Im Schiff, das sich Gemeinde nennt, muss eine Mannschaft sein
06.02.2022 (4. So. v. Pz.)
Gedenken 70 Jahre Kirchengemeinde Königsfeld
Mt 14, 22 – 33
06.02.2022 (4. So. v. Pz.)
Gedenken 70 Jahre Kirchengemeinde Königsfeld
Mt 14, 22 – 33
Rembrandt: Der Sturm auf dem See Genesareth
Gnade sei mit euch und Friede durch unseren Herrn Jesus Christus. Amen
Liebe Festgemeinde,
vor 70 Jahren
Vor 70 Jahren
Vor 70 Jahren
Vor 70 Jahren
So kam es, dass der Berat der Landeskirche am 18. August 1950 folgenden Brief an den Oberkirchenrat in Karlsruhe schrieb. Zitat aus Brief Beirat 18.08.1950 (Anlage 1)
Nun gingen die Verhandlungen zwischen der Brüdergemeine und der Landeskirche los. Auch in Königsfeld wurde noch manches mal gestritten über die Frage, ob man nicht doch diesen oder jenen Pfarrer als Landeskirchler herholen sollte, einen, der einem politisch oder glaubensmäßig näher stand.
Aber letztlich blieb es bei dem Konzept: Die Versorgung zweier Gemeinden durch ein Pfarramt, damals noch durch einen Pfarrer. Erst nach und nach kamen Helfer, Vikare und schließlich ein zweiter Pfarrer hinzu.
Die Synode der Badischen Landeskirche beschließt im Herbst 1951 die Gründung einer evangelischen Kirchengemeinde Königsfeld, die dann vertraglich mit der Brüdergemeine Königsfeld zusammenarbeitet. Am 6. Februar 1952 ist es in Königsfeld so weit. Es findet die feierliche Gründungsversammlung statt. Ab diesem Zeitpunkt wird jeden Monat ein Gottesdienst nach Ordnung der Landeskirche gehalten. Br. Gärtner trägt den Talar statt eines Gehrocks, die eigens angeschafften Gesangbücher werden in Gebrauch genommen. Dann sind Wahlen zum Kirchengemeinderat zu organisieren. Währenddessen formulieren die Kirchenleitungen den Vertrag fertig, der im Mai in Bad Boll und in Juni in Karlsruhe unterzeichnet wird.
Im Jahresbericht des Jahres 1952 berichtet Pfarrer Gärtner mit einem gewissen Hochgefühl: Zitat aus Jahresbericht 1952 (Anhang 2)
So ging es los vor 70 Jahren, dieses Wagnis, von dem keiner wusste, ob es klappen würde. Da war viel Vision und Mut dabei. Man steig aus dem sicheren Schiff des Bekannten heraus und begab sich auf unsichere Wogen.
Am 30. September 1951 – an dem Wochenende hatte eine hochrangige Delegation beider Kirchenleitungen mit Landesbischof Bender und Diretionsmitglied Renkewitz an der Spitze mit örtlichen Vertretern die Eckepunkte besprochen – vermerkt der Protokollant: „Es wird die Zukunft zeigen müssen, ob beide Gemeinden die in Aussicht genommene Regelung als befriedigend ansehen werden.“
Es war ein Schritt ins Unbekannte. So wie damals Petrus, als er mitten in Nacht und Sturm aus dem Boot steigt. Hören wir den Predigttext des heutigen 4. Sonntag vor der Passionszeit aus Matthaus 14, 22 – 33
22 Und alsbald trieb Jesus seine Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm hinüberzufahren, bis er das Volk gehen ließe.
23 Und als er das Volk hatte gehen lassen, [a]stieg er allein auf einen Berg, um zu beten. Und am Abend war er dort allein.
24 Und das Boot war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen.
25 Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem See.
26 Und als ihn die Jünger sahen auf dem See gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst!, und schrien vor Furcht.
27 Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin’s; fürchtet euch nicht!
28 Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser.
29 Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu.
30 Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Herr, hilf mir!
31 Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?
