Predigt 2. Juni 2024, 1. Sonntag nach Trinitatis
Predigttext: Jeremia 23, 16-29
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Liebe Gemeinde,
der öffentliche Diskurs in unserer Zeit ist ziemlich unhöflich und bissig. Jeder hat eine Meinung, und will, dass seine Meinung gehört wird. Wir sind zunehmend nicht in der Lage, einander zuzuhören. Wir haben unsere Meinung und basta. Ein paar Jahre bevor ich nach Königsfeld zog, habe ich mich mit einem Nachbar unterhalten – einem klassischen Besserwisser. Ich fing an, ihm von einem Zeitungsartikel zu erzählen, den ich gerade gelesen hatte. Ich dachte, wir könnten uns über den Artikel unterhalten. Ich hatte nur 10 Sekunden gesprochen bevor der Nachbar anfing, seinen Kopf zu schütteln. [Kopf verneinend schütteln] Ich war etwas irritiert. Ich erzählte aber weiter über den Artikel. Nachdem ich fertig war – es dauerte nur 50 Sekunden oder so – klärte mir der Nachbar darüber auf was Sache sei. Die neuen Informationen, die ich in dem Artikel gesprächswürdig fand, interessierten ihn gar nicht. Er hatte schon seine Meinung. Und sie war natürlich richtig. Unanfechtbar.
Wir werden zunehmend unfähig eine Unterhaltung zu führen. Uns auszutauschen. Wir wollen uns nur durchsetzen. Wir wollen überzeugen. Uns überzeugen lassen? Niemals. Nachrichtenkommentatoren schreien sich gegenseitig an. Sie unterbrechen ihren Gesprächspartner, die sie eher als Gegner betrachten, und werfen mit unbegründeten Anschuldigungen um sich. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Talkshows in Gezänk ausarten, bei dem die eine Seite die Andere gar nicht zuhört.
Es stimmt zwar, dass die lautesten Stimmen die meiste Aufmerksamkeit bekommen, aber nur weil jemand die lauteste Stimme hat, heißt das nicht, dass man ihm zuhören sollte. Er könnte falsch liegen oder lügen. Um die Wahrheit in all den Stimmen zu finden, müssen wir mit Unterscheidungsvermögen zuhören, und das gilt bei Glaubensfragen genauso wie bei politischen Fragen.
Der Prophet Jeremia diente vierzig Jahre lang als Gottes Bote, und in dieser Zeit hatte er praktisch keinen Erfolg. Anstatt auf Jeremia als Stimme Gottes zu hören, verleugnete ihn seine Familie, er wurde geschlagen, ins Gefängnis geworfen und schließlich starb. Jeremias Stimme, die Stimme Gottes, wurde von den Stimmen übertönt, die verkündeten, was das Volk hören wollte. Während seine Botschaft vor dem kommenden Zorn Gottes und der Notwendigkeit zur Umkehr warnte, hörte das Volk auf die Stimmen, die genau das Gegenteil sagten: „Es wird euch gut gehen … kein Unglück wird über euch kommen.“
Wir wissen nicht, wie viele Menschen auf Jeremia hörten, aber es waren nicht viel. Die Mächtigen taten es offensichtlich nicht. Diejenigen, die Gottes Stimme hörten, bereuten ihre Sünden und das Böse, das sie getan hatten, und beklagten die Zerstörung Jerusalems. Diejenigen, die sich weigerten, zuzuhören, änderten ihr Verhalten nicht, und die Folgen waren verheerend. Und die falschen Propheten, die Gott nicht gesandt hatte, bekamen eines Tages die volle Wucht seines Zorns zu spüren, denn Gottes Wort muss in seiner ganzen Wahrheit beachtet werden – im Guten wie im Bösen. Was wir hören wollen aber auch was wir nicht hören wollen.
Wir leben in Zeiten, die weit von den Tagen Jeremias entfernt sind, und doch sind lügende Propheten heute genauso gefährlich wie fünf Jahrhunderte vor Jesus. Viele, die behaupten, für Gott zu sprechen, verdrehen Gottes Wort. Einige extreme Beispiele, wie Jim Jones in Französisch-Guyana in den 70er Jahren, behaupten, Gott selber zu sein. Manche meiden die Teile der Bibel, die unangenehm sind. Einige sagen, dass Gottes Lehren sich ändern müssen oder nicht mehr anwendbar sind, weil sie nicht zeitgemäß sind. Einige, wie der Mormone Joseph Smith, behaupten, neue Botschaften von Gott erhalten zu haben. Einige, wie die radikalen Fernsehprediger, behaupten, sie könnten Wunder vollbringen. Dennoch brauchen sie Ihr Geld! Manche Propheten sind in ihren Lügen aber raffinierter: Du musst gute Werke tun, um in den Himmel zu kommen. Oder, du musst noch härter beten, wenn du willst, dass deine Probleme verschwinden. Und. Und. Und. Diese Lehren sind Lügen und sie führen ihre Zuhörer nur in Götzendienst, Sünde, Tod und Verdammnis. Sorry. Aber falsche Prophetie schadet. Wirklich.
