18.06.2023, 2. Sonntag nach Trinitatis
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Gnade sei mit euch und Friede durch unseren Herrn Jesus Christus Amen.
Liebe Gemeinde, eines Tages in meiner Studentenzeit kam ich auf die Idee ein großes Essen für meine Freunde zu kochen. Meine Mutter war deutscher Abstammung und ich kannte von zu Hause eine leckere Mahlzeit wo Schweinebraten und Sauerkraut die Hauptrollen spielten. Meine Freude an Schweinebraten und Sauerkraut wollte ich mit meinen Freunden teilen. So kam es, dass ich eines Tages diese schöne Mahlzeit für meine Freunde vorbereitete. Aber die Freunde kamen nicht. Nachdem ich eine gute Stunde auf sie gewartet hatte, ging ich in die Mensa nach ihnen suchen. Es gab damals keine Handys, und ich konnte sie nicht einfach anrufen. Meine Freunde waren fast alle in der Mensa. Sie waren beim Essen. „Was macht ihr hier?“, fragte ich, ein wenig entrüstet. „Ich habe doch für euch alle gekocht!“ „Davon wissen wir nichts,“ antwortete sie unisolo.
Meine liebe Gemeinde, ich hatte für meine Freunde gekocht, hatte aber vergessen sie einzuladen. Wie dumm kann ein Mensch sein? Alle waren schon satt und hatten keine Lust gleich nochmal zu essen. Außer zwei Mädels. Sie hatten Mitleid mit mir und gingen mit mir nach Hause. Sie saßen mit mir am Tisch aber viel haben sie nicht gegessen. Denn sie hatten keinen Hunger mehr.
Bei unser Bibellesung heute läuft die Geschichte des Festmahls etwas anders. Der Gastgeber hatte nicht vergessen, seine Gäste einzuladen. In der Antike war es sogar üblich, zweimal einzuladen: Die erste Einladung erfolgte mit etwas Abstand zum Fest, und kurz vorher wurden die Gäste nochmal eingeladen, oder wie in die Geschichte, die Jesus erzählt, abgeholt.
Doch keiner der eingeladenen Gäste wollte kommen. Sie hatten andere Prioritäten. Jesus erzählt von der Reaktion von drei Gästen, die nicht kommen wollten. Sie sind stellvertretend für drei Gruppen der damaligen jüdischen Gesellschaft.
Der erste hatte gerade einen Acker gekauft und meinte, er müsse sich den Acker sofort ansehen. Er repräsentiert die geistliche Führung der Gesellschaft. Die Pharisäer. In der Bibel wird ein Acker oft als Sinnbild für die Menschen benutzt. Die geistliche Führung, die Pfarrer bestellen das Feld. Ein Weinberg wird auch oft als Sinnbild für die Menschen verwendet. Der Winzer entspricht der Geistliche.
Der andere hatte gerade zehn Ochsen gekauft und müsse sie nun begutachten. Ausgerechnet zur gleichen Zeit wo das Festmahl stattfindet. Die Ochsen repräsentieren die Obrigkeit. Ochsen sind Arbeitstiere. Sie werden benutzt um Häuser zu bauen, um Straßen zu bauen, um Brücken zu bauen, um Städte zu bauen. Das alles ist die Aufgabe der Obrigkeit.
Der dritte entschuldigt sich mit der Begründung, er habe gerade geheiratet. Er will eine Familie gründen. Er will Geld verdienen, ein Haus kaufen und Karriere machen. Er repräsentiert den Stand der wohlhabenden Bürgerschaft.
Wichtig bei allen drei Gruppen ist dies: Ihre Anliegen waren ehrlich. Sie waren wichtig. Sie waren anständig. Nur, sie waren auch egoistisch. Ihnen nachzugehen statt zum Festmahl zu gehen war für den Gastgeber ein Affront.
