Predigt am 1. Sonntag nach Epiphanias, 7. Januar 2024
Predigttext: 1. Kor. 26-31
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Liebe Gemeinde,
vor langer Zeit, gleich nach dem Abschluss meines Studiums, habe ich für sechs Monate in Amsterdam gejobbt. Ich arbeitete in einer Jugendherberge namens „The Shelter“ am Nieuwmarkt, damals eine ziemlich schlechte Gegend. Mit vielem Drogenhandel und verwandten Gewerben. The Shelter war eine Einrichtung von Tot Heil des Volks, eine christliche Organisation und war eine Zuflucht mitten im Milieu Amsterdams.
Die Mitarbeiter der Jugendherberge waren aus vielen Ländern. Unter ihnen war ein junger Judenchrist aus Israel, namens Amir. In der Jugendherberge wurden regelmäßig Andachten und Gottesdienste abgehalten. Eines Tages war Amir dran zu predigen. An dem Tag sprach er ungewöhnlich gut. Wortgewaltig, wie man sagt. Nach dem Gottesdienst sprach ich mit Amir und sagte ihm, „Wow, Amir, das war eine wirklich gute Ansprache. Gott hat wahrhaftig durch dich gesprochen. Denn ich kenne dich und Du bist selber gar nicht in der Lage, so zu predigen.“ Er lachte, und dankte mir für das Kompliment.
Amir hatte verstanden, was ich sagen wollte: Du hast nicht bloß eine Ansprache gehalten, sondern Gott hat durch dich zu uns gesprochen. Wir haben nicht Dich gehört, sondern Gott.
Liebe Freunde, wie es in unserem Predigttext steht, Gott hat nicht die Weise, die Mächtige oder die Vornehme berufen, sondern Gott benutzt das, was in den Augen der Welt töricht, schwach und sogar verachtet ist, damit er umso mehr erkannt wird. Damit nichts zwischen ihm und uns steht. Damit nichts zwischen der Offenbarung von ihm selbst und uns, seinen Kindern steht. Es geht um Gottes Botschaft, nicht um den Botschafter oder die Botschafterin. Warum?
„Auf dass sich kein Mensch vor Gott rühme“.
In der Apostelgeschichte, Kapitel 8, wird von einem Zauberer erzählt. Er heißt Simon. Wie Petrus hieß bevor Jesus ihn umnannte. Simon war von den Wundertaten der Apostel beeindruckt. Er wollte die gleiche Macht haben, wie sie. Und er versuchte diese Macht für sich zu erkaufen.
Simon ist das Gegenbeispiel von den Nachfolgern Christi, die in unserem Predigttext beschrieben wurden. Er wollte die Macht, Wunder zu vollbringen. Den Macht-Geber, Gott, interessierte ihn nicht. Er wollte bloß die Macht, damit man ihn bewundere. Er wollte im Mittelpunkt stehen. Er dachte nicht daran, die Menschen auf Gott hinzuweisen. Kurz gesagt, er wollte sich selbst rühmen.
In der Lesung von vorhin im Römerbrief, geht es um dieselbe Thematik: Paulus erzählt von den Gaben, die in der Gemeinde zu finden sind, weil sie die Gemeinde zusammenhalten. Und weil sie die Gemeinde funktionstüchtig machen. Wir kennen den Text schon. Manche sind Propheten. Manche sind Ermahner. Manche sind Tröster. Manche sind Lehrer. Alle sind für die Gemeinde; ja alle sind für das Leib Christi auf Erden, unverzichtbar. Und wie Paulus schreibt, alle diese Fähigkeiten sind Gaben. Manchen ist es gegeben, zu lehren. Manche ist es gegeben, zu trösten. Manche ist es gegeben, zu prophezeien. Manche ist es gegeben zu ermahnen.
Entscheidend ist es, dass alle Gaben vom selben Geist, vom selben Gott kommen. Und jede Gabe ist genauso wichtig wie die andere.
Es gehört zum Wesen einer Gabe, dass sie ein Geschenk ist. Der Begabte hat die Gabe nicht verdient. Er ist mit ihr einfach gesegnet. Vom Gott gesegnet. Daher kommen die logischen Schlussfolgerungen in unserem Predigttext. „Auf dass sich kein Mensch vor Gott rühme.“ Und „wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn.“ Nach dem Motto: Ich habe nicht mir selbst meine Gabe zu verdanken, sondern Gott.
