Predigt 26.02.2023, Sonntag Invokavit
Hiob 2, 1-13
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Liebe Gemeinde,
wir leben in einer Zeit, die geprägt ist von Leid, Ängsten und Sorgen. Dabei geht es uns hier gut. Aber schauen wir über unseren Tellerrand hinweg, dann sehen wir den Krieg in der Ukraine, der schon seit einem Jahr traurige Wirklichkeit geworden ist und der nicht enden will. Wie viel Leid hat er schon gebracht und wie geht es den Frauen und Kindern, die auch bei uns Schutz gesucht und gefunden haben, deren Gedanken aber bei ihren Familienmitgliedern in der zerstörten Heimat ist? Oder denken wir an die über 45.000 Todesopfer und deren Angehörigen des jüngsten Erdbebens in der Türkei und in Syrien. Wie viele durchwachte Nächte haben sie gebangt um das Überleben von Frauen, Kinder, Nachbarn? Unvorstellbares Leid, von dem wir täglich hören und dass uns umtreibt. Hiobsbotschaften nennen wir sie, weil sie Horrormeldungen und Schreckensnachrichten sind. Und heute hören wir im Predigttext eine weitere Hiobsbotschaft. Ich lese aus Hiob 2, 1-13
Die zweite Prüfung: Hiob wird krank
Danach kamen die himmlischen Wesen wieder zusammen und traten vor den Thron des Herrn. Auch der Satan war unter ihnen und trat vor den Thron des Herrn.Da fragte der Herr den Satan:»Woher kommst du?«Der Satan antwortete dem Herrn:»Ich habe die Erde durchstreift, ich war mal hier und mal dort.« Der Herr fragte den Satan weiter:»Hast du auch meinen Knecht Hiob beobachtet? Es gibt auf der Erde keinen Menschen wie ihn! Er ist fromm und führt ein vorbildliches Leben. Er begegnet Gott mit Ehrfurcht und hält sich von allem Bösen fern. Noch immer hält er sich frei von Schuld. Du hast mich umsonst überredet, ihn ins Unglück zu stürzen.« Doch der Satan antwortete dem Herrn:»Haut für Haut! Ein Mensch gibt alles her, wenn er nur die eigene Haut retten kann. Aber strecke doch einmal die Hand aus, greife seinen Körper und seine Gesundheit an! Dann wird er dir ins Gesicht fluchen!« Da sagte der Herr zum Satan:»Gut! Ich gebe ihn in deine Gewalt. Doch sein Leben musst du ihm lassen!« Danach verließ der Satan den Herrn und sorgte dafür, dass Hiob krank wurde: Geschwüre brachen aus und bedeckten ihn von Kopf bis Fuß. Da nahm er eine Tonscherbe, um sich zu kratzen. Er saß auf dem Boden mitten im Dreck. Seine Frau sagte zu ihm:»Willst du dich noch immer frei von Schuld halten? Verfluche endlich Gott, sodass du stirbst!« Da antwortete er ihr: »Dummes Gerede! Wenn wir das Gute von Gott bekommen, sollten wir da nicht auch das Böse annehmen?«Bei allem ließ Hiob sich nichts zuschulden kommen. Kein böses Wort kam ihm über die Lippen.
Drei Freunde Hiobs hörten von all dem Unglück, das ihn so schlimm getroffen hatte. Sie kamen zu ihm – jeder aus seinem Heimatort: Elifas aus Teman, Bildad aus Schuach, Zofar aus Naama. Sie hatten miteinander verabredet, Hiob zu besuchen. Sie wollten ihm ihr Mitgefühl zeigen und ihn trösten. Schon von Weitem sahen sie ihn, aber sie erkannten ihn nicht wieder. Da brachen sie in lautes Wehklagen aus. Jeder von ihnen zerriss sein Gewand und streute sich Staub auf den Kopf. Dann setzten sie sich zu ihm auf die Erde. Sieben Tage und sieben Nächte saßen sie da und sprachen kein einziges Wort. Denn sie sahen, wie heftig sein Schmerz war.
Hiob wird vom Leid geprüft – und das nicht nur einmal. Zunächst war er ein wohlhabender und angesehener Mann. Er hatte eine Frau und es wurden ihnen sieben Söhne und drei Töchter geboren. Zusätzlich gehörten ihm 7000 Schafe, 3000 Kamele, 500 Gespanne Rinder und 500 Eselinnen. Und dann auch noch Knechte und Mägde. Und dann kam der Satan auf die Idee zu prüfen, ob sein Glaube echt sei oder ob er nur glauben konnte, weil es ihm so gut ging. Der Herr ließ sich auf das Abkommen mit dem Satan ein und kurze Zeit später verlor Hiob seinen ganzen Besitz und die Kinder. Doch das genügte dem Satan nicht und er verlangte vom Herrn, noch einen Schritt weiter zu gehen. Nun sollte Hiob es am eigenen Leib spüren, er wurde sehr krank, so dass seine Frau ihn drängte, Gott zu verfluchen. Aber er blieb standhaft. Und dann kamen seine Freunde. Sie setzten sich schweigend zu ihm und hielten sein Leid mit ihm aus.
