Mache dich auf und werde licht!
06.01.2021 (Epiphanias),
Jesaja 60, 1-6
06.01.2021 (Epiphanias),
Jesaja 60, 1-6
Liebe Gemeinde,
Begegnungen mit der Dunkelheit haben wir alle schon einmal gemacht. Wenn es so richtig dunkel ist, dann entfaltet sich die Phantasie in uns. Aus bekannten Gegenständen im Zimmer werden Ungeheuer und wenn noch ein klitzekleines Licht draußen vorbeieilt, dann wandern Schatten an der Wand entlang. Das hat mir damals große Angst gemacht. Das erinnere ich noch aus meiner Kindheit. Ich wollte nie ganz im dunklen Zimmer sein – obwohl ich mein Zimmer mit meinen beiden älteren Schwestern teilte. So bastelte mein Vater für unsere Kinderzimmer kleine Herrnhuter Sterne, die dann in der Nacht leuchteten. Dieses Licht reichte aus, um der Dunkelheit die Schrecken zu nehmen. Dunkelheit und Finsternis verbreiten ein Gefühl der Angst und des Ausgeliefertseins. Aber erst, wenn es richtig dunkel ist, dann kommt das Licht – selbst eines Sterns oder kleinen Kerze – erst richtig zu Geltung.
In unserem Predigttext heute geht es auch um Finsternis und Licht. Wir hören die Worte des Propheten Jesaja aus dem 60. Kapitel, die Verse 1-6:
1 Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des HERRN geht auf über dir! 2 Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. 3 Und die Völker werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht. 4 Hebe deine Augen auf und sieh umher: Diese alle sind versammelt, kommen zu dir. Deine Söhne werden von ferne kommen und deine Töchter auf dem Arm hergetragen werden. 5 Dann wirst du es sehen und vor Freude strahlen, und dein Herz wird erbeben und weit werden, wenn sich die Schätze der Völker am Meer zu dir kehren und der Reichtum der Völker zu dir kommt. 6 Denn die Menge der Kamele wird dich bedecken, die jungen Kamele aus Midian und Efa. Sie werden aus Saba alle kommen, Gold und Weihrauch bringen und des HERRN Lob verkündigen.
Finsternis bedeckt das Erdreich. Schon gleich am Anfang der Bibel lesen wir, dass Finsternis auf der Tiefe lag. Und das erste, was Gott machte war Licht! Und dann trennte er das Licht von der Finsternis. Ohne Licht ist kein Leben möglich. Wir brauchen, genauso wie die Pflanzen und die Tiere das Licht zum Leben. Jedes noch so kleine Samenkorn bricht sich einen Weg ans Licht. Das Licht ist unabdingbar für unser Leben.
Jesaja ruft: Mache dich auf und werde licht! Diese Botschaft ist eine Lichtbotschaft. Die Zeiten der Trauer und der Dunkelheit sollen nun zu Ende sein. Zion ist der Heilige Berg, auf dem König Salomo den Tempel gebaut hat. Die Tochter Zions, das ist die Stadt Jerusalem. Tochter Zion, freue dich, jauchze laut Jerusalem. Sieh, dein König kommt zu dir. So haben wir es auch in der Adventszeit wieder gesungen. Als der Tempel zerstört wurde und viele aus dem Volk Israel in babylonische Gefangenschaft kamen, da trauerte die Tochter Zion mit Jerusalem. Nun aber kehren die Menschen zurück in ihre Heimat. Zion erstrahlt in neuem Glanz. Eine Wende ist eingeläutet. Über Trauer und Finsternis geht die Herrlichkeit Gottes auf. Hebe deine Augen auf! Es kommen andere Zeiten. Gott selbst kommt in diese Stadt, Ja, er kommt in unsere Welt. Und so möchten wir auch heute ganz laut rufen: Tochter Zion, freue dich! Gerade haben wir Weihnachten gefeiert und an das große Wunder der Menschwerdung Gottes in unserer Welt gedacht. Sein Licht ist zu uns gekommen und will die Finsternis erhellen. Wir dürfen unsere Augen heben und alles, was uns an Finsternis, Sorgen und Dunkel gefangen nimmt, zurück lassen. Das Licht kommt gerade in die Dunkelheit und will es hell machen. Dabei geht es um das Licht, das in uns wohnen möchte. Gott wendet sich uns zu – Dir und mir. Er kennt die Finsternis in uns. Er kennt die trüben Gedanken, die sich wie Ketten um unsere Seelen legen und die uns zu Boden drücken. Gott möchte Licht in unser inneres Chaos bringen, so wie er es am Anfang der Welt getan hat. Wir sehnen uns nach dem Licht, dass uns Hoffnung und Zuversicht bringt.
