnern, WER dieser Christus ist. Jesus ist nicht nur wegen der besonderen Umstände seiner Geburt besonders. Tatsächlich gab es zur Zeit der Geburt Jesu viele angeblich besondere Geburten: Ägyptische Könige galten als Nachkommen von Osiris und Isis und wurden „Gott in Fleisch“ genannt. Schon 300 Jahre vor Jesu Geburt soll Alexander der Große „jungfräulich geboren“ worden sein. Kaiser Augustus nannte sich selbst „Sohn des Vergöttlichten“ (Julius) und wurde „Retter der Welt“ genannt.
Jesu Geburt allein unterscheidet Ihn also nicht von diesen, außer dass wir glauben, dass er als Einziger „aus dem Vater geboren vor aller Zeit“ wurde und „für uns Menschen und zu unserm Heil ist er vom Himmel gekommen“. (Nizäisches Glaubensbekenntnis)
Dieser auf wundersame Weise geborene Sohn Gottes ist der wahre Retter der Welt. Er kann für uns tun, was kein anderer konnte – weder Engel noch Mensch. Er kommt als König, um zu tun, was kein anderer Herrscher tun konnte, und um uns zu Bürgern eines Reiches zu machen, das nicht erschüttert oder gestürzt werden kann.
Sicher, auch andere Könige waren gekommen – sogar in der bescheidenen Weise, auf einem Arbeitstier zu reiten als Diener des Volkes (Salomo zum Beispiel, 1 Könige 1:33-34). Aber keiner von ihnen war der König der Könige, der seine Herrlichkeit beiseitesetzte, „der, obwohl er in der Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein, sondern sich selbst entäußerte, indem er die Gestalt eines Knechtes annahm und in der Weise der Menschen geboren wurde. Und in der Gestalt eines Menschen erkannt, erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuz.“ (Phil. 2:6-8)
Durch seinen Tod und seine Auferstehung hat er sich ein Reich erlangt, das alles übertrifft, was die Herrscher der Erde umstritten haben. Er gewann ein Reich, dessen Bürger aus allen Nationen dieser Welt kommen und doch unter diesem einen, ewigen Herrn vereint sind. Dieser Jesus ist der, dem wir heute begegnen wollen, kein bloßer Prophet, der auf eine Rettung am Horizont hinweist. Er war damals in Jerusalem, er saß auf einem Esel, mit den Kleidern der Männer unter Ihm. Aber wo ist er jetzt?
Hosianna, Hosianna, Hosianna in der Höhe. Gesegnet sei, der kommt im Namen des Herrn. Liebe Brüder und Schwestern, Jesus ist heute hier. Bei uns. In Königsfeld. Heute schließen wir uns der Menge an, wissend, zu wem wir rufen. Das ist unser Vorteil heute. Wir wissen mehr als die Menge damals. Wir wissen, was sie nur ahnten: Jesus ist der Christus, der Retter der Welt.
Es ist richtig, es ist ja notwendig, dass wir Hosianna rufen, rette uns, rette uns, rette uns! Heutzutage wenn wir das jüdische Wort Hosianna hören, denken wir meistens, es ist ein Lobpreis. Das ist es aber nicht. Hosianna bedeutet doch „rette uns“ Es ist ein Schrei der Verzweiflung. Es geht uns dreckig. Bitte hilf uns! Als Jesus in Jerusalem einritt, wurde er von einer verzweifelten Menge begleitet. Eine Menge, die ihm ihre Verzweiflung ausgoss. Und auch ihre Hoffnung. Denn die Menge hoffte, dass Jesus die Antwort auf ihre Verzweiflung war. Hosianna! Und dann: „Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn“. Lasse er unsere Rettung sein.
Und liebe Schwestern und Brüder, das war er. Das ist der ganze Sinn und Zweck der Inkarnation. Des Kommens. Des Advents. Nur deshalb trat er in Jerusalem ein. Weil sie Ihn brauchten. Und weil wir ihn brauchen.
Jesus wandte sein Gesicht Richtung Jerusalem, er ritt in Jerusalem ein, nur zu einem Zweck: um die Strafe auf sich zu nehmen, die wir verdienen. Und wenn wir an ihn glauben, dann erfahren wir Gottes Vergebung. Ich weiß, das ist eine ungewöhnliche Botschaft für die Adventszeit. Für die Zeit wo wir an das Jesus-kind und an die Hirten und Weisen und Maria und Joseph denken. Wollen. Aber Weihnachten ergibt keinen Sinn ohne das Kreuz. Und das Kreuz ergibt keinen Sinn ohne das leere Grab. Und heute, am ersten Advent, mit Jesu Ritt auf einem Fohlen in Jerusalem, wollen wir auch daran denken was durch seinen Tod und seine Auferstehung nur eine Woche später vollbracht wurde: Unsere Vergebung und Versöhnung mit Gott. Halleluja!
Ein gesegnetes neues Jahr in Christus für Sie alle. Amen.
Gerald MacDonald
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