22. 10. 2023 · 20. Sonntag nach Trinitatis
Predigttext: 2. Kor. 3; 3-6
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Liebe Gemeinde,
wann habt ihr das letzte Mal einen handgeschriebenen Brief im Briefkasten gehabt? Vor einer Woche? Vor einem Jahr? Vor vielen Jahren? Ich meine nicht die tägliche Post, die wir vorfinden – Rechnungen, Werbebriefe, Spendenbriefe, Serienbriefe. Nein, ich meine einen handgeschriebenen Brief an die eigene Adresse – an mich gerichtet. Solche Briefe sind kostbar in Zeiten von E-Mail-Verkehr und WhatsApp auf den Handys. Sie sind wertvoll, da derjenige, der den Brief geschrieben hat, sicher länger an der Formulierung gefeilt hat und beim Schreiben genau den Adressaten im Blick hatte. Um einen solchen inhaltlich gehaltvollen Brief geht es heute in der Predigt. Absender ist Paulus. Er schreibt an die Gemeinde in Korinth und heute an uns:
3 Ist doch offenbar geworden, dass ihr ein Brief Christi seid durch unsern Dienst, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln der Herzen. 4 Solches Vertrauen aber haben wir durch Christus zu Gott. 5 Nicht, dass wir tüchtig sind von uns selber, uns etwas zuzurechnen als von uns selber; sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott, 6 der uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienern des neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.
Gleich am Anfang unseres Textes schreibt Paulus: Ihr seid ein Brief Christi – du und ich. Also, wenn ich ehrlich bin, dann habe ich mich noch nie als einen Brief gesehen – vielleicht eher als ein Buch mit sieben Siegeln. Manches davon gebe ich anderen Preis, vieles ist aber auch vor mir selbst verborgen. Und nun soll ich, sollen wir hier in Königsfeld ein Brief sein, aus dem andere Menschen lesen können, was Christus für uns ist?
Ich habe am Mittwoch unsere Konfirmanden gefragt, wie sie den Glauben an Gott beschreiben würden. Keine leichte Frage. Die Antworten waren sehr interessant. Eine sagte, dass sie es nicht beschreiben kann. Ein anderer meinte: Der Glaube an Gott ist wie eine Mauer im Rücken, die mich stärkt. Glaube heißt für mich, dass ich vertraue, wo ich selbst nicht mehr weiterweiß: sagte ein anderer Konfirmand. Ich muss sagen, dass ich beeindruckt war von den Antworten und mir kam der Gedanke, dass wir manchmal diesen wertvollen Inhalt des Briefes gar nicht öffnen und lesen – aus lauter Zeitnot und Umtriebigkeit, sondern sie in den nächsten Papierkorb wandern lassen. Was für ein Fehler.
Denn wir sind ein Brief nicht mit Tinte geschrieben, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes mitten ins Herz – mit lebendigen, liebevollen Worten. Das erinnert mich an einen Liebesbrief. Es ist schon einige Zeit her, dass ich eigene Liebesbriefe verfasst, bzw. erhalten habe. Ich habe sie alle noch aufgehoben in einem Ordner und es sind viele. Täglich wurden sie per Post versandt und täglich landete einer in meinem Kasten. Ich erinnere mich genau an das Gefühl, wenn so ein Brief zu mir kam und ich einen Ort suchte, um ihn ungestört lesen zu können. Jedes Wort ging mir dabei mitten ins Herz und wie phantasievoll und kreativ waren sie ausgewählt worden. Es war ein unsichtbares Band, dass zwischen dem Absender und mir ganz fest geschlungen war.
Und so kreativ und liebevoll ist der Absender Christus, in seinem Liebesbrief an uns heute. Für jeden von uns wählt er ganz besonders liebevolle Worte und lässt so unser Herz für ihn bereit sein in seine Nachfolge. Du bist ihm wichtig und wertvoll.
Und so unterschiedlich er uns anspricht, so unterschiedlich sehen dann unsere Dienste für ihn aus. Wir haben es gestern und heute schon wunderbar hören können – die Trompeten, Posaunen, Hörner und Tuben. Ein besonderer Dienst ist die Bläserchorarbeit. Aus ganz unterschiedlichen Instrumenten und den Menschen, die dahinter sitzen, erklingt ein voller Chor zur Ehre Gottes.
Und ihr alle, die ihr in den Gottesdienst gekommen seid, ihr bringt durch eure unterschiedlichen Gaben Lebendigkeit in die Gemeinde – ein Liebeslied für Gott.
Wir merken aber auch, dass wir diese Gaben nicht aus uns selbst heraus haben. Es kommt von Gott und wir brauchen die Gemeinschaft. Wie wäre es, wenn sich ein Trompeter immer in den Vordergrund stellen würde und besonders laut in sein Instrument blasen würde? Er würde den Klang des Chores kaputt machen und alle würden mit den Händen an den Ohren dasitzen und die Musik wäre ungenießbar.
Es kommt auf den Gesamtklang des Chores und auch der Gemeinde an und es kommt darauf an, wie wir uns gegenseitig motivieren lassen. Die richtigen Worte spielen dabei eine ganz wichtige Rolle. Der Buchstabe kann töten, er kann Motivation zum Erlöschen bringen und Interessierte abschrecken. Ein liebevoller Umgangston dagegen ist einladend und aufmunternd.
Wir sind ein Brief Christi. Das heißt auch, dass wir uns für die Menschen einsetzen, die unsere Hilfe ganz besonders brauchen. Wir denken heute besonders an die vielen jüdischen Schwestern und Brüder in unserem Land, die in den letzten Tagen vermehrt angegriffen wurden – mit hässlichen Worten und Anschlägen. Wir denken an Gottes Volk Israel, das durch die Anschläge der Hamas hinterhältig überfallen wurde. Wir denken an die Palästinenser im Gazastreifen, die um ihr Leben fürchten. Wir denken an den Krieg in der Ukraine, an die Menschen in Bergkarabach und Armenien und an die vielen Katastrophen in unserer Welt.
Wir haben als lebendige Botschaft den Auftrag, für sie alle zu beten und uns da einzusetzen, wo wir gebraucht werden, damit der Friede in der Welt wachsen kann und wieder neu aufblüht.
Ein altes Zeichen des Friedens ist die Taube. Schon in der Zeit von Noah hat sie den Menschen geholfen, nach der Katastrophe wieder sicheres Land unter den Füßen zu finden. Und nach Sicherheit und Frieden sehnen wir uns alle.
Wir sind ein Brief Christi. Briefe gehen vom Absender zum Adressaten, um gelesen zu werden, und um den anderen zu erreichen. Wir wollen am Ende des Gottesdienstes ein sichtbares Zeichen für den Frieden in unserem Ort, in unserem Land, in der Welt senden.
Ihr habt alle eine Taube in Eurem Gesangbuch. Darauf könnt ihr eine Bitte schreiben und wir wollen sie dann draußen auf die Bäume auf dem Zinzendorfplatz hängen.
Unsere Botschaft der Liebe Gottes, die wir in seinem Liebesbrief an uns erhalten haben, wir wollen sie weitergeben und nicht für uns behalten.
Lasst uns heute neu damit beginnen, in der Nachfolge Jesu zu stehen. Er ruft uns auf, alte Wege zu verlassen und Neues zu wagen.
Auf seinen werbenden Brief wollen wir mit unserem Leben und unserem Einsatz für ihn antworten.
Amen
Gabriele von Dressler
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Ev. Kirchengemeinde
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