Diese Zeiten, in denen wir leben sind nicht wirklich hell. Erdbeben in Kroatien und Norwegen erschüttern die Welt und bringen so viel Leid. Wir haben in den vergangenen Tagen wieder besonders von den katastrophalen Flüchtlingsunterkünften auf den griechischen Inseln und in Bosnien gehört, wo Menschen in Schlamm und Zelten hausen. Wir haben vom Hurrikan Iota gehört, der weite Teile Nikaraguas und Mexikos verwüstet und viele Todesopfer gefordert hat. Und nicht zuletzt hat uns immer noch das Virus im Griff. Jeden Tag sterben Menschen auf den Intensivstationen und Krankenhäuser wissen nicht mehr, wie sie noch Menschen aufnehmen sollen, weil das medizinische Personal an der Belastungsgrenze ist. Und andere gehen mehr und mehr sorglos mit den Vorsichtsmaßnahmen um, dass einem die Worte fehlen. Die Dunkelheit um uns und in uns ist groß.
Aber da kündigt sich das Licht an und richtet unseren Blick nach oben. Gottes Glanz ist da und lässt uns zuversichtlich werden.
Wir feiern heute Epiphanias, das Fest der Erscheinung. Für uns hat dieser Tag eher eine untergeordnete Bedeutung. Aber in den östlichen Kirchen, der griechisch- und russisch-orthodoxen Kirche und in der Kirche von Äthiopien wird heute Weihnachten gefeiert. Die Weisen aus dem Morgenland, die nun auch zur Krippe gekommen sind mit ihren Kamelen und ihren Schätzen, sie gehören dazu. Sie bringen ihre wertvollen Geschenke und sie verneigen sich vor dem neugeborenen König, den sie zunächst im Palast des Herodes gesucht hatten. Durch ihr Niederknien bringen sie diesem Kind Ehrerbietung dar und legen damit ein Bekenntnis ab, dass dieses Kind das Licht, der Retter der Welt ist.
Und so wie die Weisen aus dem Morgenland zu diesem Licht der Welt gefunden haben, so sind auch wir eingeladen, dieses Licht aus Bethlehem zu finden und es in uns aufzunehmen. Dieser freudenreiche Strahl will auch unsere Herzen erreichen und hell und licht machen. Und was sind unsere Schätze die wir zu Jesus bringen können? Sind es schöne Lieder und Psalmen oder Bläserklänge?
Jesus möchte, dass wir ihn nicht nur mit den Lippen, sondern auch mit unserem Herzen bekennen. Wenn wir ihm unser Herz schenken, dann schenken wir ihm alles, was wir sind und haben. Dann kann er bei uns einziehen und in uns wohnen. Dann werden unsere Dunkelheit und unsere Angst kleiner und kleiner. Dann dürfen wir die Hoffnung haben, dass auch unsere Finsternis licht wird.
Gott will im Dunkeln wohnen und hat es doch erhellt. Wo er ist, hat nicht das Dunkel über uns die Macht, sondern das Licht.
Die Erfahrungen, die wir im Laufe unseres Lebens mit der Dunkelheit machen, sie führen uns zum Licht. So, wie wir als Kinder den Stern in unserem Kinderzimmer hatten, der uns gezeigt hat, dass es nicht ganz dunkel um uns ist – auch nicht in der Nacht. Die Nächte unseres Lebens werden hell, wenn wir Jesus in unser Herz strahlen lassen.
Noch hängen sie, die Sterne und die vielen Lichter in den Häusern und Wohnungen. Sie wollen Zeichen dafür sein, dass Gottes Licht in diese Welt gekommen ist und wir dieses Licht als Lichtträger weiter verbreiten sollen.
Und so können wir mit Worten von Gerhard Teerstegen beten:
Treuer Immanuel werd auch in mir nun geboren. Komm doch, mein Heiland, denn ohne dich bin ich verloren. Wohne in mir, mache mich eins nun mit dir, der mich zum Leben erkoren.
Gabriele von Dressler