Die Geschichte von den drei Freunden wird gern als Beispiel für die Seelsorge genommen. Das, was die drei instinktiv machen, das ist auch heute wichtig. Denn oft geht es nicht um schnelle Tröstungen die auch als Vertröstungen genau das Gegenteil bewirken können und den Schmerz und das Leid vergrößern können.
Hinschauen
Wenn ein Mensch leidet, dann ist es wichtig, nicht wegzuschauen. Nicht auf die andere Straßenseite wechseln und möglichst unerkannt vorbeieilen. Leidende Menschen sehnen sich oft nach Zuwendung. Sie wollen wahrgenommen werden. Nichts ist schlimmer, als wenn kranke oder leidende Menschen vereinsamen. Oft genug ziehen sie sich selbst zurück, weil unsere Gesellschaft immer von gesunden und fitten ausgeht. Und genau das ist die Gefahr, dass wir dabei kranke und leidende übersehen und nicht mitbekommen, was sie durchmachen.
Hinsetzen
Wenn ich gesehen habe, dass ein Mensch leidet, dann ist es wichtig, sich für ihn Zeit zu nehmen. Sich zu jemandem zu setzen bedeutet, ich bin jetzt ganz für Dich da. Du bist mir jetzt gerade wichtig und alles andere kann warten. Dabei ist meine Haltung gegenüber dem Hilfesuchenden von großer Bedeutung. Lass ich meinen Mantel an und sitze ich nur halb auf dem Stuhl, dann merkt mein Gegenüber, dass ich zwar einen guten Willen zeige, aber innerlich nicht bereit bin, lange bei ihm zu sein. Oder ziehe ich meinen Mantel aus und schiebe den Stuhl dicht an ihn heran. So zeige ich der anderen Person, ich bin da und höre dir zu. Da ist manchmal auch eine Berührung am Arm ein sichtbares Zeichen, das beruhigen kann.
Aushalten
Richtiges Zuhören ist eine Gabe, die dem Gegenüber gut tut. Und es kann sein – wie bei Hiob, dass gar nicht viele Worte fallen. Ich halte den Schmerz und das Leid mit aus, ich teile meine Aufmerksamkeit mit ihm oder ihr und bin ganz präsent. Vielleicht fließen auch Tränen und es bricht alles heraus. Endlich ist jemand da, der mich zu verstehen versucht. Ich bin mit meinem Schmerz nicht mehr allein. Ich kann loslassen, was mich quält, was mich belastet und was mich gefangen hält. Und das hilft so sehr, mehr als alles ausfragen und meine gutgemeinten Ratschläge, die auf den anderen niederprasseln und ihn nicht zu Wort kommen lassen. Ratschläge können oft auch Schläge ins Gesicht sein.
Gute und hilfreiche Seelsorge sieht den anderen, geht auf ihn ein, nimmt sich Zeit und hält aus. Und so machen es auch die Freunde bei Hiob. Sie sind da und zeigen ihm damit: Du bist nicht allein. Wir sind bei dir und stützen dich. Wir sehen deine Wunden und halten sie mit dir aus.
Der größte Seelsorger für uns ist Jesus Christus. Er selbst hat erfahren, wie er vom Satan versucht worden ist. Und er hat den Verlockungen widerstanden. Er hat das Leid unserer Menschheit auf sich genommen. Alle Lasten, alle Krankheit, alles Schmerzen hat er auf sich geladen und ist am Kreuz für unsere Sünden gestorben. Er hat uns von unserer Schuld befreit und eine Brücke zu Gott geschlagen.
Der Sonntag heute heißt Invokavit: Du hast gerufen, Herr. Du wartest auf uns und hältst alles mit uns aus, was uns in dieser Welt persönlich und auch im Großen quält. Alle Hiobsbotschaften, die uns begegnen, sind dir nicht fremd.
Herr, dir dürfen wir uns anvertrauen und dein Wort können wir täglich hören. Öffne uns dazu immer wieder unsere Herzen und Ohren. Wir wollen bei dir geborgen sein, wie in einem Haus. Du schenkst uns deine Liebe, die uns leben lässt. Geh mit uns durch diese schwierigen Zeiten und lass uns deine Nähe spüren.
Amen
Gabriele von Dressler
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