Gott wacht über uns
Ansprache zum 31.12.2022
So spricht der HERR: „Ich will mich selbst als Wache um mein Haus lagern.“ Sach, 9,8
Ansprache zum 31.12.2022
So spricht der HERR: „Ich will mich selbst als Wache um mein Haus lagern.“ Sach, 9,8
Liebe Gemeinde,
wir sind angekommen. Angekommen am letzten Tag eines Jahres, welches nicht nur uns hier, sondern die ganze Welt durcheinander gewirbelt hat. Es begann mit der Ernüchterung, dass das Coronavirus nicht verschwunden ist, so wie wir es uns alle doch schon länger gewünscht hatten. Einschränkungen bestimmen immer noch Bereiche in unserem Leben, und ich denke da auch besonders an die Altenheime und unser Christoph-Blumhardt-Haus im Besonderen, in denen die Masken und Testpflicht weiter bestehen. Ein weiteres großes Ereignis, welches wir so nie für möglich gehalten haben, ist im Februar eingetroffen. Es ist Krieg in der Ukraine und damit Krieg in Europa. Russland marschierte in die Ukraine ein. Nachbarvölker, die sich bis dahin als Brüder angesehen hatten, stehen sich nun mit Waffen gegenüber und über die Brutalität des Krieges hören wir im Radio oder sehen es im Fernsehen. Fragen über Fragen gehen uns durch den Kopf. Wie konnte es nur zu so einem schlimmen Krieg kommen? War es absehbar, dass Russland diesen Angriff wagen würde? Und wie soll es weiter gehen? Es ist kein Ende absehbar. So viel Leid ist seitdem über die Menschen in der Ukraine gekommen. Millionen haben ihre Heimat verlassen und sind nun in den Nachbarländern und in unserem Land auf der Suche nach Wärme und Sicherheit.
Die Auswirkungen des Krieges sind auch bei uns deutlich zu spüren. Gas und Strom und auch die Kosten für Lebensmittel sind deutlich teurer geworden. Wir sind aufgerufen, zu sparen, um die Ressourcen, die wir haben, nicht übermäßig zu strapazieren. Unsere Regierung hatte und hat die schwere Aufgabe nach Alternativen für Strom und Gas zu suchen und zu schauen, dass es für uns hier gut weiter geht. Viele kritische und auch beleidigende Reaktionen müssen sie aushalten und weiter nach vorn schauen. Ich möchte nicht mit ihnen tauschen und wünschte mir mehr Dankbarkeit für ihren Einsatz.
Und trotz dieser weltbewegenden Einschnitte, ist unser Leben auch hier in Königsfeld weitergegangen. Wir haben uns mit einem großen Wechsel im Verkündigungsdienst befassen müssen. Ulrike Brusch, unsere Kantorin, wurde nach 25 Jahren nach Ebersdorf/Thüringen berufen. Christoph Huss, unser Pfarrer und seine Frau Annerose Klingner-Huss sind nach 19 Jahren Tätigkeit in Schule und Gemeinde nach Neuwied am Rhein berufen worden. Das war schon ein großer Einschnitt in unser Gemeindeleben. Es galt nun Vertrautes hinter sich zu lassen und sich auf Neues einzustellen.
Wie dankbar sind wir, dass die Besetzung der nun freigewordenen Stellen ohne Lücken erfolgen konnte. Annette Fritz hat seit dem 1. Januar 2022 den Bläserchor übernommen, und im Sommer folgten dann der neue Kantor, Alex Kim und unser neuer Pfarrer Gerald MacDonald. Sie sind nun schon alle drei über längere Zeit im Amt und uns allen sehr vertraut.
Ich denke, gerade in den Umbruchzeiten haben wir es ganz besonders spüren können, dass Gott sich selbst als Wache um sein Haus gelagert hat. Ihm haben wir vertraut und auf seine Hilfe durften wir im nun zu Ende gehenden Jahr bauen. Er hat für uns gesorgt und er hat uns hindurch getragen. Freude und Leid, alles haben wir im Jahr erfahren und er hat uns dabei begleitet. Und nun ist es ganz besonders schön, dass wir die letzten Stunden und Minuten des alten Jahres und den Beginn des neuen Jahres in seiner Gegenwart verbringen können. Denn etwas ganz Wichtiges haben wir auch in diesem Jahr erfahren. Wir können noch so viel planen und uns Gedanken machen, wie es im nächsten Jahr weitergehen wird. Wir brauchen die Nähe und die Zuwendung Gottes zu uns. Der Mensch denkt, Gott lenkt. In den Sprüchen im 16. Kapitel Vers 9 wird es so ausgedrückt: Des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg, aber der Herr allein lenkt seinen Schritt.
Dieses Vertrauen in seine Führung will uns eine Hilfe sein, unseren Weg auch im neuen Jahr weiter zu gehen. Noch ist vieles für uns unbekannt und manch einer von uns fürchtet sich vor dem, was noch alles auf uns zukommen kann. Neues und vor allem Unbekanntes kann uns Angst und Sorgen machen. Wir dürfen aber in all unserer Unsicherheit darauf bauen, dass Gott sich selbst als Wache um uns und sein Haus lagert. Das bedeutet für uns, dass wir keinen Tag allein unterwegs sind. Alles, was wir planen, was wir uns vornehmen und was wir dann auch umsetzen, alles geschieht unter den wachenden Augen Gottes. Und das kann uns Mut machen.
Die neue Jahreslosung verspricht uns, dass Gott uns sieht. Ich finde es großartig, dass wir nicht übersehen, sondern gesehen sind. Das bedeutet auch, dass wir Gott nicht egal sind – so wie wir sind. Er wacht über uns und er weiß, was gerade in uns vorgeht. Sicher haben viele von uns die letzten Abende noch einmal genutzt, um über die Dinge zu sprechen, die in den Familien oder Freundeskreisen in diesem Jahr wichtig gewesen sind. Da gab es sicher eine Menge sehr schöner Erlebnisse, die ausgetauscht wurden. Und dann aber auch schmerzhafte und traurige Anlässe, die uns noch immer ganz stark berühren, wenn darüber gesprochen wird. Alles, die guten und die traurigen Erfahrungen dürfen wir vor unseren Herrn bringen. Wir können sie abladen und Gott bitten, uns von allem frei zu machen, was uns belastet und innerlich gefangen hält.
Unser Herr ist mit uns auf dem Weg vom alten ins neue Jahr. Er will uns ermutigen und stärken für das, was kommt. Wir sind heute an seinen Tisch geladen und können mit ihm Tischgemeinschaft haben. Er selbst ist es, der uns einlädt. Und nun lasst uns mit Paul Gerhardt singen und beten: Nun lasst uns gehn und treten mit Singen und mit Beten zum Herrn, der unserm Leben bis hierher Kraft gegeben.
Amen
Gabriele von Dressler