4. Advent · 21.12.2025
Lukas 1, 26-56
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Liebe Gemeinde,
am 4. Advent geht es direkt ans Eingemachte. Gott beginnt sein Werk der Versöhnung mit der gefallenen Menschheit. Und der Beginn ist – wie so oft bei Gott — unscheinbar. Lukas erzählt uns, dass der Engel Gabriel von Gott in eine kleine Stadt ohne Bedeutung gesandt wird – nach Nazareth – und zu einer jungen Frau ohne gesellschaftliches Ansehen – Maria. Nichts an diesem Ort, nichts an dieser Person lässt Größe oder Macht erwarten. Und doch ist es genau hier, dass Gott beginnt, die Welt zu verändern – die Welt mit ihm zu versöhnen.
Und das ist bereits die erste Botschaft der Gnade in unserem Text: Gott wartet nicht auf die Zustimmung der Welt, und Gott ist nicht auf menschliche Größe angewiesen. Gott kommt dorthin, wo wir es am wenigsten erwarten.
Als Gabriel Maria grüßt, sagt er nicht: „Bereite dich vor“, oder: „Mach dich würdig.“ Er sagt: „Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir.“ Noch bevor Maria ein Wort sagt, noch bevor sie zustimmt, noch bevor sie versteht worum es geht, wird ihr Gottes Gnade zugesprochen.
Martin Luther schrieb in seiner Auslegung des Magnificat: „Denn Gott sieht die Niedrigen an, und wo die Welt verachtet, da ist er am nächsten.“
Das ist die Logik der Gnade. Gott sucht nicht die Stärke, sondern die Bedürftigkeit; nicht das Selbstvertrauen, sondern die Offenheit. Maria ist, so berichtet Lukas, „bestürzt“ über diesen Gruß. Sie ist nicht ruhig oder siegessicher. Sie ist verwirrt, vielleicht auch erschrocken. Und genau dort begegnet ihr Gott.
Die Botschaft des Engels ist überwältigend: Maria wird einen Sohn gebären, empfangen durch den Heiligen Geist, der Sohn des Höchsten genannt werden wird. Das ist keine Einladung in ein bequemes Leben. Es ist eine Berufung, die Maria Missverständnissen, Gefahren und später auch großem Leid aussetzen wird. Aber liebe Gemeinde, Gnade verspricht kein leichtes Leben. Gnade verspricht Gottes Gegenwart.
Maria stellt eine ehrliche Frage: „Wie soll das geschehen?“ Und bemerkenswert ist: Der Engel tadelt sie nicht. Glaube bedeutet nicht, keine Fragen zu haben. Glaube bedeutet, unsere Fragen vor Gott zu bringen, statt vor Gott davonzulaufen. Gabriel antwortet ganz sachlich auf Marias Frage, auf Marias berechtigte Frage, “wie soll das geschehen, denn ich habe ja noch nie mit einem Mann geschlafen.“
Ja, Gabriel erklärte Maria ganz sachlich, dass der Heilige Geist über sie kommen wird, und so weiter und sofort. Das hat sie bestimmt nicht verstanden aber sie antwortet mit einfachem Glauben: „Ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast.“
Luther hat einmal den Glauben als ein „freies, fröhliches Vertrauen“ auf Gottes Gnade – ein Vertrauen, das sich an Gottes Wort klammert, auch wenn die Umstände keinen Sinn ergeben. Maria entwirft hier keinen Lebensplan. Sie fordert keine Sicherheiten. Sie vertraut sich Gottes Verheißung an. Was auch immer das bedeuten wird.
Und hier wird die Verkündigung mehr als eine Geschichte über Maria – sie wird zu einem Wort an die Kirche, ein Wort an uns. Wie Maria sind wir nicht erwählt, weil wir beeindruckend wären. Wir sind erwählt, weil Gott gnädig ist. Und wie Maria, sind wir berufen, Christus in die Welt zu tragen – nicht aus eigener Kraft, sondern indem wir Gottes Wort empfangen und ihm Raum geben, in unserem Leben Gestalt anzunehmen.
Dietrich Bonhoeffer sagte einmal: „Gott erfüllt nicht alle unsere Wünsche, aber er erfüllt alle seine Verheißungen.“
Und genau das sehen wir hier. Gottes Verheißung tritt leise und verletzlich in die Welt ein – durch eine Frau, die vertraut und Gottes Wort annimmt, auch wenn sie es noch nicht ganz versteht.
So sollten wir heute dieses Evangelium hören: Der Herr ist mit uns. Gottes Gnade hat uns bereits gefunden. Und auch wenn wir noch nicht verstehen, wie Gott in unserem Leben handeln wird, dürfen wir darauf vertrauen: Bei Gott ist nichts unmöglich. Möge der Heilige Geist uns den Glauben Marias schenken – keinen Glauben ohne Furcht, sondern einen Glauben, der sagt: „Mir geschehe nach deinem Wort.“ Amen.
Gerald MacDonald
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