Glauben braucht Vertrauen
11.04.2021 (Quasimodogeniti)
Johannes 21, 1-14
11.04.2021 (Quasimodogeniti)
Johannes 21, 1-14
Vor sieben Tagen haben wir das Osterfest gefeiert. Einen herrlichen Sonnenaufgang konnten wir am Ostermorgen beobachten und die besondere Feier auf dem Gottesacker am Morgen gab uns Auferstehungshoffnung.
Doch was ist davon geblieben? Kaum waren die Feiertage vorbei, kam der Winter mit viel Schnee zurück. Die Pandemielage hat sich auch nicht schlagartig verändert. Ist denn nach diesen Festtagen alles wieder beim Alten?
So oder so ähnlich werden es die Jünger empfunden haben, die nach dem ersten Osterfest wieder in ihren Alltag zurückkehrten. Sie konnten nicht glauben, was da passiert war. Erst hat es ihnen Maria Magdalena erzählt, eine der Frauen, die Ostern am Grab waren, dann kam Jesus selbst zu ihnen. Und doch, sie konnten es nicht glauben. Und nun zeigt sich Jesus den Jüngern ein weiteres Mal.
Der Auferstandene am See von Tiberias
1 Danach offenbarte sich Jesus abermals den Jüngern am See von Tiberias. Er offenbarte sich aber so: 2 Es waren beieinander Simon Petrus und Thomas, der Zwilling genannt wird, und Nathanael aus Kana in Galiläa und die Söhne des Zebedäus und zwei andere seiner Jünger. 3 Spricht Simon Petrus zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sprechen zu ihm: Wir kommen mit dir. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts. 4 Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. 5 Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. 6 Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie es aus und konnten’s nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische. 7 Da spricht der Jünger, den Jesus lieb hatte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte: »Es ist der Herr«, da gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich in den See. 8 Die andern Jünger aber kamen mit dem Boot, denn sie waren nicht fern vom Land, nur etwa zweihundert Ellen, und zogen das Netz mit den Fischen. 9 Als sie nun an Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer am Boden und Fisch darauf und Brot. 10 Spricht Jesus zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt! 11 Simon Petrus stieg herauf und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss doch das Netz nicht.12 Spricht Jesus zu ihnen: Kommt und haltet das Mahl! Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten: Es ist der Herr. 13 Da kommt Jesus und nimmt das Brot und gibt’s ihnen, desgleichen auch den Fisch. 14 Das ist nun das dritte Mal, dass sich Jesus den Jüngern offenbarte, nachdem er von den Toten auferstanden war.
Lutherbibel 2017
Die Jünger von Jesus waren nach Ostern nicht fröhlich und euphorisch, sie waren von den Ereignissen der letzten Wochen noch so mitgenommen, dass sie ihren Kopf nicht frei bekamen. In ihnen war es noch dunkel und leer. Die Auferstehungsfreude konnte sie noch nicht wirklich erreichen. Und was machten sie in ihrer Traurigkeit? Sie gingen dem nach, was sie über viele Jahre vorher gemacht hatten, sie gingen fischen. Sich mit Arbeit ablenken, das gibt ihnen Sicherheit, das gibt ihnen einen Sinn im Leben. Gerade jetzt, wo alles so sinnlos erschien – ohne ihren Meister Jesus.
Sich mit Arbeit ablenken, das kennen wir auch aus unseren Tagen. Augen und Ohren verschließen gegenüber den Nachrichten und Meldungen, die uns täglich erreichen. Die Probleme in unserer Welt wollen nicht abnehmen. Ganz im Gegenteil. Ein Thema überlagert alle anderen und nur im ganz genauen Hinhören nehmen wir sie wahr. Die Verletzungen gegen Menschenrechte, die weltweit wieder zugenommen haben. Die Machthaber, die sich stillschweigend eine Amtszeitverlängerung utopischen Ausmaßes erschlichen haben. Die Präsidenten, die ihr Militär an der Grenze zum nächsten Land aufrüsten. Um nur einige Beispiele zu nennen. Arbeiten, um nicht nachdenken zu müssen. Ist das der richtige Weg? Oder zeigt es eher unsere Hilflosigkeit? Die Jünger damals tun es- sie lenken sich mit Arbeit ab und sie müssen es auch tun, denn es ist ihre Lebensgrundlage. Sie müssen etwas zum Leben, zum Essen haben.