Wie kann man also den Lärm herausfiltern und nur die Wahrheit hören? Woher wissen Sie, welche Stimme wahr und welche falsch ist? Um den Lärm herauszufiltern, können Sie nicht auf die Stimme in Ihrem Kopf oder im Fernsehen oder im Internet hören, sondern Sie müssen auf das hören, was Gott sagt, und was er sagt, steht in der Bibel. Klingt einfach. Klingt schön fromm. Aber in der Tat ist Gottes Wort der Prüfstein, an dem alle anderen Worte gemessen werden. Gottes Wort ist der Prüfstein. Wenn etwas nicht mit dem übereinstimmt, oder im Widerspruch zu dem steht, was Gott in der Bibel eindeutig lehrt, ist es falsch.
Für Nicht-Christen bedeutet das nichts. Ihnen ist es egal, was die Bibel wirklich sagt, denn sie glauben sowieso nicht daran, und da sie die Bibel ablehnen, können sie sie verdrehen, wie sie wollen. Christen sind anders, denn wir lesen die Bibel mit den Augen des Glaubens, geleitet vom Heiligen Geist. Die Bibel ist das Wort Gottes, ohne Lügen. Sie bedarf zwar Interpretation, aber sie lügt nicht.
Einige falsche Propheten behaupten, dass die Bibel nicht vollständig Gottes Wort ist; ein Teil davon ist es, ein Teil ist es nicht. Wenn Sie diese Logik anwenden, wer entscheidet dann, wann Gott spricht und wann nicht? Wie entscheiden wir, was wir behalten und was wir wegwerfen? Man muss natürlich zwischen den verschiedenen Literaturgattungen unterscheiden, die in der Bibel vorkommen. Denn die Bibel beinhaltet alle Literaturgattungen, die wir Menschen kennen: Es gibt historische Teile. Es gibt poetische Teile. Es gibt eine Fülle an Gleichnissen … usw.
Die Sache ist die, dass man der Bibel nicht seine Überzeugungen oder Gefühle aufzwingen kann. Vielmehr ist es Gott, der unsere Überzeugungen durch sein Wort formt. Wir sind Sünder, und wenn wir versuchen, der Bibel unsere eigene Logik aufzudrängen, werden wir uns immer, immer irren. Gott ist unfehlbar, wir sind es aber nicht.
Und das ist eigentlich eine gute Sache. Wenn wir Gottes Botschaft anhand unserer Gefühle oder Meinungen oder Moden unserer Zeit entschlüsseln, werden wir nie wissen, was wahr ist und was nicht. Deshalb ist es so gut, dass wir einen Leitfaden haben, um die Wahrheit zu erkennen. Anstatt uns also auf unsere Interpretation zu verlassen, vergleichen wir das Gehörte mit Gottes Wort, und wenn es anders ist, ist es falsch.
In der Apostelgeschichte spricht Lukas über die Männer und Frauen in der Stadt Beröa: Als die Brüder nach Beröa kamen, gingen sie in die Synagoge der Juden. Diese aber waren freundlicher als die in Thessalonich; sie nahmen das Wort bereitwillig auf und forschten täglich in der Schrift, ob sich’s so verhielte. So glaubten nun viele von ihnen, darunter nicht wenige von den vornehmen griechischen Frauen und Männern. Als aber die Juden von Thessalonich erfuhren, dass auch in Beröa das Wort Gottes von Paulus verkündigt wurde, kamen sie auch dorthin und erregten Unruhe und verwirrten das Volk.
Liebe Gemeinde, hier haben wir zwei wichtigen Informationen. Erstens, die Juden verglichen, was sie von Paulus gehört hatten mit ihrer Heiligen Schrift, also mit dem Alten Testament um zu gucken, ob es stimmt. Die zweite Information ist das Unruhestiften durch die Juden aus Thessalonich. Das sind klassische falsche Propheten. Sie erkannten nicht die Übereinstimmung zwischen dem Evangelium, das durch die Brüder gepredigt wurde und das Alte Testament. Also versuchten sie die Ausbreitung des Evangeliums in Beröa zu verhindern.
