Predigt am 23. März 2025
Jer. 20,7-13, Hoffnung für alle
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HERR, du hast mich überredet, und ich habe mich überreden lassen! Du bist stärker als ich und hast den Kampf gewonnen. Und nun werde ich lächerlich gemacht – tagaus, tagein; alle verhöhnen mich! Denn sooft ich das Wort ergreife, muss ich schreien: „Gewalt und Zerstörung erwarten euch!“ Deine Botschaft bringt mir nichts als Hohn und Spott. Wenn ich mir aber vornehme: „Ich will nicht mehr an Gott denken und nicht länger in seinem Namen reden“, dann brennt dein Wort in meinem Herzen wie ein Feuer, ja, es glüht tief in mir. Ich habe versucht, es zurückzuhalten, aber ich kann es nicht! Ich höre viele hinter meinem Rücken tuscheln: „Von ihm hört man nichts als Schreckensmeldungen! Zeigt ihn an, wir wollen ihn verklagen!“ Alle, denen ich vertraut habe, lauern darauf, dass ich zu Fall gebracht werde. „Vielleicht lässt er sich hereinlegen, dann ist er uns ausgeliefert, und wir können uns an ihm rächen!“, sagen sie. Aber du, HERR, stehst mir bei wie ein mächtiger Held! Darum werden meine Feinde stürzen und nicht den Sieg davontragen. Nein, es wird ihnen niemals gelingen! Unvergesslich und groß wird ihre Schande sein! HERR, allmächtiger Gott, du prüfst die Menschen, die nach deinem Willen leben, du kennst sie ganz genau. Lass mich mit eigenen Augen sehen, wie du meine Feinde für ihre Bosheit bestrafst! Dir habe ich meinen Fall anvertraut. Singt für den HERRN und lobt ihn! Denn er rettet den Armen aus der Gewalt boshafter Menschen.
Liebe Schwestern und Brüder,
manchmal fragen wir uns: Warum ist der Weg mit Gott so schwer? Warum kostet es so viel Kraft, ihm treu zu bleiben? Warum erleben wir Widerstand, wenn wir seinen Auftrag ernst nehmen? Und letztlich, warum bleiben wir Gott doch noch treu, trotz aller Widrigkeiten, die wir deswegen erleben?
Die Schriftlesung heute aus dem Lukasevangelium und der Predigttext aus dem Propheten Jeremia helfen uns, diese Fragen zu beantworten.
Jeremia klagt: „Du hast mich überredet, HERR, und ich habe mich überreden lassen.“ Das klingt fast wie ein Vorwurf. Jeremia fühlt sich von Gott gedrängt, etwas zu tun, das ihn ins Unglück stürzt. Er verkündet im Auftrag Gottes dessen Gerichtsworte – doch anstatt von seinem Volk Dankbarkeit zu erfahren, wird er verlacht, geschlagen und verfolgt.
Trotzdem kann er nicht anders. Er sagt: „Da dachte ich: Ich will nicht mehr an ihn denken und nicht mehr in seinem Namen predigen! Aber es brannte in meinem Herzen wie ein Feuer, eingeschlossen in meinen Gebeinen. Ich mühte mich, es auszuhalten, aber ich konnte nicht.“
Was für ein innerer Konflikt! Wir denken zwangsläufig an Martin Luther, nachdem er seine eigene – prophetische – Worte vor dem Reichstag zu Worms gesprochen hatte: „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders.“ Jeremia leidet unter seiner Berufung, aber er kann ihr nicht entkommen. Gottes Wort ist zu mächtig in ihm, es brennt in ihm wie ein Feuer.
Kennen wir das nicht auch? Wir wissen, was richtig ist, aber es kostet uns Mut, es auszusprechen, denn wir wissen, unsere Worte werden beim Hörer nicht gut ankommen. Wir wollen zwar Gott treu sein, aber der Widerstand unserer Mitmenschen ist gewiss. Und mit ihnen müssen wir Tag für Tag leben. Oy veh!
Im Lukasevangelium begegnet Jesus drei Menschen – drei potenziellen Nachfolgern. Doch Jesus macht ihnen klar: Nachfolge ist kein Zuckerschlecken.
Der erste sagt: „Ich will dir folgen, wohin du gehst.“ Doch Jesus erwidert: „Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.“ Mit anderen Worten: Wer Jesus nachfolgt, kann nicht auf Sicherheit und Bequemlichkeit setzen.
