Predigt am 01.06.2025 Exaudi
Johannes 16, 5-15
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Liebe Gemeinde, jeden Tag hören wir in den Nachrichten von Menschen, die verhaftet, angeklagt und vor Gericht gestellt werden, um sich für ihre Taten zu verantworten. Gelegentlich hört man von jemandem, der so sehr von seiner Unschuld und seiner eigenen Intelligenz überzeugt ist, dass er auf einen Anwalt verzichtet – und sich stattdessen selbst verteidigt. In juristischen Kreisen gibt es dazu eine sprichwörtliche Warnung: Als ein Mann eines Tages vor den Richter trat und erklärte, sich selbst zu vertreten, hat der Richter geantwortet: „Darf ich Sie warnen, mein Herr – wer sich selbst verteidigt, hat einen Narren zum Anwalt.“
Liebe Gemeinde, dieser Spruch war schon immer wahr – vielleicht heute mehr denn je. Denn unser Rechtssystem ist komplex, und die Wahrheit kann leicht verbogen, verdreht oder ignoriert werden. Wenn es um Recht und Gerechtigkeit geht, braucht man jemanden an seiner Seite, der sachlich bleibt und sich auskennt – einen echten Experten.
In gewisser Weise stehen wir als Christen unser ganzes Leben lang vor Gericht. Wir werden geprüft, angeklagt, versucht und vom unheiligen Dreigespann aus Welt, Fleisch und Teufel bedrängt. All deren Lügen und Angriffe haben ein Ziel: unseren Glauben an Jesus Christus als Retter zu zerstören. Jesus wusste, dass wir allein nicht bestehen könnten – wir wären verloren, wie der Mann, der sich selbst vor Gericht vertritt. Deshalb hat er uns nicht allein gelassen, sondern den Heiligen Geist gesandt.
Heute herrscht viel Verwirrung über die Person und das Wirken des Heiligen Geistes. Manche Gemeinden lehren über das Zungenreden, Heilungsgaben oder warme Gefühle im Herzen. Doch unser Herr selbst erklärt uns, was der Heilige Geist wirklich tut: Er wirkt durch das Wort – und er verteidigt die Wahrheit über Sünde, Gerechtigkeit und Gericht.
Jesus sprach diese Worte im Obergemach am Gründonnerstag, kurz bevor er verraten, verhaftet, gequält und gekreuzigt wurde. Es war mindestens das vierte Mal, dass er seinen Jüngern sagte, was geschehen würde, doch sie verstanden es nicht. Sie waren zu sehr mit dem Gedanken beschäftigt, dass Jesus sie verlassen würde. Keiner fragte: „Wohin gehst du?“ – obwohl das doch die entscheidende Frage gewesen wäre.
Aber Jesus wusste, was sie brauchten. Er sagte: „Weil ich dies zu euch geredet habe, ist euer Herz voll Traurigkeit. Doch ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich weggehe; denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Helfer nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, werde ich ihn zu euch senden.“ Ja, Jesus verließ seine Jünger – aber nicht ohne Beistand. Er sandte den Heiligen Geist – als Anwalt, Vertreter und Tröster.
Jesus sagte den Jüngern, „Wenn er kommt, wird er die Welt überführen von Sünde, Gerechtigkeit und Gericht.“ In einem Satz räumt Jesus mit vielen Irrtümern auf. Kommt der Geist nur zu einigen besonders frommen Menschen? Nein. Kommt er, um Visionen zu senden, in denen er die Zukunft offenbart oder Krankheiten heilt? Nein, liebe Gemeinde. Er kommt, um zu überführen, zu bezeugen und zu verteidigen.
Wir alle kennen die Zehn Gebote. Die Zehn Gebote sind ein Spiegel unserer Sünde. Die Zehn Gebote dienen uns, indem sie uns zeigen, wie sehr wir auf Gottes Gnade angewiesen sind. Denn die Zehn Gebote können wir alle nicht einhalten.
Wenn wir meinen, Gott meint es nicht ernst mit seinen Geboten, sollen wir auf Jesus sehen – auf seinen gegeißelten Rücken, seine durchbohrten Hände, seinen Schrei am Kreuz: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Das war der Preis für unsere Sünde. Ich will Sie heute nicht fertig machen, aber Tatsache ist Tatsache. Jesus starb für uns. Und was ist die Rolle des Heiligen Geistes in alldem? Der Heilige Geist führt uns zur Erkenntnis: Sünde ist so ernst, dass Gott seinen eigenen Sohn für sie opferte. Der Unterschied zwischen Himmel und Hölle ist nicht unser Verhalten, sondern der Glaube: Wer glaubt und getauft ist, wird gerettet. Punkt. Wer aber nicht glaubt, wird verdammt. Punkt. Das ist die Wahrheit über die Sünde. Nochmal: Sünde ist nicht bloß Verhalten, sondern Unglaube. Unglaube an Jesus als unser Retter.
Die Welt ersetzt Gottes Maßstab durch ihre eigenen Maßstäbe: „Ich rette Hunde“, „Ich recycle“, „Ich helfe Schulabbrechern“ – „Ich bin doch ein guter Mensch“. Diese Dinge sind zwar gut, sind aber nicht gut genug. Ja, liebe Gemeinde, es geht nicht darum, dass diese Dinge schlecht wären. Sie retten uns nur nicht. Der Heilige Geist verteidigt die Wahrheit: „Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“ Und das schaffen wir alle nicht.
Die gute Nachricht ist: Jesus ist zum Vater gegangen – nicht, weil er gescheitert ist, sondern weil er den Sieg errungen hat. Sein Tod und seine Auferstehung haben Gottes Gerechtigkeit erfüllt. Für uns. Das ist die Gerechtigkeit, die wir brauchen – und die uns durch den Glauben geschenkt wird. Der Heilige Geist bringt uns dazu, auf Christus zu vertrauen statt auf uns selbst. Das ist die Rolle des Heiligen Geistes.
Satan – der Unheilige Geist, wenn man so will – beeinflusst viele Ideen, Ideologien und Institutionen. Er führt die Welt zur Rebellion gegen Gott. Und er lügt über das Gericht mit Sprüchen wie „Jeder kommt in den Himmel“, „Die Hölle ist nur für die Schlimmsten“. Doch der Heilige Geist bezeugt die Wahrheit: Satan ist längst gerichtet. Sein Urteil ist gesprochen. Am Kreuz hat Christus seinen Kopf zertreten.
Wer Christus gehört, braucht das Gericht nicht zu fürchten. Denn „so gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.“ (Römer 8,1) Das ist die Wahrheit über das Gericht.
Pfingsten, das wir nächste Woche feiern, mag nicht so groß gefeiert werden wie Weihnachten oder Ostern – aber es ist genauso bedeutend. Denn Pfingsten zeigt: Wir sind nicht allein. Jesus hat uns nicht uns selbst überlassen – er hat uns den Heiligen Geist gesandt, den Verteidiger der Wahrheit. Er überführt die Welt – und stärkt uns – in der Wahrheit über Sünde, Gerechtigkeit und Gericht. Dank sei Gott für den Heiligen Geist und sein rettendes Wirken. Amen.
Gerald MacDonald
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