Christen zwischen Torheit und Weisheit
16.01.2022 (2. Sonntag nach Epiphanias)
1. Kor 2, 1-10
16.01.2022 (2. Sonntag nach Epiphanias)
1. Kor 2, 1-10
Isenheimer Altar, Colmar; Foto: Jörgens.mi / CC BY-SA 3.0
Liebe Schwestern und Brüder,
Jesus brachte Licht und Freude in die Welt. Davon sprechen wir in der Epiphaniaszeit. Und auch das Evangelium dieses Sonntags von der Hochzeit in Kana erzählt uns, wie Jesus Menschen in Staunen versetzt. Jesus feiert mit und sorgt auf wundersame Weise dafür, dass der Wein nicht ausgeht. Von so einen Jesus möchte man ja gerne jedermann erzählen.
Das ist allerdings nun der erste Teil der Geschichte. Da kommt ja noch die andere, die von dem Leiden von Jesus, von seinem Tod und seiner Auferstehung. Das möchte man auch gerne erzählen. Aber es wird weniger leicht verstanden.
Die Erfahrung hat auch der große Apostel Paulus gemacht, als er auf Reisen ging. Paulus war in Tarsus in Kleinasien aufgewachsen. Dort hatte er das Gymnasium besucht und die Sprachen seiner Zeit kennen gelernt. Er sprach Hebräisch, Aramäisch, Griechisch und Latein. Anschließend ging er zum Studium nach Jerusalem und wurde dort von dem berühmtem Lehrer Gamaliel unterrichtet.
Paulus wurde selbst ein angesehener Gelehrter. Sein Weg führte ihn nach Damaskus, wo er Christen gefangen nehmen wollte, die aus seiner Sicht Irrlehren vertraten. Auf seinem Weg dorthin begegnete ihm der auferstandene Christus, stellte sein Leben und sein Denken auf den Kopf und rief ihn in sein Werk. Aus Saulus wurde Paulus. Er stand wieder ganz am Anfang und lernte mit großem Eifer die Grundlagen des Evangeliums. Bald war er auch in Fragen des Evangeliums ein Gelehrter und reiste als Apostel herum. Eifrig zog er auf seinen Missionsreisen in die Welt hinaus. Zunächst besuchte er die jeweiligen Synagogen und erklärte den Juden aus der Bibel das Evangelium und begründete, wie alles zusammenhing.
Für ihn, für Paulus, war alles klar, aber nur wenige schlossen sich der neuen Lehre an. Stattdessen verfolgte man ihn, warf ihn aus der Synagoge hinaus und verprügelte ihn. Sein ganzes Wissen war in der Mission nutzlos. Was nun? Das schickte Gott ihn nach Griechenland. Er fuhr nach Athen, der Hauptstadt Griechenlands, um den weisheitsliebenden Griechen das Evangelium zu bringen. Er sprach auf dem Areopag, jener Stelle in Athen, wo jeder sprechen durfte. Viele Menschen hörten ihm zu, wie er logisch das Evangelium erklärte. Ja, es passte alles zusammen, denn Gottes Weisheit wurde im Evangelium deutlich.
Aber dann sprach er vom Tod Jesus und von dem auferstandenen Christus, der ihm begegnet war. Das war nicht logisch. Das widersprach allen Erfahrungen. Die Menschen in Athen lachten ihn aus. „Das gibt es nicht. Darüber reden wir ein anderes Mal“, sagten sie.
So reiste er weiter nach Korinth, und wie es ihm da ging, darüber spricht er hinterher in einem Brief an die Korinther.
Textlesung 1. Kor 2, 1-10 (Basis-Bibel)
1 Brüder und Schwestern, ich bin damals zu euch gekommen, um euch das Geheimnis Gottes zu verkünden. Ich bin aber nicht mit großartigen Worten
oder mit Weisheit aufgetreten.
2 Denn ich hatte beschlossen, bei euch von nichts anderem etwas wissen zu wollen als von Jesus Christus – und besonders davon, dass er gekreuzigt wurde.
3 Ich trat mit einem Gefühl der Schwäche und zitternd vor Angst bei euch auf.
4 Ich setzte bei meiner Rede und meiner Verkündigung nicht auf die Weisheit
und ihre Fähigkeit zu überzeugen. Ihre Wirkung verdankte sich vielmehr dem Heiligen Geist und der Kraft Gottes.
