31.12.2023 Silvester
Predigttext: Prediger 3, 1-15
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Liebe Gemeinde,
ich habe keine Zeit! Wie oft ist uns dieser Spruch schon im Leben begegnet. Da hastet einer an uns vorbei – mit den Gedanken ganz woanders. Das kann verletzen, weil man spürt, dass der andere einen gar nicht sieht. Oder andersherum, ich bin diejenige, die keine Zeit hat und pausenlos klingelt das Telefon. Wie reagiere ich nun? Lasse ich mich auf die Anrufer ein oder gebe ich ihm zu verstehen, dass ich gerade keine Zeit habe?
Wie ist es mit der Zeit? Oft – so scheint es – rennen wir ihr hinterher. Zeitdruck macht uns zu schaffen und wir wollen möglichst viel in kurzer Zeit schaffen. Dazu kommt noch der Druck vom Arbeitgeber, der Familie usw. Manchmal fühlen wir uns da wie im Hamsterrad. Bloß nicht stillstehen, bloß keine Zeit verlieren. Wir hören den Predigttext für heute, der uns Zeit zum Nachdenken gibt. Überschrieben ist der Text mit den vier Wörtern: Alles hat seine Zeit!
1 Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: 2 Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit; 3 töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit; abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit; 4 weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit; 5 Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit; herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit; 6 suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit; behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit; 7 zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit; schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit; 8 lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit; Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit. 9 Man mühe sich ab, wie man will, so hat man keinen Gewinn davon. 10 Ich sah die Arbeit, die Gott den Menschen gegeben hat, dass sie sich damit plagen. 11 Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende. 12 Da merkte ich, dass es nichts Besseres dabei gibt als fröhlich sein und sich gütlich tun in seinem Leben. 13 Denn ein jeder Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes. 14 Ich merkte, dass alles, was Gott tut, das besteht für ewig; man kann nichts dazutun noch wegtun. Das alles tut Gott, dass man sich vor ihm fürchten soll. 15 Was geschieht, das ist schon längst gewesen, und was sein wird, ist auch schon längst gewesen; und Gott holt wieder hervor, was vergangen ist.
Für diesen Text lohnt es sich, Zeit zu haben. Denn alles hat seine Zeit. In diesem Text steckt unser ganzes Leben drin – von der Geburt bis zum Tod. Alles ist hier in einer Zeitaufteilung untergebracht. Ein Mensch, der immer lacht und fröhlich ist – den gibt es nicht. Ein Mensch, der immer nur klagt und weint, den gibt es auch nicht. Unser ganzes Leben ist ein Wechsel von Aufbruch und Abbruch, von Höhen und Tiefen. Und alles ist aufgehoben in Gottes Händen – so haben wir es gerade gesungen: Meine Zeit steht in deinen Händen. Das kann uns gelassener werden lassen und unseren Blick auf das lenken, was gerade dran ist. Und es macht uns Mut! Wir sind nicht allein unterwegs. Unser Herr geht mit und begleitet uns. Wir dürfen unsere jeweilige Lebenssituation annehmen. Wer Kinder großgezogen hat oder großzieht, der kennt das: Kinder brauchen ihre Zeit. Ich erinnere mich, wie ich damals bei unserem ältesten Sohn Clemens gelernt habe, dass er seine eigene Zeit hat. Die Zeit morgens vor dem Besuch des Kindergartens war recht kurz bemessen. Und als ich versucht hatte, ihn zu mehr Tempo beim Anziehen der Schuhe zu bewegen, sagte er mir als Vierjähriger: „Ich brauche dafür Zeit. Das geht nicht so schnell.“ Ich war im ersten Moment erschrocken und ab da plante ich morgens mehr Zeit fürs Anziehen ein.
Dass alles nicht mehr so schnell geht wie früher, das nimmt mit dem Alter zu. Und auch das ist ein Lernprozess, den man durchmachen muss. Die Beweglichkeit ist eingeschränkt und alles braucht eben seine Zeit.
Auch unsere Schöpfung ist in einem Zeitablauf eingebettet. Es gibt die Jahreszeiten, die Wachstum, Reife und Vergehen beinhalten. Alles zu seiner Zeit. Der Wechsel in diesen Jahreszeiten tut nicht nur der Natur, sondern auch uns Menschen gut.
Wir stehen nun am Ende eines Jahres. Das Jahr ist nur noch wenige Stunden oder Minuten lang. Am Ende eines Jahres ist es gut, wenn wir innehalten und noch einmal daran zurückdenken, was wir in diesem Jahr erlebt haben. Da fällt sicher jedem und jeder etwas Bestimmtes ein.
Mir fallen da drei verschiedene Konzerte ein: Das Konzert von unserem Kantor Alex Kim am 27. Juli an der Orgel, dann das Konzert von Moravian Brass mit zehn Bläserinnen und Bläsern aus ganz Deutschland, welches wir im Oktober hier hatten und der Besuch des Chores aus Südafrika mit ihrem wunderbaren Konzert vor wenigen Wochen, welches sicher noch vielen in guter Erinnerung ist.
Das waren Höhepunkte im Jahr, die wir so schnell nicht vergessen werden. Sie hallen in uns nach und sie haben unser Jahr so wertvoll gemacht.
Wir wollen aber auch unseren Blick auf unsere Zeit wenden, eine Zeit, die für viele Menschen sehr herausfordernd ist. Vieles wird im nächsten Jahr teurer und manch einer fragt sich, wie er das nur stemmen kann. Der Frieden in der Welt ist an mehreren Stellen zerbrochen und wir wissen nicht, wie es im nächsten Jahr weitergeht. Und dann sind da noch so viele unbekannte Dinge, die auf uns zukommen und die wir jetzt noch gar nicht einordnen können. Das kann Angst und Sorgen machen.
Wir dürfen uns in dieser Ungewissheit aber daran erinnern, dass Gott unsere Zeit in seinen Händen hält. Wir können und dürfen ruhig werden. Er geht mit uns in das neue Jahr. Er weicht nicht von unserer Seite. Er macht unser Leben reich und einmalig.
Gott hat uns die Ewigkeit ins Herz gelegt, so heißt es im Predigttext. Die Ewigkeit können wir nicht mit unserer menschlichen Zeitmessung erfassen. Durch die Geburt und den Tod unseres Erlösers Jesus Christus haben wir einen Fürsprecher bei Gott. Er hat die Brücke zwischen unserem Leben auf der Erde und dem Leben in der Ewigkeit bei Gott geschlagen. Und schon jetzt können wir immer wieder einen kleinen Blick dieser neuen Welt erhaschen.
Lasst uns heute Zeit nehmen zum Danken und zum Loben. Unsere Zeit ist in Gottes Händen. Er hält darüber die Wacht. Bei ihm sind wir geborgen und geliebt. Das gibt uns die Kraft und die Zuversicht in das neue Jahr zu gehen.
Amen
Gabriele von Dressler
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