Predigt am 30.11.2025, 1. Advent
Text: Römer 13, 8-12
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Liebe Gemeinde,
das lange Warten hat ein Ende. Die erste Kerze auf dem Adventskranz brennt und mit dieser besonderen Zeit sind viele Erwartungen verknüpft. Endlich wieder einmal gemütlich zusammensitzen und gemeinsam ein Buch vorlesen; mit den Kindern backen, singen, basteln. Die Adventszeit wollen wir mit liebevollen Erlebnissen und Begegnungen füllen.
Von der Liebe spricht auch der Predigttext heute aus Römer 13, 8-12
8 Seid niemandem etwas schuldig, außer dass ihr euch untereinander liebt; denn wer den andern liebt, der hat das Gesetz erfüllt. 9 Denn was da gesagt ist: »Du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht begehren«, und was da sonst an Geboten ist, das wird in diesem Wort zusammengefasst: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.« 10 Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung. 11 Und das tut, weil ihr die Zeit erkannt habt, dass die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlaf, denn unser Heil ist jetzt näher als zu der Zeit, da wir gläubig wurden. 12 Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.
Der Text heute spricht von Liebe als des Gesetzes Erfüllung. Ganz große Worte. Doch wo ist die Liebe eigentlich geblieben?
Wenn wir in den kommenden Tagen einen Weihnachtsmarkt besuchen, dann werden wir an festmontierten Absperrungen vorbeigehen – Sicherheit geht vor. Unsere Gesellschaft wird immer mehr gespalten – wohin steuern wir? Der Ton untereinander ist rauer geworden. Selbst in Arztpraxen wird mehr und mehr ein guter Umgangston angemahnt. Früher war es selbstverständlich, dass zunächst Notpatienten behandelt wurden und heute? Wir haben alle keine Zeit mehr und hetzen durchs Leben. Kälte schlägt uns ins Gesicht und wir geben sie an unsere Mitgeschöpfe weiter.
Wo ist da die Liebe geblieben?
Die Worte der Bibel holen uns heraus aus unseren Gedanken, die uns Karussell fahren lassen. Gott ruft uns zu: Habt ihr mich ganz aus Eurem Leben verbannt? Komme ich bei Euch irgendwo noch vor? Erwartet ihr mich wirklich oder habt ihr schon längst einen Ersatz für mich gefunden – ein „goldenes Kalb“?
Wie berechtigt diese Fragen doch sind.
Im Text werden die 10 Gebote genannt, die Gott durch Mose an sein Volk weitergegeben hat. Diese Gebote sind eine Richtschnur, die durchs Leben leiten wollen. Sie sind so wichtig, dass sie die Grundlage unseres Grundgesetzes bilden. Dort heißt es im 1. Artikel: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das bedeutet, dass wir anderen mit Respekt und Würde begegnen sollen. Und in der Bibel lesen wir vom Doppelgebot der Liebe, also dass wir Gott lieben sollen und unseren Nächsten, wie uns selbst.
Da ist sie – die Liebe. Sie ist nicht verlorengegangen, wir haben sie nur aus den Augen verloren. Die Liebe will wieder entdeckt und erkannt werden. Wie aber kann ich die Liebe sehen? Sie ist doch etwas Unsichtbares.
An ihrer Kraft und ihrer Beharrlichkeit ist sie erkennbar. Da, wo Menschen einander lieben, wird das Eis der Kälte durchbrochen und Wärme und Licht strömt herein. Die Finsternis wird klein und kleiner in der Gegenwart des Lichts und der Wärme. Aufgebaute Mauern zwischen Menschen fallen ein, weil es nun wirkliche, reale Begegnungen gibt. Denn die Liebe ist stark und groß und sie bahnt sich einen Weg zu uns.
Jörg Zink – ein evangelischer Theologe unserer Tage hat ein Buch unter dem Titel herausgegeben: Was bleibt, stiften die Liebenden. In diesem Buch findet man eine Sammlung von poetischen Texten über die Liebe.
Liebe kann Menschen verändern. Liebe kann ein ganzes Land, ja eine ganze Welt in ihren Bann ziehen. Sie ist da – auch heute und hier unter uns. Und sie will in uns neu ein Feuer entfachen.
Und so stelle ich mir die Welt mit den Augen der Liebe vor. Jeder und jede teilt mit dem anderen, dass was er besitzt. Der Neid ist längst ausgestorben und niemand kennt ihn mehr. Der Umgangston ist liebevoll, geduldig und von Wertschätzung geprägt. Paare sind einander zugewandt und halten fest zusammen – durch dick und dünn. Kinder lieben ihre Eltern und abends sind alle gemeinsam am Esstisch versammelt. Unterschiedliche Generationen finden zueinander und lernen voneinander. Menschen unterschiedlicher Meinung lassen einander ausreden und suchen einen gemeinsamen Weg. Jugendliche bringen mit ihrem Schwung und ihren Ideen neues Leben in die Gemeinde. Alle haben hier ihren Platz und suchen die Gemeinschaft, weil sie ihnen guttut. Kranke und Einsame sind im Mittelpunkt der Gemeinde und spüren, dass sie geliebt sind. Waffen schweigen und der Friede – der Bruder der Liebe – wird von Tag zu Tag wieder gesünder und kräftiger.
Ist das wirklich nur ein Traum oder der Blick aus den Augen der Liebe?
Wir alle sind eingeladen, alles mit den Augen der Liebe zu betrachten. Und nicht nur zu betrachten, sondern selbst zu Boten der Liebe zu werden.
Denn wir haben die Liebe in unserer Welt. Gott hat sie uns geschenkt ins einem Sohn Jesus Christus. Gottes Liebe hat menschliche Gestalt angenommen und Wärme, Licht und Frieden in unsere Welt gebracht. Dieses große Geschenk feiern wir in 24 Tagen.
Noch sind wir in der Zeit der Vorbereitung. Vieles ist noch zu erledigen. Neben all den sichtbaren, äußeren Vorbereitungen auf die Ankunft von Jesus, wollen wir die innere Vorbereitung nicht vergessen. Denn Jesus will nicht nur in die Welt kommen, er will in unseren Herzen Einzug halten.
Alles, was an Finsternis und Dunkelheit in uns ist, will er rauswerfen. Erst wenn es weg ist, was uns von ihm trennt, kann er bei uns einziehen und es in uns hell werden lassen. Dieses, sein Licht, will leuchten und mich und Dich zum Strahlen bringen. Und wir können die Botschaft von Gottes Liebe weitertragen, bis es für jedes Geschöpf sichtbar wird.
Wenn nun auch wir zu Lichtträgern seiner Liebe werden, dann wird sich etwas um uns verändern. Es wird hell und warm. Und wenn wir alle Gottes Liebe als Richtschnur für unser Leben nehmen, dann kann die Welt heil werden. Denn die Liebe ist größer als das, was uns voneinander und von Gott trennt. Sie überwindet Grenzen und Mauern des Missverstehens und stiftet Frieden und Licht.
Wenn wir nun den Stern in unserem Kirchensaal Tag und Nacht leuchten lassen, dann tragen wir die Hoffnung für alle sichtbar hinaus, dass unser Herr kommt – Maranatha. Amen
Gabriele von Dressler
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