Tröstet, tröstet mein Volk
11.12.2022 (3. Advent),
Jesaja 40, 1-11
11.12.2022 (3. Advent),
Jesaja 40, 1-11
Tröstet, tröstet mein Volk!, spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist; denn sie hat die volle Strafe empfangen von der Hand des Herrn für alle ihre Sünden.
Es ruft eine Stimme: In der Wüste bereitet dem Herrn den Weg, macht in der Steppe eine ebene Bahn unserm Gott! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was uneben ist, soll gerade, und was hügelig ist, soll eben werden; denn die Herrlichkeit des Herrn soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen; denn des Herrn Mund hat’s geredet.
Es spricht eine Stimme: Predige! und ich sprach: Was soll ich predigen? Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Felde. Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt; denn des Herrn Odem bläst darein. Ja, Gras ist das Volk! Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich.
Zion, du Freudenbotin, steig auf einen hohen Berg; Jerusalem, du Freudenbotin, erhebe deine Stimme mit Macht; erhebe sie und fürchte dich nicht! Sage den Städten Judas: Siehe, da ist euer Gott; siehe, da ist Gott der Herr! Er kommt gewaltig, und sein Arm wird herrschen.
Siehe, was er gewann, ist bei ihm, und was er sich erwarb, geht vor ihm her. Er wird seine Herde weiden wie ein Hirte. Er wird die Lämmer in seinen Arm sammeln und im Bausch seines Gewandes tragen und die Mutterschafe führen.
Liebe Gemeinde, „Tröstet, tröstet mein Volk! Spricht euer Gott“. So fängt unser Predigttext heute an. Der Hintergrund: Der Stamm Juda, das Volk Gottes, ist noch im Exil in Babylon. Das Ende des Exils ist aber in absehbarer Nähe. Das ist der Kontext von der frohe Botschaft Jesajas: „Tröstet, tröstet“. Eure Erlösung naht.
Gott spricht die Menschen direkt an. Und er nennt sie sein Volk. Er hat sie angenommen. Hier ist gar keine ermahnende Distanz zu spüren. In den ersten 39 Kapiteln, hatte Jesaja das Volk geschimpft und ermahnt. Ihre Gefangenschaft in Babylon war ihre verdiente Strafe. Hier nennt Gott sie „sein Volk“! Der Ausdruck allein tröstet. Gott nimmt die Menschen an.
Ja, diese Prophezeiung Jesajas ist keine Ermahnung. Sie ist eine frohe Botschaft. „Ihr habt genug gelitten. Ihr habt eure Strafe bezahlt. Eure Schuld ist vergeben“. Die Zeit ist gekommen, zurück nach Jerusalem zu gehen. Und ich, Euer Gott, werde Euch selber nach Hause führen.
Das Volk sollte den Weg vorbereiten. Es wird von einer buchstäblichen Straße gesprochen. Die Straße führt durch die Wüste, über die Steppe und durch eine Berglandschaft. Und die Baumaßnahmen für diese Straße sind anspruchsvoll. Jedes Tal soll aufgefüllt werden und jeder Berg und Hügel soll abgetragen werden. Wenn ich mir die Bauzeiten bei Baustellen auf deutsche Autobahnen anschaue, die Baumaßnahmen, die Jesaja hier verlangt, liebe Gemeinde, sie würden eine Ewigkeit dauern. Wenn es nach Menschenkräften ginge, würden die Judäer nie nach Jerusalem gelangen. Das Volk kann den Weg nicht alleine vorbereiten.
Diese Tatsache wird den Exulanten in den nächsten Versen deutlich eingebläut. Sie sind wie Gras. Und Gras verdorrt. Ihre Schönheit gleicht den Blumen. Und Blumen verwelken. Sie sind schwach. Sie sind vergänglich. Mit eigener Kraft werden sie die Täler nicht auffüllen können. Aus eigener Kraft werden sie die Berge nicht einebnen können. Sie werden Hilfe brauchen. Sie brauchen ein Wunder.
In dem nächsten Vers werden sie aufgefordert auf einen hohen Berg zu steigen. Die Berge sind ja noch nicht eingeebnet. Vom Bergzipfel aus sollten sie den Städten im Land Juda die Ankunft Gottes verkünden: „Seht, da kommt euer Gott“. Also, Gott kommt, bevor die Straße nach Jerusalem gebaut ist. Ja, der Baumeister kommt. Und er wird die Straße nach Jerusalem selber bauen …
Der letzte Abschnitt beschreibt Gottes Kommen. Er ist mächtig. Er herrscht mit großer Kraft. Der Lohn für seine Mühe, für den Bau der Straße nach Jerusalem ist sein Volk. Das ist ein schönes Bild. Gott füllt die Täler ein und ebnet die Berge. Er baut die Straße von Babylon nach Jerusalem. Und sein Lohn dafür sind die Menschen, die nach der Fertigstellung die Straße benutzen. Sein Lohn ist die Benutzung der Straße durch sein Volk.
Ich glaube, unser Vergleich mit der deutschen Autobahn kommt hier an seine Grenzen. Die Bauherren und Bauarbeiter der Autobahn geben sich nach als Lohn zufrieden damit, dass die Autobahn bloß benutzt wird. Sie wollen mit Euros bezahlt werden.
Ach so. Wissen Sie eigentlich, dass die unterschiedlichen Euro-Scheine Brücken und Bögen aus unterschiedlichen Zeitaltern abbilden? Je kleiner der Schein, desto älter die Brücke und der Bogen. Je größer der Schein, desto moderner sind die Bauwerke. Von der Antike beim 5-Euro-Schein und die Moderne beim 500-Euro Schein, den ich persönlich noch nie zu sehen bekommen habe. Ich schätze, den Bau der Autobahnen mit seinen modernen Brücken kann man nur mit 500-Euro-Scheine bezahlen.
Zurück zu Jesaja. Und ich komme zum Schluss: Der Herr kommt als ein mächtiger Gott und herrscht mit großer Kraft. Und er baut die Straße. Und im nächsten Vers: Er sorgt für sein Volk wie ein guter Hirte. Die Lämmer nimmt er auf den Arm und hüllt sie schützend in seinen Umhang. Die Mutterschafe führt er behutsam ihren Weg. Was ist das für ein Gottesbild?! Was ist das für eine Nebeneinanderstellung? Jesaja ändert plötzlich die Analogie: Macht und Kraft einerseits und Fürsorge, Schütz und behutsame Führung andererseits. Diese Kombination, liebe Gemeinde, gibt es nur bei unserem Gott. Bei dem Gott des Judentums und Christentums.
Derselbe Gott, der die Macht besitzt, Täler aufzufüllen und Berge einzuebnen besitzt auch die Sanftmut uns auf den Weg, den er für uns vorbereitet hat, mit Liebe und Zartheit zu führen. An diesem 3. Advent, denken wir an das baldige Kommen unseres Herrn. Wir bereiten uns auf sein Kommen vor. Und er kommt. Er kommt auf die Straße, die er selber gebaut hat in der Gestalt eines kleinen Kindes. Wer hätte das gedacht. Unser Gott ist wunderbar. Halleluja!
Möge Gottes Gnade und Friede durch unseren Herrn Jesus Christus mit uns sein. Amen.
Gerald MacDonald