Engel sind Grenzgänger
Ansprache 26.06.2022 (Kasualpredigt)
Psalm 91, 11f
Ansprache 26.06.2022 (Kasualpredigt)
Psalm 91, 11f
© Mizumishinoda / CC BY-SA 4.0 (bearbeitet)
Liebe Gemeinde,
nachdem zwei der Täuflinge den Taufspruch aus Psalm 91 bekommen haben, will ich die Ansprache über diese Verse aus dem Psalm halten.
11 Der Herr hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, 12 dass sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.
Das ist es ja, was Eltern ihren Kindern wünschen, dass sie behütet werden. Die Eltern passen ja auch gut auf – aber sie wissen, dass sie nicht immer zur Stelle sein können.
Engel also.
Wie sehen Engel eigentlich aus? Es wird ja in der Bibel von Ihnen berichtet. Da gibt es auch die ein oder andere Beschreibung. Da sie Boten Gottes sind und also aus dem Himmel kommen, müssen sie wohl Flügel haben.
Ich wollte als Kind immer den Engel sehen, der auf mich aufpasst, wie ich es in dem Abendlied gesungen hatte. Manchmal lag ich im Bett und habe ganz schnell die Augen aufgemacht Ich habe ihn aber nie gesehen.
Manche Leute denken, sie entspringen der menschlichen Phantasie und seien eher etwas für den kindlichen Glauben. Ich habe aber im Laufe meiner Dienstjahre drei erwachsene Leute kennen gelernt, die mir von Engel erzählt haben und bei denen ich dachte, das sind eigentlich ganz nüchterne Leute.
Einen besuchte ich auf meinen Reisen im Bereich. Und da erzählen einem manchmal Leute etwas, was sie in direkten Umgebung für sich behalten. Der Mann hat das mit den Engeln selten Leuten erzählt, weil er sich nicht getraut hat. Er hat sie gesehen und gespürt.
Das andere war die Frau eines Pfarrers in Holland. Ich habe es von dem Pfarrer gehört. Sie sah manchmal Engel an seiner Seite, wenn er predigte.
Und das dritte war eine sehr bodenständige Frau aus Neugnadenfeld, hat mir eine Geschichte erzählte, wie eine Cousine von ihr im Krieg ganz allein in die Stadt gehen musste. Plötzlich kamen ihr zwei Männer entgegen. Sie hatte große Angst. Da kam eine alte Frau dazu, hat sich bei ihr untergehakt und die Männer konnten ihr nicht tun. Danach ist die alte Frau verschwunden. Als sie das zuhause erzählte, gab es niemanden, auf den die Beschreibung gepasst hätte. Die anderen sagten: es muss ein Engel gewesen sein.
Seit ich diese Geschichten gehört habe, denke ich: es gibt Engel. Auch wenn Vieles, was über sie erzählt wird, phantasievolle Spekulation ist, es ist was dran an den Erzählungen über Engel.
Die Evangelische Kirche hat absichtlich das Engelsfest beibehalten. Auch die Brüdergemeine feiert es immer Ende September.
Engel sind Boten Gottes. Sie gehören zu ihm. Der Herr hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.
Schauen wir noch einmal in die Bibel, wo Engel auftauchen. Zum einen tauchen sie auf in Grenzsituationen, in großer Gefahr, bei Jesus am Anfang seines Lebens, bei den Hirten auf dem Feld, und am Ende, um ihm in Gethsemane beizustehen.
Engel geben Antwort, geben Kraft und Trost. Sie kommen als Lichtgestalt oder auch in Alltagskleidern. Sie werden nicht immer gleich erkannt, oft erst hinterher. Und sie gehen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden.
Wenn mich einer fragt, ob ich glaube, dass Engel bestehen, würde ich sagen. Tatsache ist: Menschen haben sie getroffen und durch sie Hilfe erfahren. Tatsache ist auch: es ist noch nie einer gefangen worden und untersucht worden. Engel entziehen sich, sie gehen wieder.
Engel sind Grenzgänger. Sie sind Grenzgänger unseres Verstehens. Und sie sind Grenzgänger zwischen Himmel und Erde – sie gehören zu der unsichtbaren Schöpfung (Kol 1, 16).
Viele Geschichten und Vorstellungen entspringen menschlicher Phantasie. Das Mittelalter hat sich ganze Engelswelten erdacht. Manche religiöse Strömung hat das aufgegriffen und ausgebaut. Man staunt, was man da alles in Buchläden, im Devotionalienhandel und im Internet findet. Damit lässt sich anscheinend gut verdienen. Deshalb wären drei Dinge wichtig:
1. Wer mit Engeln zu tun hat, hat immer mit Gott zu tun. Sie sind Boten des Allmächtigen. Machen wir sie also nicht zu niedlich, sondern lassen uns von ihnen zu dem hinführen, der sie gesandt hat. Gott hat viele Weisen, uns nahe zu sein. Engel sind eine Weise.
2. Gott schickt uns seine Boten, aber er hat uns auch einen Verstand gegeben, mit dem wir Risiken abschätzen und selbst dazu beitragen können, uns nicht in Gefahr zu bringen. Einen Helm sollte man trotzdem tragen beim Skifahren und beim Fahrradfahren.
3. Wenn der Psalmbeter dichtet, dass uns die Engel auf Händen tragen und unsere Füße an keinen Stein stoßen, dann ist übertreibende poetische Sprache. Wir wissen, dass Kinder stolpern und Beulen bekommen, trotz der Engel. Gott bewahrt uns nicht vor allen Gefahren. Sondern er leitet uns hindurch.
Der Herr hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen. Die Boten aus dem Himmel gibt es, als Grenzgänger zwischen Himmel und Erde. Es lassen uns wissen, dass wir nicht allein sind und schutzlos, sondern beschützt und besucht.
Amen
Christoph Huss