Steh auf! Nimm Deine Matte! Und geh!
10.10.2021
Markus 2, 1-12
10.10.2021
Markus 2, 1-12
Wie schön ist es, Freunde zu haben. Mit ihnen kann ich über alles reden. Sie sind da, wenn ich sie brauche. Sie unterstützen mich und hören mir zu. Sie helfen mir, wenn es mir schlecht geht und untereinander können wir uns auch Dinge sagen oder auch sagen lassen, was sonst keiner so ohne weiteres darf. Eben Freunde. Haben Sie /habt Ihr solche Freunde?
In der Geschichte heute geht es um Freunde, um echte Freunde. Sie kümmern sich umeinander und wir haben ihre Geschichte gerade in einem Anspiel der Konfirmanden gesehen.
Markus 2, 1-12
21 Ein paar Tage später kam Jesus nach Kapernaum zurück. Es sprach sich herum, dass er wieder zu Hause war. 2 Daraufhin strömten so viele Menschen herbei, dass der Platz nicht ausreichte – nicht einmal draußen vor der Tür. Jesus verkündete ihnen das Wort Gottes.
3 Da brachten Leute einen Gelähmten zu Jesus. Er wurde von vier Männern getragen. 4 Aber wegen der Volksmenge konnten sie nicht bis zu ihm vordringen. Deshalb öffneten sie das Dachgenau über der Stelle, wo Jesus war. Sie machten ein Loch hinein und ließen den Gelähmten auf seiner Matte herunter. 5 Jesus sah, wie groß ihr Glaube war, und sagte zu dem Gelähmten:»Mein Kind, deine Sünden sind dir vergeben. «
6 Es saßen aber auch einige Schriftgelehrte dabei. Die dachten: 7 »Wie kann er so etwas sagen? Das ist Gotteslästerung! Nur Gott allein kann Sünden vergeben. « 8 Doch Jesus wusste sofort, was sie dachten. Er sagte zu ihnen: »Warum habt ihr solche Gedanken? 9 Was ist einfacher? Dem Gelähmten zu sagen:›Deine Sünden sind dir vergeben‹, oder: ›Steh auf, nimm deine Matte und geh umher‹? 10 Aber ihr sollt sehen, dass der Menschensohn von Gott Vollmacht bekommen hat. So kann er hier auf der Erde den Menschen ihre Sünden vergeben.«Deshalb sagte er zu dem Gelähmten: 11 »Ich sage dir: Steh auf, nimm deine Matte und geh nach Hause.« 12 Da stand der Mann auf, nahm rasch seine Matte und ging weg – vor ihren Augen. Sie gerieten außer sich, lobten Gott und sagten:»So etwas haben wir noch nie erlebt. «
Die Freunde haben zusammengehalten. Sie haben sich überlegt, wie sie dem Kranken, Gelähmten, helfen können. Von Jesus wussten sie, denn er war vor einiger Zeit schon einmal in Kapernaum gewesen. Er hatte Menschen geheilt und zu ihnen gesprochen. Sie glaubten und vertrauten ihm, dass er auch ihren kranken Freund gesund machen kann. Und so wurden sie aktiv.
Drei wichtige Aufforderungen sind mir beim Lesen des Textes sofort ins Auge gesprungen: Steh auf! Nimm deine Matte! Und geh!
Steh auf!
Alle, die wir hier heute zusammen gekommen sind und alle, die mit uns über das Internet diesen Gottesdienst mit feiern, sind aufgestanden. Manchen von uns fällt es morgens leicht, aus dem warmen gemütlichen Kissen zu steigen, manche quälen sich am Morgen. Ganz egal, wie es heute bei Euch /Ihnen war. Ihr seid aufgestanden. Aufstehen ist ein aktiver Vorgang und am Morgen bedeutet es, dass ein neuer Tag vor uns liegt. Keiner weiß am Morgen, wie er werden wird, der neue Tag. Aber er ist da.
