30. Juli 2023, 8. Sonntag nach Trinitatis
Matthäus 5, 13-16
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Predigt am 30. Juli 2023, 8. Sonntag nach Trinitatis
Schriftlesung, Epheser 5: 8-20
8 Früher gehörtet ihr selbst zur Finsternis, doch jetzt gehört ihr zum Licht, weil ihr mit dem Herrn verbunden seid. Verhaltet euch so, wie Menschen des Lichts sich verhalten. 9 Ihr wisst doch: Die Frucht, die vom Licht hervorgebracht wird, besteht in allem, was gut, gerecht und wahr ist. 10 Deshalb überlegt bei dem, was ihr tut, ob es dem Herrn gefällt. 11 Und beteiligt euch unter keinen Umständen an irgendeinem Tun, das der Finsternis entstammt und daher keine guten Früchte hervorbringt. Deckt solches Tun vielmehr auf! 12 Denn was manche im Verborgenen treiben, ist so abscheulich, dass man sich schämt, es auch nur zu erwähnen. 13 Doch alles, was aufgedeckt wird, ist dann im Licht als das sichtbar, was es wirklich ist. 15 Gebt also sorgfältig darauf acht, wie ihr lebt! Verhaltet euch nicht wie unverständige Leute, sondern verhaltet euch klug. 16 Macht den bestmöglichen Gebrauch von eurer Zeit, gerade weil wir in einer schlimmen Zeit leben. 17 Lasst es daher nicht an der nötigen Einsicht fehlen, sondern lernt zu verstehen, was der Herr von euch möchte. 18 Und trinkt euch keinen Rausch an, denn übermäßiger Weingenuss führt zu zügellosem Verhalten. Lasst euch vielmehr vom Geist Gottes erfüllen. 19 Ermutigt einander mit Psalmen, Lobgesängen und von Gottes Geist eingegebenen Liedern; singt und jubelt aus tiefstem Herzen zur Ehre des Herrn 20 und dankt Gott, dem Vater, immer und für alles im Namen von Jesus Christus, unserem Herrn.
Predigt: Der Habitus eines Christenmenschen
Matthäus 5, 13-16:
13 Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten. 14 Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. 15 Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. 16 So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.
Liebe Schwester, liebe Brüder!
Wir haben gerade zwei tolle Bibelstellen gelesen. Thematisch passen sie gut zusammen. Bei der Ersten spricht Paulus die Gemeinde in Ephesus an und sagt ihnen wie sie leben sollten. Ihr Lebenswandel sollte sich von dem Lebenswandel der Nicht-Christen unterscheiden. Sie waren mal Menschen der Finsternis, nun sind sie aber Menschen des Lichts.
In dem Predigttext aus dem Matthäusevangelium spricht Jesus seinen Zuhörern an mit den berühmten Metaphern von Salz und Licht. Jesus‘ Rede bei Matthäus folgt unmittelbar nach den wohlbekannten Seligpreisungen.[1] Ich werde sie hier nicht vorlesen. Aber ich fasse zusammen: Jesus preist selig, wer eine bestimmte Geisteshaltung aufweist. Es werden verschiedene Tugenden aufgezählt, wie Demut, Sanftmütigkeit, Barmherzigkeit, Lauterkeit, Friedfertigkeit, so wie Streben nach Gerechtigkeit. Ich merke hier an, dass diese Dinge alle innerliche Einstellungen sind. Es ist eine Beschreibung des Habitus eines Christenmenschen. Und es steht im Gegensatz zum Habitus eines Nicht-Christen.
Eine christliche Gemeinde vereint solche Eigenschaften. Sie sollte es wenigstens, damit das mit dem Selig sein auch funktionieren kann. Es ist nicht bloß ein Idealbild, das da gezeichnet wird. Es ist nichts, wovon man sagen könnte: schön wär’s, aber das ist unmöglich. Denn natürlich können Menschen so sein.
Niemand muss mit Gewalt seine Ziele durchsetzen.
Niemand muss unbarmherzig sein.
Niemand muss andere übervorteilen.
Niemand muss Krieg führen.
Die Seligpreisungen sind erfüllbar.
