Juni 2023 · 3. Sonntag nach Trinitatis
Predigttext: Jona 4, 1-11
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Liebe Gemeinde,
es gibt Menschen, die handeln sich richtig große Probleme ein und es passiert immer wieder – schwere Unfälle auf der Autobahn oder auf der Landstraße. Von einer Sekunde zur anderen ist es geschehen. Menschen verunglücken und werden dabei schwerverletzt oder gar getötet. Und dann gibt es lange Autoschlangen, die einen Blick auf das Unglück erhaschen wollen. In vielen Fällen behindern sie den Einsatz der Rettungskräfte, weil sie keine Rettungsgasse bilden. Das kann Menschenleben kosten.
Der Predigttext heute erzählt von Jona. Er hat den Menschen der Stadt Ninive den Untergang vorhergesagt, wenn sie so weitermachen wie bisher und nichts mehr von Gott wissen wollen. Und nun sitzt er in einiger Entfernung und schaut auf das, was Gott mit den Menschen in Ninive machen wird.
1 Das aber verdross Jona sehr, und er ward zornig 2 und betete zum HERRN und sprach: Ach, HERR, das ist’s ja, was ich dachte, als ich noch in meinem Lande war. Deshalb wollte ich ja nach Tarsis fliehen; denn ich wusste, dass du gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte bist und lässt dich des Übels gereuen. 3 So nimm nun, HERR, meine Seele von mir; denn ich möchte lieber tot sein als leben. 4 Aber der HERR sprach: Meinst du, dass du mit Recht zürnst? 5 Und Jona ging zur Stadt hinaus und ließ sich östlich der Stadt nieder und machte sich dort eine Hütte; darunter setzte er sich in den Schatten, bis er sähe, was der Stadt widerfahren würde. 6 Gott der HERR aber ließ einen Rizinus wachsen; der wuchs über Jona, dass er Schatten gab seinem Haupt und ihn errettete von seinem Übel. Und Jona freute sich sehr über den Rizinus. 7 Aber am Morgen, als die Morgenröte anbrach, ließ Gott einen Wurm kommen; der stach den Rizinus, dass er verdorrte. 8 Als aber die Sonne aufgegangen war, ließ Gott einen heißen Ostwind kommen, und die Sonne stach Jona auf den Kopf, dass er matt wurde. Da wünschte er sich den Tod und sprach: Ich möchte lieber tot sein als leben. 9 Da sprach Gott zu Jona: Meinst du, dass du mit Recht zürnst um des Rizinus willen? Und er sprach: Mit Recht zürne ich bis an den Tod. 10 Und der HERR sprach: Dich jammert der Rizinus, um den du dich nicht gemüht hast, hast ihn auch nicht aufgezogen, der in einer Nacht ward und in einer Nacht verdarb,11 und mich sollte nicht jammern Ninive, eine so große Stadt, in der mehr als hundertzwanzigtausend Menschen sind, die nicht wissen, was rechts oder links ist, dazu auch viele Tiere?
Jona ist verzweifelt und am Ende. Aber schauen wir uns Jona genauer an. Er wird von Gott gerufen, um den Menschen in der Stadt Ninive zu sagen, dass Gott sie bestrafen wird. Sie hatten sich von Gott abgewandt. Und Jona? Er hört diesen Auftrag und bekommt es mit der Angst zu tun. Anstatt nach Ninive zu gehen, rennt er in die entgegengesetzte Richtung und will nach Tarsis fliehen. Er kommt nach Jafo und kann dort in ein Schiff einsteigen. Er fühlt sich in Sicherheit und außer Reichweite von Gott – seinem Auftraggeber. Doch da hat er sich getäuscht. Das Schiff fährt los und ein starker Wind und ein Unwetter kommt auf. Alle sind in großer Panik nur Jona schläft unbeeindruckt auf dem Schiff. Die Besatzung überlegt schnell, was zu tun ist. Sie kamen auf die Idee zu losen, um zu sehen, wen die Schuld traf und das Los fällt auf Jona. Nun überlegten sie weiter, was zu tun wäre und am Ende warfen sie Jona aus dem Schiff. Ein Fisch kam vorbei und nahm Jona auf. Und wir alle kennen die Geschichte gut. Jona bekam von Gott eine zweite Chance.
