Heiligabend, 24.12.2023
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Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde,
manche Dinge ändern sich nicht. Manche Dinge bleiben gleich. Bei der allerersten Weihnacht waren die Menschen unterwegs. Damit alle Welt geschätzt werden konnte, waren alle Untertanen des Römischen Reichs unterwegs in deren Heimat.
Bei uns sind auch viele – wenn nicht alle – unterwegs, auch meistens in die Heimat um die Familie zu besuchen. Es gibt aber Unterschiede zwischen damals und heute. Damals gab es keine Autobahn. Damals gab es keine Züge. Ja, es stimmt, wenn man sich die abendlichen Nachrichten anschaut, gibt es auch in Deutschland viel zu oft keine Züge. Also, die Ähnlichkeiten zwischen der ersten Weihnacht und heute sind da. Viele waren auf Reisen und es war nicht leicht.
Lukas bietet nicht viele Details, aber Joseph und Maria waren höchstwahrscheinlich zu Fuß unterwegs. Von einem Esel oder ähnliches ist keine Rede. Von Nazareth bis Bethlehem zu laufen dauerte es ungefähr drei Tage. Und als sie ankommen, fanden sie keine Unterkunft. Liebe Gemeinde, ich bin einmal als junger Mann von Amsterdam nach Genf per Anhalter gefahren. Ich habe die Nacht auf einer Autobahnraststätte verbracht. In der Nacht wurde ich so müde, dass ich mich einfach hinlegen musste. Platz fand ich unter der Treppe im Toilettenbereich. Schön war es nicht. Aber ich war sehr müde. Und jung. Es dauerte nicht lange, bis die Putzfrau mich fort jagte.
Nach dem langen Fußmarsch waren Joseph und Maria bestimmt erschöpft. Und Maria war hochschwanger. Und sie mussten im Stall schlafen. Dennoch, das war besser als einfach im Freien zu schlafen. Glück im Unglück. Wie man sagt. Immerhin, ein Dach über dem Kopf. Und dann kommen die Wehen. Und dann kommt die Entbindung. Und das Kind ist da. Das Jesuskind. Das Christkind. Mit einer äußerst fragwürdigen Vaterschaft.
Liebe Gemeinde, die Bibel sagt, dass die Wege des Herrn unergründlich seien. In der Tat. Das sind sie. Wäre ich Gott, und wollte die Menschen besuchen, würde ich einen anderen Auftritt wählen. Mit Donner und Blitz. Wie im Alten Testament eben. Wie bei Mose, als er vom Gott die 10 Gebote in Empfang nahm. Aber liebe Freunde, der ganze Sinn von der Art und Weise wie Jesus geboren wurde, besteht darin, dass es anders war als wir es machen würden. Es war anders, als wir es erwarten würden. Mit Jesu Geburt fängt das Neue Testament an. Gott kündigt an, er will es nun mit uns anders angehen.
Im Alten Testament sollte die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk Israel als Beispiel dienen. Gottes Liebe und Treue gegenüber Israel sollte auf andere Völker einen Eindruck machen und sie zu ihm ziehen. Durch seinen Umgang mit seinem Volk Israel, offenbarte sich Gott dem Rest der Welt. Mit Jesu Geburt kündigt Gott an, er will mit uns allen direkt Kontakt aufnehmen. Er will mit uns allen direkt reden. Er will uns Nahe sein. So nahe, dass er einer von uns wird.
Das leuchtet uns vielleicht ein. Aber. Wäre es nicht effektiver gewesen, wenn Gott in der Gestalt eines richtigen Königs gekommen wäre? Er hätte mit den korrupten Politikern und Bürokraten aufräumen können. Er hätte soziale Gerechtigkeit zustande bringen können. Er hätte ein gut funktionierendes Verkehrswesen durchführen können. Schluss mit Staus und ausgefallenen Zügen. Er hätte schließlich Soziale- und Welt-Frieden herbeiführen können.
Ja, meine liebe Freunde. Das hätte Gott tun können. Aber stattdessen ist er in der Gestalt eines einfachen Kindes zu uns gekommen. Er ist als einer von uns gekommen. Er ist uns so ähnlich, so nahbar, dass als er später als Erwachsener durch das Land zog, die normalen Menschen zu ihm gezogen wurden. Und „normal“ heiß hier, die Fischer, die Zöllner, die Verrufenen und auch die Kinder. Sie wurden alle zu ihm gezogen. Vor einem richtigen König hätten sie eher Angst gehabt, aber nicht vor einem Zimmermann. Nicht vor Jesus.
Und bei Jesu Geburt, an dem ersten Weihnachten, wurden ebenfalls „normale“ Menschen zu ihm gezogen. Hirten. Sie spielen die Hauptrolle in dem zweiten Akt der Weihnachtsgeschichte. Und die Hirten, liebe Gemeinde, sind die Brücke zwischen dem alttestamentlichen Gott mit Donner und Blitz und dem Jesuskind in der Krippe. Es sind die Hirten, die den Schreck der Herrlichkeit Gottes erleben, wie wir sie im Alten Testament kennen. Aber dann gehen sie nach Bethlehem und sehen das Jesuskind und erfahren die Sanftmut von eben demselben Gott.
Es ist diese Sanftmut, diese Zugänglichkeit, die wir Menschen zu vermitteln versuchen, wenn wir eine Krippe basteln. Ich meine, was sehen wir, wenn wir uns eine Krippe anschauen. Wir sehen eine unwahrscheinliche Szene. So bescheiden. So demütig. Das ist was das Auge sieht. Aber wir wissen. Wir wissen in unseren Herzen, das viel mehr da ist. Denn Gott ist da. Unsichtbar. Aber doch da.
Liebe Freunde, ob wir eine Krippe betrachten, oder die Weihnachtsgeschichte lesen, wir stehen neben den Hirten. Zusammen mit ihnen sind wir Zeugen von Jesu Geburt. Was für eine Ehre! Amen
Gerald MacDonald
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