Der zweite wird von Jesus direkt aufgefordert: „Folge mir nach!“ Doch er bittet: „Herr, erlaube mir, dass ich zuerst hingehe und meinen Vater begrabe.“ Doch Jesus antwortet: „Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh hin und verkündige das Reich Gottes.“ Das klingt hart – doch Jesus meint: Es gibt keinen Aufschub, keine Priorität über Gottes Ruf. Menschen gehen zugrunde und brauchen das Evangelium. Dringlich.
Der dritte will sich noch von seiner Familie verabschieden, bevor er Jesus folgt. Doch Jesus sagt: „Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.“ Nachfolge bedeutet: Blick nach vorn, keine halben Sachen.
Liebe Schwestern und Brüder, ich habe mal von meinem „Praktikum“ auf einem Bauernhof im Bundesstaat Iowa – kurz nach meinem Studium. Einmal hatte ich die Ehre – ich durfte den Winterweizen anpflanzen. Der Bauer erklärte mir, „Schau nicht bloß 10 Meter vor dem Traktor hin. Schau weit voraus auf den Wald am Ende des Felds. Wähl Dir einen Baum dort aus und ziel dorthin. Dann ziehst Du schöne gerade Furchen.“ Ich tat was der Bauer mir sagte. Dachte ich. Im folgenden Frühjahr traf ich den Sohn des Bauern und fragte ihn, „Wie sieht das Weizenfeld aus? Wie sind meine Reihen geworden?“ Mein Freund lachte und sagte, „sie sehen ziemlich schlangenartig aus“ und machte solche Bewegungen mit seiner Hand.
Liebe Brüder und Schwestern, ich hatte mich wirklich angestrengt. Ich schaute die ganze Zeit nach vorne. Weit über das Feld hinaus. Bis hin zum Wald. Auf einem einzigen Baum gezielt. Trotzdem waren meine Furchen „schlangenartig“. Wie wären sie wohl geworden, wenn ich dauernd nach hinten geschaut hätte? „Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.“
Unsere beiden Auszüge zeigen zwei Seiten derselben Wahrheit. Jeremia erfährt, was es bedeutet, Gottes Ruf treu zu bleiben – es kostet ihn viel. Und Jesus macht klar: Wer sich für Gottes Reich entscheidet, muss mit Schwierigkeiten rechnen. Und muss das Ziel im Auge behalten.
Gott ruft uns nicht in einen bequemen Glauben. Wer ihn ernst nimmt, wird auf Widerstände stoßen – manchmal von anderen, manchmal in uns selbst. Die Nachfolge ist nicht nur eine innere Überzeugung, sondern eine radikale Berufung.
Doch beide Texte enden nicht in der Verzweiflung. Jeremia klagt zwar – aber er hält auch an Gott fest: „Der HERR ist bei mir wie ein starker Held.“ Trotz seiner Kämpfe weiß er: Gott wird letztlich für ihn eintreten. Gott wird obsiegen.
Und auch Jesus lässt seine Jünger nicht allein. Wer ihm nachfolgt, erhält eine neue Gemeinschaft (der Heiligen). Denn wir sind nicht alleine. Wir alle zusammen sind das Leib Christi auf Erden. Wer Jesus nachfolgt erhält eine neue – göttliche – Aufgabe, nämlich seine Nächsten lieben und ihnen Gottes Liebe bezeugen.
Und wer Jesus nachfolgt, erhält ein neues Leben und einen neuen Geist, den Heiligen Geist, der in ihm wohnt und den Traktor immer geradeaus führt. Wenn er ihn fahren lässt.
Liebe Schwestern und Brüder,
- Wo spüren Sie Gottes Ruf in Ihrem Leben? Gibt es Dinge, zu denen er Sie auffordert, die Ihnen aber Angst machen?
- Haben Sie Angst vor Widerstand oder Ablehnung, wenn Sie unseren Glauben bekennen oder für Gerechtigkeit einstehen? Sind Sie bereit, Jesus mit ganzem Herzen zu folgen – ohne ständig zurückzublicken?
Jeremia und Jesus fordern uns heute heraus: Treu bleiben, auch wenn es schwer wird. Standhaft sein, wenn Zweifel kommen. Und beten wir zu Gott, uns seinen Geist zu geben. Dass er in uns wohnt. Das Lenkrad übernimmt. Gerade Furchen zieht. Und wie Feuer in uns brennt. Dann werden wir mit Martin Luther sprechen: Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Amen.
Gerald MacDonald
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