11. Juni 2023 · 1. Sonntag nach Trinitatis
1. Johannes 4, 16 b-21
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Liebe Gemeinde,
in vielen Liedern wird von der Liebe Gottes gesungen. Zum Beispiel Gottes Liebe ist so wunderbar oder Gott ist die Liebe, lässt mich erlösen, Gott ist die Liebe, er liebt auch mich oder Gott liebt diese Welt und ich bin sein eigen. Viele haben sicher noch andere Lieder und Melodien im Kopf. Und wie das bei der großen Liebe so ist, sie lässt uns nicht kalt. Die Liebe ist immer auf das Gegenüber gerichtet und hat den anderen im Blick. Hören wir auf den Predigttext von heute aus dem 1. Johannesbrief 4, 16b-21
Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. 17 Darin ist die Liebe bei uns vollendet, auf dass wir die Freiheit haben, zu reden am Tag des Gerichts; denn wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt. 18 Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus. Denn die Furcht rechnet mit Strafe; wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe. 19 Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt. 20 Wenn jemand spricht: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, der kann nicht Gott lieben, den er nicht sieht. 21 Und dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.
Die Liebe Gottes ist ein Gegenüber mit dem wir in einer Beziehung stehen. Gott liebt uns und wenn wir in seiner Liebe blieben, dann ist Gott in uns und wir in ihm.
Nun ist es in einer Liebesbeziehung unter uns Menschen sehr unterschiedlich. Am Anfang einer großen Liebe, da sehen wir alles durch die große rosarote Brille. Wir lernen den oder die andere kennen und sind angezogen von allem, was sie ausmacht. Jede Sekunde und Minute wollen wir gemeinsam verbringen und Raum und Zeit spielen keine Rolle mehr – sind für Liebende aufgehoben. Eng umschlungen auf der Straße haben Liebende nur noch den Blick für den einen anderen – aber nicht für das Umfeld. Das ist eine wichtige und intensive Zeit und wenn ich heute hier in der Gemeinde nach der ersten großen Liebe fragen würde, dann könnten sich sicher alle noch daran erinnern, wie es begann. Denn diese Erfahrung trägt jeder und jede in seinem Herzen.
Dann kommt eine Phase, in der sich die Liebe bewähren muss. Die ersten Jahre sind vorbei und aus dem Verliebtsein wird Liebe oder es verkehrt sich in eine ganz andere Richtung- und aus Liebe wird das Gegenteil und am schlimmstenfalls Hass.
Liebe ist ein Geschenk, dass wir dem oder der anderen immer wieder neu machen können. Es lebt von meinem großen Einsatz und meiner Kreativität dem anderen Gegenüber. Das ist und bleibt ihr Geheimnis.
Gottes Liebe zu uns ist von Anfang an da. Er liebt uns, noch bevor wir das Licht der Welt erblicken und unsere ersten eigenen Erfahrungen mit der Liebe unserer Eltern machen. Es ist die bedingungslose Liebe, die Eltern ihren neugeborenen Kindern spüren lassen. Egal, was einmal sein wird, wir lieben dich und wir wollen dich immer beschützen. Und schon bald merken sie, wie sie an ihre Grenzen stoßen, weil die bedingungslose Liebe rund um die Uhr nötig ist.
Gott schenkt uns diese Rundumliebe in seinem Bund, den er mit uns Menschen schließt in der Taufe. Er ruft uns bei unserem Namen und durch das Wasser der Taufe und in seinem Namen sind wir ganz fest mit ihm verbunden. Dieser Liebesbund steht ewig fest und kann nie wieder aufgehoben werden. Auch wenn Menschen sich später einmal von ihm abwenden, die Taufe und damit sein Versprechen an uns bleibt.
