Predigt: Gottes Vorgaben vertrauen
19.07.2020 (6. Sonntag nach Trinitatis), Dtn 7: 6 – 11
19.07.2020 (6. Sonntag nach Trinitatis), Dtn 7: 6 – 11
Der heutige Predigttext steht im 5. Buch Mose, Kapitel 7, 6 -11.
An einem wichtigen Punkt der Geschichte des Volkes Gottes, zwischen Wüstenwanderung und dem Sesshaftwerden, schwört Mose seine Leute darauf ein, weiter mit Gott verbunden zu bleiben.
6 Du bist ein heiliges Volk dem HERRN, deinem Gott. Dich hat der HERR, dein Gott, erwählt zum Volk des Eigentums aus allen Völkern, die auf Erden sind.
7 Nicht hat euch der HERR angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker – denn du bist das kleinste unter allen Völkern –,
8 sondern weil er euch geliebt hat und damit er seinen Eid hielte, den er euren Vätern geschworen hat. Darum hat der HERR euch herausgeführt mit mächtiger Hand und hat dich erlöst von der Knechtschaft, aus der Hand des Pharao, des Königs von Ägypten.
9 So sollst du nun wissen, dass der HERR, dein Gott, allein Gott ist, der treue Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit bis ins tausendste Glied hält denen, die ihn lieben und seine Gebote halten,
10 und vergilt ins Angesicht denen, die ihn hassen, und bringt sie um und säumt nicht, zu vergelten ins Angesicht denen, die ihn hassen.
11 So halte nun die Gebote und Gesetze und Rechte, die ich dir heute gebiete, dass du danach tust.
Liebe Schwestern und Brüder!
Manchmal werden wir ausgewählt und manchmal wählen wir selbst.
Manchmal entscheiden wir selbst. Und manchmal wird für uns entschieden.
Das Leben besteht aus beidem.
Wir leben gerade in einer ermüdenden Zeit.
Nichts läuft einfach Standard wie immer.
Ständig gibt es neue Vorgaben und Hinweise – da entscheiden andere für uns –
Und dann müssen wir wieder entscheiden,
was wir damit anfangen, was wir wie umsetzen. Und das oft von einem Moment auf den anderen.
Das eine mal dürfen wir wählen, wir müssen wählen und entscheiden. Und dann auch mit unserer Entscheidung leben.
Das andere Mal werden aber auch wir ausgewählt. Andere entscheiden für uns.
Das Ausgewählt-werden kann angenehm oder lästig sein.
Angenehm ist es, …
Manchmal möchte man aber lieber nicht gewählt werden, …
Das eine Mal dürfen wir wählen, wir müssen wählen und entscheiden.
Das andere Mal werden aber auch wir ausgewählt. Andere entscheiden für uns.
Das Leben besteht aus beidem.
Im Predigttext aus dem 5. Buch Moses hieß es: Du bist ein Volk, das dem Herrn, deinem Gott, heilig ist. Dich hat der Herr, dein Gott, ausgewählt.
Ursprünglich richtet sich der Abschnitt aus dem 5. Buch Moses an das Volk Israel.
In einer entscheidenden Phase zwischen der Zeit in der Wüste – immer unterwegs, als Volk allein, auf sich gestellt, angewiesen auf Gottes Leitung – und dem Sesshaftwerden – unter Nachbarn, mit ganz neuen Fragen und Herausforderungen – nimmt sich der große Gottesmann Moses sein Volk noch einmal vor und schwört sie ein: bleibt bei Gott, der euch bisher geleitet hat, achten darauf, was er euch gesagt hat in den Geboten und hört weiter auf ihn, und auf einander.
Er will euch segnen. Das kann er aber nur, wenn ihr offen seid für ihn.
Wir merken: auch hier hat ausgewählt sein etwas Schönes, weil man sich von Gott gesegnet weiß, aber es hat auch etwas Verpflichtendes.
Wie kommt Gott eigentlich dazu, dieses eine Volk auszuwählen?
Warum spielt die Geschichte Gottes mit den Menschen sich erst in diesem kleinen Rahmen ab?
Ist Israel etwas Besonderes?
Diese Vermutung wird sogleich zerstreut.
7 Nicht weil ihr zahlreicher als die anderen Völker wäret, hat euch der Herr ins Herz geschlossen und ausgewählt; ihr seid das kleinste unter allen Völkern.
So ist Gott!
Er ist den hoch Angesehenen nicht näher als denen am Rande.
Im Gegenteil: oft sind es eher die Armen und Habenichtse, die seine Zuwendung erfahren.
Und andere merken gar nicht, wie sie beschenkt werden.
Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Bibel.
Bis hin zu Jesus, der in einem Stall geboren wird.
Bei Jesus ändert sich allerdings die Richtung der Zuwendung Gottes grundlegend.
Bis dahin hat Gott sich nur an das eine Volk der Juden gerichtet.
Aber nun öffnet sich der Horizont.
Zu seinen Jüngern sagt er:
19 Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes,
20 und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.
(= Evangelium des heutigen Sonntages)
Gott möchte, dass alle Menschen zu seinem Volk gehören.
Jetzt gilt für alle Menschen,
was einst Moses zum Volk Israel gesagt hat:
Du bist ein Volk, das dem Herrn, deinem Gott, heilig ist. Dich hat der Herr, dein Gott, ausgewählt,
Jesus sagt auch gleich, auf welche Weise Menschen dem Volk Gottes eingefügt werden sollen.
Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Egal, ob man als kleines Kind getauft wurde und dann in den Glauben hineinwächst
oder man sich als Erwachsener auf Grund des Glaubens für die Taufe entscheidet:
in der Taufe und im Glauben wird das Band zwischen Gott und einem einzelnen Menschen geknüpft.
In dieser Beziehung ist dann wieder beides:
Wir wurden gewählt und haben auch selbst gewählt, einer hat sich für uns entschieden und wir entscheiden uns.
In beidem liegt ein Wirken Gottes.
So ist das Leben.
Und so ist auch der Glaube.
Man weiß manchmal gar nicht so genau, wo nun die Anteile lagen, bei Gott oder bei mir.
Wenn wir in dieser Zeit ständig mit neuen Entscheidungen anderer über uns konfrontiert werden, scheint es mir ganz wichtig, diesen Vorgaben vertrauen zu können.
Wir sind darauf angewiesen, anderen zu vertrauen.
Wir können nicht alles selbst überschauen und durchdenken.
Auch wenn Gott einen Weg für uns hat, müssen wir vertrauen, dass es ein guter Weg ist.
Es ist sinnvoll, seinen Vorgaben zu vertrauen.
Vertrauen müssen und können wir auch, wenn wir Dinge zu entscheiden haben.
Wir kennen uns und wissen, wo wir uns auf uns und unser Urteil verlassen können und wo wir lieber andere mit einbeziehen.
Manchmal schätzen wir auch etwas falsch ein; dann lernen wir dazu.
In beidem gilt Gottes Zusage (Jes 43,1):
Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!
Amen
Chr. Huss