Zurück zum Predigttext. Wen spricht Jesus in dem Predigttext an? Wer ist das Salz der Erde? Wer ist das Licht der Welt? …. Ihr – meine liebe Schwestern und Brüder. Ihr seid das Salz der Erde. Ihr seid das Licht der Welt. Nicht irgendjemand anders. Nicht der Pfarrer. Nicht der Papst. Nicht der Dekan oder der Bischof. Sie mögen es ja auch sein. Man hofft, sie sind es auch, aber die Gemeinde Christi ist das Salz und das Licht. Gerade beim Salz nutzt es nicht ein oder zwei Körner zu haben. Man braucht viel davon. Und man muss es streuen, damit es seine Wirkung hat.
Man kann eine Suppe versalzen, indem man zu viel von dem Salz nimmt. Das schmeckt man deutlich. Aber daran wird hier nicht gedacht sein. Hier geht es darum, dass das Salz nicht mehr salzig ist.
Vielmehr taucht die Möglichkeit auf, dass das Salz nicht mehr salzen kann. Das wäre fatal. Es bedeutete, dass das Salz – also wir – weggeschüttet und von den Leuten zertreten werden. Wir sind dann nutzlos und bedeutungslos. Unser Leben hat dann keinen Sinn – bzw. es verfehlt seinen Sinn und Zweck.
Auf die Dosierung kommt es zwar beim Suppekochen an, aber nicht beim Christsein. Salzsein oder nicht Salzsein. Das ist hier die Frage. Und was für eine angenehme Wirkung Salz hat, … das wissen wir alle, glaube ich. Es macht die Nahrung schmackhafter, das Fade wird genommen.
Das ist auch die Wirkung der Art und Weise, wie wir unser Leben führen – gemäß den Seligpreisungen. Als solche, die barmherzig sind, sanftmütig, nach Gerechtigkeit strebend, friedfertig usw. Auch wenn viele andere so nicht leben: die Tatsache, dass wir es tun, führt dazu, dass die ganze Welt davon berührt ist und dadurch verwandelt wird. Genau wie eine kleine Menge Salz in der Suppe nicht an einem Ort und in einem Haufen beisammenbleibt, sondern sich in der ganzen Suppe gleichmäßig verteilt.
Salz hat bekanntlich auch eine bewahrende Funktion. Wir kennen die konservierenden Fähigkeiten von Salz, die gerade in der damaligen Zeit sicher sehr häufig genutzt wurden. Damals gab es noch keine Kühlschränke oder Gefriertruhen. Also, wir als das Salz der Erde haben die Funktion, die Aufgabe, den Auftrag, die Menschheit zu bewahren und zu erhalten – durch die Art und Weise, wie wir leben. Eine große Aufgabe! Und eine große Verantwortung!
In den Worten Jesu kommt aber noch etwas anderes zum Ausdruck: es gibt keinen Ersatz für das Salz. Das heißt, wenn wir, die christliche Gemeinde, als Salz der Erde ausfallen, dann gibt es keine andere Möglichkeit der Würzung. Da gibt es kein Maggi, keine Kräuter oder sonst irgendwas, das dem Essen vielleicht doch noch etwas Geschmack geben kann. Womit soll man salzen? Allein wir können das. Es ist also eine große Verantwortung, die uns da übertragen wird und die wir nicht anderen überlassen können.
Nun kommt noch das andere dazu: Ihr seid das Licht der Welt. Was damit gemeint ist, verdeutlicht Jesus zunächst mit dem Bild von der Stadt auf dem Berge. Man sieht sie von weitem. Tags erkennt man ihre Silhouette, nachts sieht man die Lichter schon von weitem leuchten.
Beides impliziert, dass das, was die Gemeinde Jesu Christi tut, allen Menschen offenbar ist – oder sein sollte. Es ist weithin sichtbar. Nichts davon soll verborgen sein, und kann auch nicht verborgen werden, denn wie will man eine Stadt auf dem Berg unsichtbar machen?
In dem Sinn ist der zweite Hinweis auch zu verstehen: man zündet kein Licht an, um es unter den Scheffel zu stellen. Das widerspricht seinen Zweck. Es soll ja allen Menschen als Licht dienen, damit man sieht, was man tut.
