15. Januar 2023 · 2. Sonntag nach Epiphanias
2. Mose 33, 18-23
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Liebe Gemeinde,
am Anfang der Woche haben wir überlegt, ob der Weihnachtsbaum im Kirchensaal noch stehen bleiben soll oder ob er schon weichen muss. Er nadelt noch nicht und sieht noch sehr schön aus. Also bleibt er noch diesen Sonntag hier stehen. Noch einmal erstrahlen die Lichter am Baum und erinnern an das große Fest, das Fest der Geburt von Jesus, Gottes Sohn, welches wir 23 Tagen gefeiert haben. Gottes Licht kam in unsere Welt. Und mit dem Abschmücken des Baums und dem Aufräumen der Weihnachtsdeko nehmen wir Abschied vom Lichterglanz der Weihnachtstage.
Ich möchte diesen Zeitpunkt gern ein Stück herausschieben. Gerade haben wir im Kind in der Krippe die Gegenwart Gottes in unserer Welt gefeiert. Und nun kehren wir zum Alltag zurück? Alles vorbei? Bleibt da nicht eine Sehnsucht in uns nach einem sichtbaren Zeichen der Nähe Gottes?
Im Predigttext heute geht es um Mose, der sich nach der Gegenwart Gottes, nach einem Zeichen von ihm sehnte. Und damit ist er uns heute und hier sehr nah. 18 Und Mose sprach: Lass mich deine Herrlichkeit sehen! 19 Und er sprach: Ich will vor deinem Angesicht all meine Güte vorübergehen lassen und will ausrufen den Namen des HERRN vor dir: Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich. 20 Und er sprach weiter: Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht. 21 Und der HERR sprach weiter: Siehe, es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen. 22 Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felskluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. 23 Dann will ich meine Hand von dir tun, und du darfst hinter mir her sehen; aber mein Angesicht kann man nicht sehen. (2. Mose 33, 18-23) Mose will ein Zeichen von Gottes Gegenwart. Er will seine Herrlichkeit sehen. Herrlichkeit kommt aus dem Hebräischen und heißt kabod. Das bedeutet soviel wie Macht, Würde und Größe.
Und wie reagiert Gott? Er geht auf seinen Wunsch ein – aber anders, als Mose es erwartet hat. Er gibt ihm genaue Anweisungen: Er will mit Güte an ihm vorüberziehen, er will seinen Namen ausrufen und barmherzig sein. Das Angesicht Gottes kann kein Mensch sehen. Erst, wenn wir einmal bei Gott sein werden, wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist, dann werden die ihn sehen, wie er ist. (1. Joh. 3,2) Gott zeigt damit eine Grenze auf, die kein Mensch überschreiten kann.
Wir leben noch in einer Zeit, in der wir Gott nicht sehen können. Dabei ist es doch gerade in der heutigen Zeit so wichtig, dass wir alles von uns zeigen. Sehen und gesehen werden. Und was tun wir nicht alles dafür. Die sozialen Medien verlangen es förmlich von uns, dass wir sichtbar sind mit likes, Emotions oder Videos und Bildern. Wer das nicht macht, der ist draußen, der ist altmodisch oder out. Up to date sein, das ist alles, was zählt. Und damit das auch möglichst viele sehen, verschönern wir unsere Bilder und bringen alles auf Hochglanz heraus. Oder wir schreiben schon in jungen Jahren Biografien, damit wir ja in der Welt nicht vergessen werden. Die Sehnsucht, vielleicht übersehen zu werden, die gibt es in allen Gesellschaftsschichten. Und viele behaupten doch glatt, was sie nicht sehen, das gibt es nicht. Dabei gibt es viele Dinge um uns herum, die wir nicht sehen können: zum Beispiel die Luft um uns herum, die uns leben und atmen lässt oder die Energie, die nicht nur uns Menschen, sondern auch Maschinen antreibt. Wir sehen nur die Auswirkungen davon.
Die Sehnsucht von Mose, Gott zu sehen, sie ist zutiefst menschlich und nachvollziehbar. Wir wollen begreifen, wie Gott ist, wir wollen wissen, wer und wie er ist. Gott lässt sich aber nicht in ein von Menschen gemachtes Bild pressen. Er ist viel größer, als unsere Gedankenwelt und unser Verstand es je begreifen können. Aber er demütigt Mose und damit seinen Wunsch nicht.
Ja, er schützt Mose und gibt ihm Raum. Er lässt ihn in eine Felskluft gehen und hält seine Hand über ihm. Und er lässt ihn das Nachher, den Nachglanz die leuchtende Spur sehen. Dieses Nachher ist ein Grundmuster und eine Grunderfahrung unseres Glaubens. Denn oft sehen wir in unserem Leben erst im Nachhinein, wie Gott gewirkt hat. Zum Beispiel, wenn er uns bei einem Unfall behütet hat und schlimmeres verhindert hat. Oder als er geholfen hat, wo wir keinen Ausweg mehr gesehen haben. Und es lohnt sich, mal eine Pause im Alltag zu nehmen und Gottes Spur in deinem und in meinem Leben zu verfolgen. Da merken wir schnell, dass wir uns so einiges anderes ausgemalt und gedacht hatten. Am Ende aber sind wir von ihm geführt worden und können nur staunen über die Wege, die sich uns eröffnet haben. Wenn wir so die Spuren Gottes entdecken, dann gibt es uns auch Mut, unseren Weg weiterzugehen. Wir dürfen darauf vertrauen dass Gott auch heute und jetzt an unserer Seite ist – vielleicht still und unerkannt.
Gottes Hand ist über mir und meinem Leben. Das spüre ich immer besonders, wenn der Segen mit ausgebreiteten Armen gesprochen wird. Er wacht über uns und gibt uns die nötige Stärkung, die wir im Leben brauchen. Gott schützt uns vor Gefahren, die wir noch gar nicht wahrnehmen und überblicken. Er hat Erbarmen mit uns und lässt seine Güte über uns strahlen.
Mose hat etwas Wichtiges in der Begegnung mit Gott gelernt. Er vertraute darauf, dass Gott ihn und sein Anliegen ernst nimmt. Mose hat das Glück erfahren, von Gott gesehen zu werden. Und so spricht es auch Hagar in der Wüste aus, in den Worten, die in diesem Jahr die Jahreslosung ist: Du bist ein Gott, der mich sieht.
Gott kennt unseren Wunsch nach Nähe und erfüllt ihn auf seine Weise. Er ist mit uns auf dem Weg und schenkt uns einen Vorgeschmack auf Gottes große Herrlichkeit. Noch sehen wir ihn nicht, aber wir sind auch heute eingeladen, an den Tisch des Herrn zu kommen und uns mit ihm und seinem Sohn Jesus Christus ganz neu zu verbinden. Dann spüren wir seine Nähe und wissen, dass er uns sieht und als seine geliebten Kinder annimmt. Seine Einladung gilt für uns alle, dass wir unter seiner Gnade und Barmherzigkeit gestärkt und voller Vertrauen in die kommende Zeit gehen können.
Amen
Gabriele von Dressler
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