Steh auf! – das kann aber auch noch mehr bedeuten. Es gibt Zeiten, da ist einem alles lästig und es drückt auf den Schultern. Da steht z. B. in der Schule eine Arbeit oder ein Test in einem Fach an, welches nicht zu den Lieblingsfächern gehört. Es zuckt ein Gedanke „Ach wenn der Tag doch endlich rum wäre“ durch das Gehirn. Bei einem anderen ist es vielleicht ein schwieriges Gespräch, das ansteht oder ein Streit mit einem Nachbarn. Diese Dinge können lähmen, können wie Blei an den Füßen kleben. Da kommt sogar die Sonne mit ihrer Strahlkraft nicht dagegen an. Und jede noch so gutgemeinte Aufforderung: Steh auf! Wird durch eine kleine Drehung auf die andere Seite ignoriert oder überhört.
Und auch wenn wir das nicht aussprechen – Jesus kennt diese Gedanken. Er kennt die Dinge, die lähmen und uns unbeweglich machen. Er lässt aber nicht locker und sagt immer wieder zu uns: Steh auf!
Nimm deine Matte!
Ich habe hier heute niemanden kommen sehen, der seine Matte mitgebracht hat. Das ist sicher gut, denn sonst wäre die Versuchung groß, sie jetzt auszurollen und sich wieder schlafen zu legen. Nein– der Aufforderung sind alle nachgekommen. Das Bett zu verlassen und nicht gleich wieder hinein zu sinken. Es heißt soviel wie: Verlass deine Komfortzone und dreh dich nicht um. Sieh dem neuen Tag und seinen Herausforderungen entgegen. Sei bereit für das, was heute auf dich zukommt und halte dich bereit. Vielleicht wirst du heute ganz besonders gebraucht. Da warten Menschen vor deiner Tür, für die du da sein kannst. Da wartet einer, der mit dir sprechen muss, vielleicht der Nachbar, mit dem du gestern noch Streit hattest. Verlass deine innere Trägheit und lass dich auf Neues ein.
Und geh!
Setz dich in Bewegung. Bleib nicht stehen oder sitzen, sondern geh. Geh auf den anderen zu, den du schon lange nicht mehr gesehen hast. Geh auf die Straße und unter die Menschen. Da wirst du sehen, wer dich heute braucht oder wer dich anspricht. Versuche Schritte aus dem bisherigen Trott herauszugehen und die Augen offen zu halten für den Nächsten. Geh in den neuen Tag und geh dorthin, wo du selbst innerlich auftanken kannst. Bei allem Gehen ist das, was in unserem Innersten ist – die Seele – auch ganz wichtig. Sie will umsorgt werden. Heute ist der internationale Tag der seelischen Gesundheit. Viele haben in den letzten Monaten gerade unter dieser Krankheit zu leiden. Viele sind aufgescheucht und verängstigt. Und sie wissen nicht, wie es weiter geht. An sie denken wir heute ganz besonders.
Steh auf, nimm deine Matte und geh!
Diese Worte sind an uns heute gerichtet. Wir brauchen unsere schweren Matten nicht mit uns herum zu schleppen – was für ein Segen. Wir dürfen diese Matten, das, was uns niederdrückt – auch heute zu Jesus bringen. Dabei müssen wir nicht fürchten, dass der Kirchensaal so voll ist, dass kein Platz mehr ist. Und es muss auch keiner auf das Dach klettern. Wir sind eingeladen, alles, was uns lähmt und niederdrückt, was uns krank macht an Sorgen und Ängsten vor Jesus zu bringen. Er will uns unsere Schuld vergeben, so wie wir es im Gebet sprechen, dass er uns selbst gegeben hat. Und wenn wir das tun, dann können wir erfahren, dass wir frei und erlöst sind.
Er kennt uns und unsere Gedanken. Alles, was wir ihm bringen, können wir unter das Kreuz legen. Wir dürfen es ablegen und dann befreit weitergehen. Er nimmt unsere Sünden – unsere Schuld – von uns und gibt uns wieder neuen Schwung und neue Lebenskraft. Und wenn wir das allein nicht schaffen aufzustehen und zu gehen?
Dann gibt es die Freunde, die wir anrufen können, die wir bitten können, uns dabei zu helfen. Gemeinsam können wir uns unter das Kreuz stellen und beten.
Jesus hat uns immer wieder gezeigt, wie wichtig Gemeinschaft untereinander und mit ihm ist. Gemeinsam Brot brechen, mit dem Sprachlosen reden, mit dem Einsamen das Haus, die Wohnung teilen, mit dem Fertigen ein Ziel suchen, dazu lädt uns Jesus ein.
Amen
Gabriele v. Dressler