Die Bibel ist voll von Gegenüberstellungen von Gottes wahrer Beschaffenheit und unserer falschen Erwartungen an ihn. Das haben wir gerade in Advent und zu Weihnachten wieder erlebt. Gott kommt nicht wie wir es erwarten würden. Und Gott agiert nicht, wie wir es von ihm erwarten würden. „Er macht die Weisheit der Weisen zunichte und den Verstand der Verständigen verwirft er. Er macht die Weisheit der Welt zur Torheit. Und er macht uns durch die Torheit des Evangeliums selig.“ So steht es in unserem Predigttext.
Die Menschen des Neuen Testaments waren in zwei Gruppen aufgeteilt: Die Juden und die Nicht-Juden, auch einfach „Griechen“ genannt. Und beide Bevölkerungsgruppen hatten unterschiedliche Hintergründe und Bedürfnisse hinsichtlich der Religion.
Die Juden wollen Zeichen sehen und die Griechen fragen nach Weisheit. Beide dieser Forderungen sehen wir überall im Neuen Testament. Und Gott erfüllt beide Forderungen in Hülle und Fülle. Denken wir an das Geburt Jesu: Da gab es für die Juden mindestens vier dicke Zeichen:
- Die Erfüllung der Prophezeiung aus Isaiah: „Darum wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel.“
- Oder das Zeichen des Sterns: Das Aushängeschild über Bethlehem, das die Hirten und später die drei Weisen aus dem Morgenland zu der Krippe geführt haben.
- Oder die Krippe selbst: „Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.“ Lukas 2, 12.
- Oder die Prophezeiung Simeons bei der Beschneidung Jesu im Tempel, dass er nun sterben dürfe, da er den Heiland gesehen hat, der für alle Völker gekommen war und Marias Herz werde durchstochen werden, usw.
Für die Griechen gab es auch jede Menge Beweise von Jesu Weisheit. Denken wir an Jesu Antworten bei der vielen Befragungen der Pharisäer oder die Weisheit, die er in den zahlreichen Gleichnissen, die er erzählte, erwies.
Also, die Forderungen der Juden und der Griechen waren eigentlich erfüllt. Da hatten sie nichts zu beanstanden. Was ihnen wurmte, was Ihnen eine Torheit war, war die Kreuzigung: 1. Korinther, Vers 1: Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist es Gottes Kraft.
Durch das Kreuz hat Gott wieder agiert, wie wir es nicht erwarten würden. Wer lässt den Heiland kreuzigen? Wer lässt seinen eigenen Sohn kreuzigen? Zumal seinen einzigen Sohn? Unfassbar. Unmöglich. Unsinnig. Aber Gottes Weisheit ist nicht unsere Weisheit. Wie wir immer wieder lernen müssen. Oder wie es in Vers 25 steht: „Denn die göttliche Torheit ist weiser, als die Menschen sind, und die göttliche Schwachheit ist stärker, als die Menschen sind.“
Als ich den Predigttext für heute las, und die vorangehenden Verse, fiel mir auf, dass der Predigttext etwas wie eine Beweisführung für das Vorangehende ist. „Seht doch, Brüder und Schwestern, auf eure Berufung. Nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme sind berufen.“ Ihr seid doch der Beweis dafür, dass Gott anders denkt als der Mensch, denn wenn ein Mensch eine Religion gründen wollte, würde man kaum Fischer, Handwerker und Zöllner als Anführer berufen. Aber das ist es, was Gott tut. Gott beruft die, die nicht weise sind. Er beruft die, die schwach sind. Er beruft, die, die niedrig sind. Er beruft eben unseresgleichen. Das ist der Wunder des Evangeliums. Gott zeigt seine Größe durch unsere Schwäche. Je leerer das Gefäß, umso mehr Platz gibt es für Gottes Geist. Deswegen konnte ich meinem Freund Amir sagen, das waren Gottes Worte, die Du gesprochen hast und nicht deine Worte. „Wer sich rühmt, dem rühme sich des Herrn.“
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christo Jesu, unseren Herrn. Amen.
Gerald MacDonald
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