Nachdem er seinen Auftrag ausgeführt hat, wartete er nun auf den Untergang der Stadt. Doch da wird er bitter enttäuscht. Der König von Ninive erkannte sein eigenes Fehlverhalten und das seines Volkes und rief zur Umkehr auf. Und Gott sah es und erbarmte sich.
Von unserem Menschenverstand her, hätte Gott die Menschen bestrafen müssen. Aber Gott handelt anders. Er ist ein Gott der Vergebung. Gott sieht die Umkehr und hört ihre Bitte um Vergebung. Und so verändert sich die Situation in Ninive um 180 Grad.
Das wiederum versteht nun Jona nicht. Er ist sauer. Er möchte nicht mehr leben. Und ich frage mich, wie kann das sein?
Gerade noch hat er selbst das Erbarmen von Gott erlebt, in dem er im Meer nicht untergegangen ist, als er vor dem Auftrag Gottes geflohen war. Gerade hat er selbst Gottes Erbarmen erfahren – er kann es aber nicht ertragen, dass dieses Erbarmen auch für andere gilt. Ganz schön kurzsichtig möchten wir meinen.
Und dabei merke ich, wie selbstgerecht ich mich manchmal verhalte. Die Fehler der anderen zu sehen, dass fällt mir nicht schwer – aber meine eigenen? Andere zu verurteilen wegen ihres nicht gerechten Verhaltens, das passiert ganz schnell. Aber das mich jemand beurteilen will? Nein, das geht gar nicht. Und schon merke ich, wie sehr mir das Verhalten von Jona vertraut ist.
Wie gut, dass bei Gott andere Maßstäbe zählen. Meine eigene Sicht auf Menschen und Dinge ist sehr beschränkt. Gottes Gerechtigkeit ist viel umfassender und größer.
Wie müsste Gott heute handeln, angesichts der menschengmachten Katastrophen. Da gibt es Kriege in der Welt, weil der Hunger nach Macht und Größe Menschen völlig verändern kann, da gibt es Streit, weil jeder auf seiner Meinung beharrt und wir verlernt haben, auf Augenhöhe zu diskutieren. Da gibt es die Hungersnöte in der Welt, weil wir es immer noch nicht verstanden haben, dass wir miteinander teilen sollen. Da gibt es Gewinner und Verlierer in der Gesellschaft, weil wir uns untereinander nicht verständigen können oder wollen usw.
Wie würde Gott heute handeln? Wenn wir ihm das bringen, was wir nicht fertigbekommen, wenn wir unsere Fehler eingestehen, dann dürfen wir auf seine Barmherzigkeit und seine Gnade bauen. Er verzeiht uns, wenn wir ihn darum bitten. Das haben wir sicher alle in unserem Leben schon einmal erfahren können. Und aus dieser Barmherzigkeit heraus können wir leben.
Er streckt uns immer wieder seine Hand aus und öffnet uns die Augen. Jona hat er anhand des Rizinusstrauches gezeigt, wie wir Menschen sind. Wir können uns über Kleinigkeiten ärgern, aber verlieren dabei den Blick für das Große Ganze. Jona ist verärgert, dass Gott den Schattenspender wieder weggenommen hat, aber das Gott die Bewohner von Ninive bestraften sollte, das hält Jona für angebracht.
Gott setzt uns mit diesem Beispiel unserer begrenzten Sicht einen Spiegel vor. Jona erkennt sich und erschrickt darüber. Aber er sieht auch noch etwas anderes. Er sieht Gottes große Barmherzigkeit. Gott ist an der Seite der Menschen im Krieg, an der Seite der Hungernden, an der Seite der Verlierer, an der Seite der Streitenden.
Er ist für uns alle da und er bietet uns seine Gegenwart an. Keiner von uns muss sich größer und wichtiger nehmen.
Gott sieht direkt in unser Herz und weiß, was wir alle brauchen.
Seine große Barmherzigkeit und seine unverdiente Gnade sucht alle Menschen auf – und auch dich und mich, wie ein Hirte seine Schafe sucht.
Amen
Gabriele von Dressler
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