Und wie reagiert der Gastgeber auf ihr Fernbleiben? Mit Zorn. Er hat die besten Leute in der Stadt eingeladen, und sie kommen nicht. Unerhört. Also wendet er sich an die anderen Bewohner der Stadt: die Bettler, die Verkrüppelten, die Blinden und die Gelähmten. Und siehe da! Sie kommen. Und sie kommen gerne. Sie kommen weil sie eine gute Mahlzeit nicht ablehnen wollen oder können. Sie sind hungrig. Sie sind ja immer hungrig. Aber ihre Anzahl reicht nicht, um den Tisch voll zu besetzten, also müssen noch andere her. Und sie werden von außerhalb der Stadt geholt. Von den Landstraßen und an den Zäunen. Menschen, die gar nicht zur Stadtbevölkerung gehören.
Liebe Gemeinde, die ganze Geschichte ist ein Sinnbild für das Reich Gottes. Gott hat die besten Leute des jüdischen Volks eingeladen, die geistliche und politische Führung. Doch, sie zählen auf ihre eigenen Leistungen für ihr Wohl. Gott brauchen sie nicht. Gott hat die besten Bürger des Volkes eingeladen: Doch sie wollen ihr Glück selbst erstreben. Gott brauchen sie nicht. Gott hat die ärmsten des Volks eingeladen, die Fischer, die Handwerker, die Prostituierten und die verächtlichen Zöllner. Und sie, meine liebe Gemeinde, sind gekommen! Denn sie wissen um ihr Ungenügen, ihre Bedürftigkeit und ihre Sündhaftigkeit. Sie kommen und sind dankbar.
Doch, der Tisch des Herrn hat noch Plätze frei. Und Gott sei Dank, denn diese Plätze sind für uns bestimmt, liebe Gemeinde. Wir sind die, die auf die Landstraßen rumirren. Wir sind die, die an den Hecken und Zäunen rumhängen. Und Gott hat uns zu seinem Tisch eingeladen. Nein, nicht eingeladen, sondern genötigt! Die verschiedenen Stände der jüdischen Bevölkerung wurden eingeladen. Sie sind Gottes Volk. Sie kennen ihn ja schon. Deswegen ist ihr Fernbleiben vom Festmahl ein Affront, weil sie Gott eigentlich schon gehören. Oder gehören sollten. Wir aber müssen zum Tisch genötigt werden. Wie ist das zu verstehen? Gezwungen sind wir nicht. Nein. Aber wir müssen von unseren geistlichen Not überzeugt werden. Wir sind die „Heiden“. Wir müssen das Evangelium gepredigt bekommen. Wir müssen lernen, dass wir arme Sünder sind, denn wir haben nicht das jüdische Gesetz als Lehrmeister, der uns unser Versagen vor Augen führt.
Wenn ich von „wir“ spreche, spreche ich natürlich nicht von uns als Individuen hier in Königsfeld. Sondern wir sind die Nachkommen von denen, die auf den Landstraßen und auf den Zäunen waren. Wir wissen natürlich viel mehr über Gott, das Evangelium und Gottesreich als sie damals. Trotzdem gehören wir zu ihnen, denn wir sind dank des Evangeliums nun aufgenommen im Reich Gottes. Und wir sind Gäste am Tisch des Herrn. Es ist so schön, dass wir diesen Predigttext gelesen haben am selben Tag wo wir das Abendmahl feiern. Nun können wir unsere Teilhabe am Tisch des Herrn erfüllen und umsetzen.
Unsere Annahme von Gottes Evangelium nötigt uns zum Tisch des Herrn zu gehen. Wir sind unserer sündigen Lage bewusst geworden. Nun empfinden wir die Notwendigkeit der Teilnahme am Tisch des Herrn. Und wir verspüren die Ehre, die uns erwiesen ist, am Abendmahl teilzunehmen. Wir verspüren wie unwürdig wir sind und gleichzeitig wie dankbar wir sind, dass wir in dieser Weise unsere Gemeinschaft mit Gott und miteinander feiern können. Lasst uns auf den Tisch des Herrn freuen!
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.
Gerald MacDonald
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