Predigt am 27.8.2023, 12. Sonntag nach Trinitatis
Jesaja 29, 17-24
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In ein paar Wochen, dann ist es schon 34 Jahre her, dass wir eine große Wende in unserem Land erleben konnten. Mit vielen Gebeten und schweigenden Protestmärschen zogen sich tausende Menschen durch die Städte und Straßen und am Ende geschah das Wunder – das Wunder der Wiedervereinigung unseres Landes. Noch heute erinnere ich mich an diese aufregende Zeit – ich war damals 18 Jahre alt – ich war mittendrin in dem Geschehen damals in Magdeburg.
Heute geht es in unserem Predigttext auch um eine große Wandlung:
17 Wohlan, es ist noch eine kleine Weile, so soll der Libanon fruchtbares Land werden, und was jetzt fruchtbares Land ist, soll wie ein Wald werden. 18 Zu der Zeit werden die Tauben hören die Worte des Buches, und die Augen der Blinden werden aus Dunkel und Finsternis sehen; 19 und die Elenden werden wieder Freude haben am HERRN, und die Ärmsten unter den Menschen werden fröhlich sein in dem Heiligen Israels. 20 Denn es wird ein Ende haben mit den Tyrannen und mit den Spöttern aus sein, und es werden vertilgt werden alle, die darauf aus sind, Unheil anzurichten, 21 welche die Leute schuldig sprechen vor Gericht und stellen dem nach, der sie zurechtweist im Tor, und beugen durch Lügen das Recht des Unschuldigen. 22 Darum spricht der HERR, der Abraham erlöst hat, zum Hause Jakob: Jakob soll nicht mehr beschämt dastehen, und sein Antlitz soll nicht mehr erblassen. 23 Denn wenn sie sehen werden die Werke meiner Hände – ihre Kinder – in ihrer Mitte, werden sie meinen Namen heiligen; sie werden den Heiligen Jakobs heiligen und den Gott Israels fürchten. 24 Und die, welche irren in ihrem Geist, werden Verstand annehmen, und die, welche murren, werden sich belehren lassen.
Jesaja macht den Menschen damals Mut und Hoffnung. Als wir den Text im Bibelkreis gelesen haben, hatten wir auch schnell die Situation unserer Zeit vor Augen: Wie viele Länder erleben auch in unseren Tagen Fremdherrschaft oder Regierungsoberhäupter, die ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen beispielsweise n der Türkei, in China, in Russland, in Nordkorea, in Saudi-Arabien, im Nordirak, in Somalia und vielen Ländern in Afrika – um nur einige zu nennen. Korruption und Unterdrückung sind dort gängig. Die Welt in der wir leben ist ein großer Patient. An so vielen Ecken sind bösartige Geschwüre aufgetreten, die behandelt werden müssen. Und täglich kommen noch neue hinzu. Wie gut ist es da, heute diesen Text zu hören: Es wird alles gut – es wird alles verwandelt werden.
Mit der Hoffnung auf ein besseres Leben sind viele Menschen auch in unseren Tagen aus ihrer Heimat geflohen und in unser Land gekommen. Gerade im August denken die jesidischen Mitbürger Königsfelds des Genozids vor 8 Jahren im Nordirak. Ich habe in den Statusmeldungen über Handy so viel davon gelesen und gesehen und die Flut von Tränen erahnt, die in diesen Tagen geflossen sind, weil nahe Angehörige schmerzhaft vermisst werden, weil sie brutal umgebracht wurden oder weil sie so weit weg sind. Was für ein großer Schmerz, den viele in ihrem Herzen tragen.
Oder ich denke an die vielen Nachkommen von versklavten Frauen und Männern aus Suriname, die im Juli in den Niederlanden Keti-Koti – das Sprengen der Ketten – die Befreiung aus der Sklaverei gefeiert haben. Wie viel Leid haben die Vorfahren der People of Color erfahren und wie lange haben sie darauf warten müssen, dass ihre Leidensgeschichte nun endlich auch aufgearbeitet wird. In der letzten Ausgabe des Herrnhuter Boten wird ausführlich darüber berichtet.