Wenn Jesus uns sagt, dass wir das Licht der Welt sind, dann erinnert das auch daran, welches im Matthäus-Evangelium nur kurz vor Beginn der Seligpreisungen von Jesus gesagt wird: „Das Volk, das in Finsternis saß, hat ein großes Licht gesehen; und denen, die saßen am Ort und im Schatten des Todes, ist ein Licht aufgegangen.“ (Mt 4, 16) Wie Jesus für uns ein Licht war, müssen wir ein Licht für unsere Mitmenschen sein.
Jesus ist nun weg. Wir sind seine Stellvertreter. Wir haben also Teil am Auftrag Jesu, wozu er uns dann auch ermutigt, indem er sagt: „Lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ (Mt 5, 16) Also der Zweck unseres Leuchtens für unsere Mitmenschen ist nicht, dass sie uns loben und bewundern für welche tolle Menschen wir sind. Nein. Unsere Werke deuten auf den hin, der die Werke ermöglicht. Der Endzweck ist, dass unsere Mitmenschen zu Gott geführt werden. Dann werden sie auch zu Lichten und unsere dunkle Welt wird heller.
Mit dem Licht ist es wie mit der Stadt auf dem Berge: man sieht es. Je dunkler die Umgebung ist, desto deutlicher ist das Licht erkennbar. Umso dankbarer ist man für das Licht, denn die Dunkelheit ist ja furchtbar. Seefahrer kennen das von den Leuchttürmen her, die ihnen den sicheren Weg in den Hafen weisen. Ein kleines Licht, so wie das, das in einem Haus angezündet wird, ist nicht davor geschützt, verdeckt zu werden. Die Mahnung Jesu, dass wir unser Licht leuchten lassen sollen, heißt mit anderen Worten: verdunkelt es nicht. Stellt keinen Scheffel darüber. Denn das würde unweigerlich das Licht verlöschen lassen, weil es keine Nahrung mehr bekommt. Die Lichter im Neuen Testament brauchten alle Sauerstoff zu brennen.
Die Metapher des Lichts ist auch eine gute Mahnung vor einem zu sehr privatisierten oder individualistischen Christentum. Wir leuchten, weil wir Jesus kennen. Und Licht ist kein Selbstzweck. Ein Licht gibt kein Licht für sich selbst, sondern für anderen. Unser Licht, unser Lebenswandel, unser Glaube muss für andere sichtbar sein. Sonst wäre das ganze sinnlos.
Zumindest damals war es nicht ungefährlich, sein Glaube für andere sichtbar zu machen. Wer sich als Christ zu erkennen gab, musste zunächst einmal fürchten, als Sektierer oder Ketzer oder Staatsfeind abgestempelt zu werden. Später kam dann noch die Verfolgung dazu: als Christ war man schuld an allem.
Für uns ist heute wohl die größte Gefahr, dass wir uns gar nicht recht von den anderen unterscheiden können. Es gibt keinen erkennbaren Unterschied zwischen uns und unseren nicht-christlichen Nachbarn.
Wir leben in einer Gesellschaft, die über die Jahrhunderte von christlichen Grundsätzen geprägten wurde. Das Christentum hat die Gesellschaft christianisiert. Es sind viele Bereiche, für die die Kirche und die Christen früher zuständig waren, die nun vom Staat übernommen worden sind. „Vater Staat“ kümmert sich zum Beispiel um viele wohltätigen Dinge, die die Christen mal gemacht haben. Umso wichtiger ist es, dass unsere Mitmenschen erkennen können, weshalb wir leuchten. Was ist unsere Lichtquelle? Warum ist unser Habitus anders? Warum sind wir barmherzig, sanftmütig, friedfertig und nach Gerechtigkeit strebend? Wir sind Nachfolger Jesu. Wir sind das sichtbare Leib Christi auf Erden.
So lassen wir unser Licht leuchten: denn wir sind das Licht der Welt. Wir haben Teil an dem Licht, das Jesus Christus selbst ist: Wir sind ein Licht für die Völker. Lassen wir dieses Licht leuchten, damit alle Menschen es sehen und Gott, unseren Vater im Himmel, preisen. Denn Gott ist Licht, und ihn ihm gibt es keine Finsternis.
Amen
Gerald MacDonald
[1] Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.
Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.
Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.
Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.
Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.
Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich.
Die Seligpreisungen gehen unserem Predigttext unmittelbar voraus, und man muss den Predigttext mit dem Hintergrund der Seligpreisungen lesen und interpretieren.
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