Also fahren sie hinaus auf den See. Die Gedanken sind sicher noch ganz woanders, aber die Abläufe gehen ihnen wie von selbst aus der Hand. Netz auswerfen und warten, warten, warten. Ob ihre Erwartung sehr hoch war, viele Fische zu fangen? Auf jeden Fall war ihre Enttäuschung groß. Denn am Ende des Fischens hatten sie keine Fische im Netz. Wieder nichts am Ende herausgekommen – alles umsonst. Kennen wir das auch? Gerade im letzten Jahr haben wir uns viele verschiedene Projekte einfallen lassen. Live-Übertragung der Gottesdienste, Online Kindergottesdienste, Kindermutmachtage mit selbstgedrehten Kurzfilmen, die bis in die Nacht noch fertig geschnitten und hochgeladen werden mussten. Glaube im Gespräch – online um nur einiges zu nennen. Und am Ende? Wir wissen es gar nicht, ob diese Dinge wirklich Menschen erreicht haben, weil wir den direkten Kontakt nicht haben und die übermittelten Zahlen – die sogenannten Einschaltquoten – gar nicht aussagekräftig sind. Wir haben im übertragenen Sinn unser Netz ausgeworfen – aber was und wen wir erreicht haben, das wissen wir nicht.
Und die Jünger? Sie waren sicher enttäuscht von ihrem missglückten Fischfang. Doch da steht einer am Ufer und spricht zu ihnen. Da redet sie einer an und fordert sie auf, das gleiche noch einmal zu tun – dieses Mal aber auf der anderen Seite des Bootes. Wieder rausfahren und fischen. Sie überlegten nicht lange und taten es. Und es dauerte auch gar nicht lange, da war das Netz voller Fische.
Und mit einem Mal erwachen sie aus ihrer Leere. Mit einem Mal wird es hell um sie herum und in ihnen. Johannes erkennt Jesus und dann auch Petrus. Und Petrus in seiner überschwänglichen Art springt ins Wasser und schwimmt zum Ufer – zu Jesus hin. Wie Schuppen von den Augen, so blättert es von allen ab. Jesus ist da. Er steht da am Ufer. Er wartet auf sie. Und nicht nur einfach so. Er hat alles fertig gemacht zu einem Festmahl. Sie brauchen nun nicht mehr zu fragen, wer dieser Mann ist. Sie wissen es. Es ist Jesus. Und er teilt Brot und Fische mit ihnen. Jesus will auch uns die Schuppen von den Augen nehmen. Jesus kehrt die Nacht in den Tag, das Dunkle ins Helle, die Kälte in Wärme.
Er zeigt uns jeden Morgen, dass er mit uns unterwegs ist. Er sitzt mit uns am gedeckten Tisch. Er begleitet uns durch den Tag hindurch und schickt uns Menschen, die mit uns reden, die für uns da sind. Wir dürfen überall und immer mit seiner Gegenwart rechnen. Er rechnet mit uns als Menschen und nicht mit Zahlen.
Petrus reagierte damals prompt mit dem Sprung ins Wasser. Der Theologe Fulbert Steffensky schrieb 2010: „Das Geheimnis des Glaubens ist wie ein tiefes Wasser, in das man springt, ohne dass man genügend schwimmen kann.“
Der Glaube ist ein Geheimnis, auf das es sich einzulassen lohnt. Glaube bedeutet Vertrauen. Wir können und dürfen uns fallen lassen in Gottes Wort und in seine Arme. Und je mehr wir darin zu Hause sind, desto mehr spüren wir seine große Liebe, die uns umfängt.
Was bleibt nun von der Osterfreude, die wir am vergangenen Sonntag erlebt haben? Wir dürfen aus der Hoffnung heraus leben, dass Jesus das Dunkel und den Tod ein für alle mal überwunden hat. Mit ihm kommt Licht und Leben in unsere Welt. Wir können ihn immer wieder bitten, dass er uns unseren Glauben stärkt.
Amen
Lasst uns das Leid singen: Ich möchte Glauben haben, der über Zweifel siegt
Gabriele von Dressler