Entscheidend für die Juden in Beröa war ihre eigene Bibellektüre. Sie verließen sich nicht blindlings auf das Wort Pauls, sondern schauten, ob das, was er predigte, stimmte. Sie sollten alle dasselbe tun. Wenn die Juden in Beröa die Botschaft des großen Apostel Paulus überprüfen durften, umso mehr sollten die Christen in Königsfeld die Worte von uns, die hier vorne stehen, überprüfen. Und der Maßstab heute ist derselbe Maßstab wie damals. Gottes Wort.
Wir sollten ja alle die Bibel selbst lesen. Alleine, oder auch mit der Familie oder mit Freunden. Deswegen gibt es Bibelkreise.
Früher, in den guten alten Zeiten des 17., 18. und 19. Jahrhunderts hatte sich die Familie sonntagnachmittags die Predigt, die sie gerade im Gottesdienst gehört haben, unter der Leitung des Familienvaters diskutiert. Okay, so toll waren die guten alten Zeiten nicht immer, aber man nahm das, was man hörte, ernst und setzte sich damit auseinander. Das hat was!
Die Bibel selbst zu lesen ist großartig, aber wenn wir ehrlich sind, verbringen wir nicht viel Zeit in unserer Bibel, wenn überhaupt. Es spielt keine Rolle, wer wir sind, wir alle sollten uns Zeit für das Bibelstudium nehmen. Man kann, z. B. jeden Tag die Losung lesen. Wenn ich das tue, macht sie mich meistens auf den Kontext neugierig. Ich schlage die Stelle in meinem iPhone auf – eine normale Bibel geht natürlich auch. Und dann bin ich schon bei der Bibellektüre drin. Ob ich es will oder nicht! Ist ja eine feine Sache.
Falsche Propheten sagen gerne, dass die Bibel sich ändern muss oder dass das, was sie früher lehrte, heute nicht mehr gilt. In einigen Einzelfällen stimmt das auch. Wir steinigen keine Ehebrecher. Wir müssen keine speziellen Bäder nehmen, bevor wir Gottes Gegenwart betreten. Wir werden nicht gesteinigt, wenn wir am Sonntag arbeiten. Und wir sind nicht mehr an die Speisevorschriften der Juden gebunden. Aber! Das Verhalten, das diese Regeln erforderte, ist immer noch in Kraft. Ehebruch ist immer noch falsch. Gott nähern wir uns immer noch mit Ehrfurcht und Ehrerbietung. Wir achten immer noch darauf, was wir in unseren Körper stecken. Die zeremoniellen Gesetze des Alten Testaments, wie die Steinigung von Ehebrechern oder Auge um Auge, gelten nicht mehr, aber das moralische Gesetz Gottes ist immer gültig. Es ist zeitlos.
Durch seinen Propheten Jeremia sagt Gott: „Bin ich ein Gott in der Nähe … und nicht ein Gott in der Ferne … Kann sich ein Mensch an verborgenen Orten verstecken, so dass ich ihn nicht sehe … Erfülle ich nicht Himmel und Erde?“ Liebe Gemeinde, Gott ist allgegenwärtig und allwissend. Er wird von nichts, was in unserer Welt geschieht, überrascht.
Alles, was wir heute gehört haben, lässt sich in einem einzigen Vers zusammenfassen: „Ist mein Wort nicht wie Feuer, spricht der Herr, und wie ein Hammer, der den Felsen zerschmettert?“ Das Wort des allwissenden, vollkommen heiligen, allmächtigen Gottes entlarvt die Lügen und zermalmt sie. Die Bibel ist der ultimative Lügendetektor. Sie ist so mächtig, dass sie den Lärm durchbricht und uns sagt, was wir hören müssen. Manchmal ist das, was wir hören müssen, das Gesetz, das uns sagt, dass unser Verhalten sündig ist, dass wir nicht als Christen leben und dass wir auf Lügen hören. Manchmal, sogar meistens, müssen wir das Evangelium hören, dass unsere Sünden, unser Hinterherlaufen hinter Lügen, unser Hören auf falsche Propheten Sünden sind, die durch das Blut Jesu weggewaschen wurden.
Liebe Gemeinde, die zentrale Botschaft der Bibel ist, dass Gott Sie liebt und um Christi willen die Sünden aller Gläubigen vergibt. Er vergibt auch Ihre! Und im Gegensatz zu dem Lärm, den falsche Propheten und Lügner machen, ist Gottes Wort das Einzige, das hält, was es verspricht. Es allein ist wahr, der Prüfstein, mit dem alle anderen Stimmen verglichen werden, das Wort, das uns niemals im Stich lassen wird und das niemals von den Lügen besiegt werden wird.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christo Jesu, unseren Herrn. Amen.
Gerald MacDonald
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