5 Denn euer Glaube sollte nicht aus menschlicher Weisheit kommen, sondern aus der Kraft Gottes.
6 Und doch verkünden wir eine Weisheit – und zwar denen, die dafür bereit sind.
Es ist eine Weisheit, die nicht aus dieser Welt stammt. Sie kommt auch nicht von den Herrschern unserer Welt, die ja zum Untergang bestimmt sind.
7 Nein, wir verkünden die geheimnisvolle Weisheit Gottes, die bis jetzt verborgen war: Schon vor aller Zeit hatte Gott bestimmt, uns Anteil an seiner Herrlichkeit zu geben.
8 Keiner von den Herrschern unserer Zeit hat diese Weisheit erkannt. Sonst hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt.
9 In der Heiligen Schrift heißt es dazu: »Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, worauf kein Mensch jemals gekommen ist – all das hält Gott für die bereit, die ihn lieben.«
10 Uns aber hat Gott dieses Geheimnis durch den Heiligen Geist enthüllt. Denn der Heilige Geist erforscht alles, selbst die unergründlichen Geheimnisse Gottes.
Gottes Herrlichkeit, sein erleuchtendes Licht, seine verändernde Kraft, die wurde im Auftreten von Jesus sichtbar. Die Jünger hatten erfahren, dass Jesus lebt. Er war auferstanden, seine Sache ging weiter.
Aber sie versuchten auch verstehen, warum er durch den Tod gegangen war. Es war ja offensichtlich der Weg gewesen, den Jesus gewusst gegangen war, auch wenn er schwer war.
Was ihnen beim Verstehen half, waren die erklärenden Worte, die Jesus bei der letzten Passahfeier mit ihnen gesprochen hatte. Er hatte das Brot wie üblich gebrochen, aber dazu gesagt: auch mein Leib wird gebrochen, für Euch. Er hatte den Becher mit Wein mit üblich herumgereicht, aber dazu gesagt: mein Blut, für Euch vergossen.
Das war dann anscheinend so, wie es der Prophet Jesaja Jahrhunderte zuvor gesagt hatte: Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt. Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen.
So begannen die Jünger zu verstehen und plötzlich lag auch über dem Leidensweg nicht Dunkel, sondern Licht. Das Licht Gottes, das auch für sie leuchtete, trotz allem. Sie begannen zu verstehen. Aber viele verstanden es nicht. Ihnen blieb dieses Wort vom Kreuz etwas, worüber man sich nur ärgern konnte.
Das war das Problem von Paulus. Er wusste: hier geht um die Weisheit Gottes, nicht um die Weisheit von Menschen. Aber wie soll man diese Gottesweisheit verstehen, wenn einem Gott nicht die Augen dafür öffnet?
Paulus selbst wurden durch Gott die Augen geöffnet. Damals vor Damaskus. Und noch etwas hatte ihm beim Verstehen geholfen. Seine eigene Krankheit und seine Schwächen. Er war nicht gesund, er war keine strahlende Erscheinung, er konnte auch nicht gut reden. Und trotzdem wirkte Gott durch ihn. Obwohl er sich als zerbrechliches Gefäß fühlte, vertraute Gott ihm die Botschaft von seiner Herrlichkeit an.
So blieb Paulus nun nichts Anderes, als auch dann auf die Kraft Gottes zu vertrauen, wenn er sich wieder auf einen Marktplatz stellte, diesmal auf den von Korinth, und begann, von Jesus zu reden.
Das geht uns vielleicht auch oft so, wenn wir versuchen, von unserem Glauben zu reden, wenn wir erklären müssen, warum wir am Sonntag nicht ausschlafen, sondern in der Gottesdienst gehen, oder warum wir ein Kreuz um den Hals tragen. Wir können nicht überzeugen, Gott muss es tun.
Haben wir also keine Furcht, den Glauben ungelenk und mit zögernden Worten weiterzugeben; Gottes Kraft wirkt das Hören und Verstehen. Das ist natürlich keine Rechtfertigung für mangelnde Sorgfalt und für Nachlässigkeit. Wir sollten uns schon mühen, unsere Sache ordentlich zu machen. Aber wenn wir das getan haben, dann dürfen wir den Rest getrost Gott überlassen. Der Glaube steht nicht auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft.
Amen
Christoph Huss