Ein weiteres Merkmal von Gottes Liebe ist die Furchtlosigkeit. Wir brauchen uns nicht zu fürchten. Das ist so leicht gesagt. Wenn wir die Nachrichten hören, dann steckt die Furcht mittlerweile in jedem Beitrag: Der Krieg in der Ukraine nimmt seit Montag ganz neue Dimensionen an, seitdem ein großer Staudamm im Süden gesprengt wurde und nun zahlreiche Orte und Städte überflutet werden. Menschen, die gegen das Regime aufstehen werden zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt und damit mundtot gemacht. Die Hungersnot in den afrikanischen Ländern nimmt zu. Der Klimawandel lässt sich nicht stoppen und bedroht Mensch und Umwelt. Alles Schreckensszenarien, die wir uns noch vor einigen Jahren nicht vorstellen konnten.
Und was bleibt? Wirklich Furchtlosigkeit?
Gottes Liebe kennt all diese furchtbaren Dinge. Diese, seine Liebe ist zu uns auf die Welt gekommen und hat als Mensch unter uns Menschen gelebt. Die Liebe Gottes wurde nicht erkannt, sondern verfolgt, geschlagen und ans Kreuz gehängt. Viele machten sich über diese Liebe lustig und verachteten sie. Aber die Liebe ließ sich nicht beirren. Sie durchwanderte das finsterste Tal und ließ sich nicht in ein Grab zwingen. Sie durchlitt alles und am Ende nahm Gott seine Liebe wieder ganz zu sich.
Aber damit war und ist seine Liebe zu uns nicht zu Ende. Nein, sie lebt und wirkt unter uns. Hier in unserem Saal im Jahr 2023 ist sie da und sie ist so stark und groß wie am Anfang. Gottes Liebe kennt keinen Zerbruch, sie kennt nur immer wieder einen Aufbruch.
Und Gottes Liebe hat einen Auftrag an uns: Gottes Liebe kennt keinen Hass – und schon gar nicht unter Brüder und Schwestern. Sie gibt uns einen Leitfaden im Umgang untereinander mit. Die Liebe zu Gott und zu unserem Nächsten, das sind zwei Dinge, die untrennbar miteinander verbunden sind. Aber wie schwer fällt es uns manchmal, die Liebe zum Nächsten aufrecht zu halten? Da sind Verletzungen im Raum, die für uns unüberbrückbar erscheinen. Da haben wir vielleicht viel Zeit und Energie investiert, aber es kam nichts zurück. Da war unser wirkliches Bemühen nur einseitig und blieb von der anderen Seite unbeantwortet. Das schmerzt und lässt die Liebe abkühlen.
Diese Erfahrungen haben sicher auch einige von uns schon gemacht. Und da bleibt nach menschlichem Ermessen nur der Weg der Trennung.
Ich frage mich, wie es Gott mit uns geht. Müsste er nicht immer wieder enttäuscht von uns sein? Beantworten wir seine Liebe zu uns mit Gegenliebe oder sind wir nicht oft gleichgültig ihm gegenüber?
Investieren wir jeden Tag Zeit und Energie in die Beziehung zu ihm und zu Jesus, in dem wir sein Wort hören und in unserem Herzen tragen und bewegen – so wie es Maria tat, als der Engel zu ihr sagte, dass sie Jesus in sich tragen würde?
Die Liebe anderen gegenüber, die wir kennen und die auf der gleichen Wellenlänge wie wir sind, die fällt uns vielleicht leicht. Aber Menschen zu lieben, die so viel Leid in die Welt bringen und gar für sie zu beten, das ist schwierig und manchmal auch unvorstellbar.
Aber mit Gottes Liebe im Herzen dürfen und sollen wir für die beten, die uns so fremd sind, weil auch sie unsere Schwestern und Brüder sind.
Gottes Liebe zu uns ist bedingungslos und beständig. Er möchte unsere Herzen für ihn entflammen und diese Liebe sollen alle sehen. Wenn wir mit seiner Liebe, als seine geliebten Kinder, durch diese Welt gehen, dann kann daraus ein großes Feuer entstehen, dass wärmt und andere anzieht.
Der Kirchentag, der in den letzten Tagen in Nürnberg stattgefunden hat, der ist wie so ein großes Feuer von Gottes Liebe. Und jeder darf und soll diese Liebesflammen in sein Umfeld weitertragen. Denn Gott ist die Liebe.
Amen
Gabriele von Dressler
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