Und dann denken wir an die vielen Ukrainerinnen, die im letzten Jahr zu uns geflohen sind, weil in ihrem Land ein brutaler Krieg ausgebrochen ist. Sie kommen nicht zur Ruhe, weil auch bei ihnen die Familien auseinandergerissen wurden und ihr Herz noch in der vertrauten Heimat ist. Niemand hatte auch damit gerechnet, dass der Krieg so lange dauern würde und ein Ende ist nicht absehbar.
Die Geschwüre werden zusehends größer und bedrohlicher. Wie gut, dass die Worte des Propheten Jesaja heute zu uns sprechen und auch uns Hoffnung geben möchten. So, wie Jesaja damals prophezeit hat, dass aus dem Libanon – welches ein ganz trockenes und staubiges Stück Erde ist, fruchtbares Land werden soll, so dürfen auch wir darauf hoffen, dass Gott die Erde und die Menschen darauf verwandeln kann. Wichtig ist, dass wir in einer guten und festen Verbindung zu ihm stehen. Das wir ihm zutrauen, dass er alles verändern, dass er alles neu machen kann. Dieses Vertrauen – wir nennen es Glauben – schenkt er uns täglich neu, wenn wir ihn darum bitten. Aber wir müssen auch selbst aktiv werden. Wir dürfen den Glauben annehmen und daran festhalten, dass alles in Gottes Hand liegt.
In unserem Gespräch am Donnerstag kam auch die Anmerkung, dass es immer schwieriger wird, den jüngeren Menschen von unserem Vertrauen auf Gott zu erzählen. Viele können mit dem Glauben an Gott nicht mehr viel anfangen, weil ihnen alles zu abstrakt vorkommt und sie die biblischen Erzählungen nicht mehr kennen.
Ich denke, es ist und bleibt unsere Aufgabe im Gespräch mit den jüngeren zu sein und ihnen von den Erfahrungen mit Gott in der Bibel und im eigenen Leben weiter zu geben. Und da ist jede und jeder von uns gefragt.
Und denken wir uns an unsere eigene Jugendzeit zurück, dann erinnern wir uns vielleicht auch daran, dass es auch bei uns sogenannte Durststrecken gab – und nicht nur da. Unser Glaube braucht die Gemeinschaft – den Austausch über das Wort Gottes. Und das kann auf unterschiedliche Art und Weise geschehen – in Gesprächen, im Gebet, im gemeinsamen Musizieren, im gemeinsamen Singen.
Lasst uns gemeinsam festhalten am Lob und Dank gegenüber unserem Herrn, so wie es im 23. Vers heißt: …sie meinen Namen heiligen; sie werden den Heiligen Jakobs heiligen und den Gott Israels fürchten.
Denn darauf, liebe Schwestern und Brüder kommt es an, dass wir in einer lebendigen Beziehung zu unserem Herrn bleiben. Er hat seine Wunder in der Welt auf vielfältige Weise getan und es ist gut, wenn wir uns gemeinsam daran erinnern und uns gegenseitig Mut machen.
Die Güte des Herrn hat kein Ende, sein Erbarmen hört niemals auf – so heißt es in den Klageliedern 3,22.
Daran dürfen wir uns erinnern und unsere Hoffnung und unser Vertrauen auf ihn setzen. Und so vertrauen wir darauf, dass unser Herr sich als Arzt dieser Welt annimmt und alle bösartigen Geschwüre an der Wurzel packt und ausreißt.
Wir vertrauen uns ihm auch heute neu an, wie die Schafe ihrem Hirten vertrauen und folgen, denn wir haben die Zusage, dass alles neu werden wird.
Amen
Gabriele v. Dressler
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