32 Und sie traten in das Boot und der Wind legte sich.
33 Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!
Es ist manches verwunderlich an dieser Geschichte. Aber vieles auch sehr einleuchtend. Nach vielem Predigen mit vielen Menschen und der Speisung der 5000 Leute brauchen Jesus und Jünger eine Pause. Jesus geht auf einen Berg, um zu beten. Die Jünger schickt er mit dem Boot über das Meer. Kein Problem, sie sind teils Fischer, das können sich auch alleine.
Es ist aber besonders widriges Wetter. Ein Sturm kann in der Gegend recht plötzlich aufziehen. Besonders ärgerlich: der Wind bläst ihnen entgegen. Sie kommen nicht voran. Die ganze Nacht bringen sie so auf dem Meer zu.
Es ist ein wenig wie in dieser Pandemie.
Da dachten wir, nach dem Sommer wäre sie zuende. Dann kam die dritte Welle.
Dann dachten wir, danach wäre die Not zuende.
Dann kam die vierte Welle.
Es geht nichts voran, der Wind bläst entgegen,
die Kräfte lassen nach,
niemand kann und mag mehr.
So erleben die Menschen es immer wieder, auch die Christen in ihrem Aufgabenbereich. Es bläst einem oft der Weg ins Gesicht und nichts geht voran.
Die Geschichte zeigt. Jesus betet, er ist in Kontakt mit Gott. Vielleicht können wir das als Bild nehmen: auch heute tritt Jesus für seine Gemeinde ein. Sie ist nicht vergessen.
Und Jesus lässt sich durch nicht abhalten, seiner Gemeinde zur Hilfe zu eilen. Wind und Wellen: Kein Problem für Jesus. Die Hälfte eines Sees, kein Problem, geht er drüber.
Meinen wir also nicht, wir kämpften alleine gegen den Wind. Die Jünger können sich das alles nicht vorstellen, wie Jesus plötzlich auf dem Wasser steht, wie auch, und erschrecken zu Tode. Dann der Satz, noch auf dem Wasser: Seid getrost, ich bin’s; fürchtet euch nicht! Das muss uns manchmal, ja, sehr oft, gesagt werden.
Bei Petrus ist die Furcht nun wie weggeblasen. Ihn packt der Mut, wenn nicht gar der Übermut. Herr, soll ich zu dir kommen? Komm. Und er geht. Bis ihn der Mut verlässt, er Jesus aus den Augen verliert.
Ich finde diesen Ausstieg von Petrus zwiespältig. Auf der einen Seite: wir müssen ab und zu Mut haben, aus dem alten Kahn zu steigen. Gut so.
Auf der anderen Seite: Ist das nicht ein bisschen sportlich? Verhebt sich der Petrus da nicht ein wenig? Muss man unbedingt das Unmögliche wollen?
Das ist für die Kirche vielleicht heute auch so.
Wir merken, dass wir wohl wieder das Bekannte verlassen müssen.
Das Geld und das Personal werden auf die Dauer nicht reichen,
um alles so fortzuführen wie heute.
Sollen wir einfach realistisch sein
und uns auf das Unvermeidliche einstellen?
Oder können wir hoffen,
dass sich der Schrumpfkurs noch kehren lässt.
Wo ist Mut angesagt
und wo verheben wir uns?
Jesus sagt zu Petrus: Dein Glaube ist klein. Aber er hat immerhin gereicht, um im rechten Moment um Hilfe zu rufen und die ausgestreckte Hand von Jesus zu ergreifen. Es ist gut, zu wissen, dass der kleine Glaube reicht. Denn es kommt nicht auf die eigene Kraft an, sondern dass man ruft und die Hand ergreift. Es gilt das Wort von Jesus: Seid getrost, ich bin’s; fürchtet euch nicht!
Weil es gilt, haben wir es aufgeschrieben für Sie. Schw. Raabe hat diese Merkzeichen für Sie fertig gemacht, damit wir es im Gedächtnis behalten. Nehmen Sie sie nachher mit.
Amen
Christoph Huss