31.03.2024 Ostersonntag
Predigttext: 1. Samuel 2, 1-8
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Liebe Gemeinde, liebe Familien, liebe Kinder,
Hannah hätte gerne Kinder gehabt. Aber sie hatte keine. Keine Kinder zu bekommen, das war sehr traurig für eine Frau im Alten Orient. Hannahs Geschichte spielt vor mehr als 3000 Jahren in Israel. Heute kennen wir Hannahs Geschichte, weil sie doch endlich einen Sohn bekam, der berühmt wurde. Sein Name ist Samuel. Der Name Samuel bedeutet: Von Gott erbeten. Denn das war er. Hannah bat Gott um einen Sohn. Aber bevor er zur Welt kam, musste Hannah jahrelang auf ihn warten. Dabei hatte Hannah noch Glück gehabt, denn Elkana, Hannas Ehemann, liebte seine Frau trotz ihrer Kinderlosigkeit. »Bin ich dir nicht mehr wert als zehn Söhne?« hatte er sie gefragt, als Hannah so traurig gewesen war, dass sie vor Kummer nicht mehr essen konnte.
Hannah konnte nicht aufhören, sich zu fragen, warum. Warum tat Gott ihr das an? Und weil sie sowieso keinen Appetit hatte, lief sie hinaus, verließ die Tafel und lief zum Tempel. Sie blieb dort vor den Stufen zum Tempel stehen und weinte bitterlich. Ihre Lippen formten stumm Worte und Sätze, sofern sie überhaupt in Worte fassen konnte, was sie fühlte. Alles warf sie Gott vor die Füße. Ihre Wut, die Traurigkeit, die Einsamkeit, die allmählich unerträglich wurde. Sie betete und flehte: „Gott, wenn du mir einen Sohn schenkst, so will ich ihn dir zurückgeben. Er soll dir dienen, sein Leben lang.“
Eine wütende Männerstimme holte Hannah zurück in die Gegenwart. Die Stimme gehörte zu Eli. Er war der älteste Priester am Tempel und hatte vor dem Eingang zum Tempel gesessen und in der Sonne vor sich hingedöst, als diese Frau gekommen war, die vor sich hin wippend und heulend, irgendetwas Unhörbares brabbelte. Die hat zu viel vom Opferwein getrunken, dachte Eli und ärgerte sich. „Wie lange soll das noch gehen!“ rief er. „Geh weg und schlaf deinen Rausch aus!“ Hannah blickte auf und schluckte ihre Tränen hinunter. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und antwortete dem Priester: „Ich bin eine verzweifelte Frau, mein Herr, ich habe nicht getrunken. Sondern ich habe mein Herz ausgeschüttet vor Gott.“ „Geh in Frieden“ sagte der Priester daraufhin, „Gott wird dir geben, was du von ihm erbeten hast.“
Gut zehn Monate später kommt Samuel zur Welt. Was für ein Glück! Was für eine Freude! Hannah freut sich über ihr Kind. Sie wird Samuel bei sich behalten, bis er im Alter von drei, vier Jahren abgestillt ist. Ja, so lange wurden Kinder damals tatsächlich gestillt. Dann wird sie ihren Sohn zu Eli zum Tempel bringen, dem alten Priester, der sie für betrunken gehalten hatte. Samuel wird im Tempel heranwachsen. Und er wird Gott dienen, sein Leben lang.
Doch Hannah freut sich auch über Gott, der ihr Gebet erhört hat. Ja, Gott hat ihr Gebet erhöht. Das erfüllt sie mit tiefer Dankbarkeit. Sie durfte Leben empfangen. Von Gott. Nun gehört dieses Leben ihm. Das Leben ihres Sohnes – aber auch ihr Leben gehört ihm. Ja, das Leben gehört Gott. Überhaupt. Das hat Hannah erfahren in den Jahren ihrer Kinderlosigkeit. Das hat sie verstanden, als sie ihren Sohn Samuel, von Gott erbeten, Gott wiederum anvertraut. Und so betet Hannah noch einmal vor dem Tempel, als sie den kleinen Samuel dorthin bringt. Diesmal betet sie laut und hörbar:
Gott füllt mein Herz mit großer Freude,
Er hat mich wieder stark gemacht.
Ich lache, wenn jemand mich ärgert,
Denn ich freue mich über deine Hilfe!
Niemand ist so heilig wie du,
Denn du bist der einzige und wahre Gott.
Du bist ein starker Fels.
Gott hört alles, was die Menschen sagen,
Gott prüft, was sie tun.
Gott zerstört die Waffen der Menschen
Und gibt den Schwachen neue Kraft.
Gott, dein Reich ist anders als unsere Welt:
Alle, die hungern, haben genug zu essen.
Das Paar, das sich nach einem Kind ersehnt,
erhält gute Nachrichten.
In Gottes Hand liegt es: ob wir sterben oder leben.
Gott führt ins Todesreich und wieder heraus.
Du ziehst den Niedrigen aus dem Staub.
Du holst den Armen aus dem Dreck.
Dem Unwichtigen gibst du einen Platz der Ehre.
Ein Opferlamm sitzt auf dem Thron in Ewigkeit.
Hannahs Lobgesang ist ein Loblied auf Gott, der die Menschen sieht. Der „hört alles und prüft alles“, der „unser Leben in seiner Hand hält“, der „ins Totenreich führt und wieder herauf“. Es ist ein vor-österlicher Lobgesang, den wir heute, zu Ostern, hören.
Tausend Jahre später singt eine Frau ein ganz ähnliches Loblied. Auch dieser Lobgesang ist uns in der Bibel überliefert, im Lukasevangelium, im ersten Kapitel. Der Lobgesang der Maria.
Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilandes; denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder. Denn er hat große Dinge an mir getan, der da mächtig ist und dessen Name heilig ist. Und seine Barmherzigkeit währet für und für bei denen, die ihn fürchten.
Maria, die Mutter Jesu, – sein Name bedeutet übrigens „Gott rettet“ – sie singt ihr Lied wie Hannah voller Dankbarkeit dafür, dass Gott sie angesehen hat, dass er Anteil nimmt an ihrem Leben und durch sie handelt. Aber auch Maria wird an den absoluten Tiefpunkt kommen, den Hannah erlebt hat. Sie wird weinen und nicht verstehen, warum Gott ihr das antut. Warum ihr Sohn sterben muss. Sie wird noch nicht verstehen, dass Gott in das Totenreich führt und wieder herauf.
Drei Tage später, am Ostermorgen, gehen die drei Frauen zum Grab. Vielleicht konnten auch sie vor Kummer nicht mehr essen. Konnten es nicht mehr aushalten, mit den Jüngern in ihrem Versteck zu sitzen. Und gingen, oder liefen nach draußen. Mussten irgendetwas tun. Salböl besorgen und zum Grab laufen. Vielleicht weinen sie. Vielleicht formen ihre Münder Worte und Sätze – wenn es sich überhaupt in Worte und Sätze fassen lässt, was sie an diesem Morgen fühlen.
Sie haben vergessen, dass Gott alles wenden kann, sie haben vergessen, was Jesu Name bedeutet: Gott rettet. Vielleicht können sie es auch einfach nicht mehr glauben. Unvorstellbar, dass das Leben noch einmal neu werden kann. Dass Gott „ins Totenreich führt – und wieder herauf“.
Als sie am Grab ankommen, finden Sie den Stein weggerollt, der das Grab verschlossen hatte und sind fassungslos. Bis eine Stimme sie in die Gegenwart zurückholt. Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier.
An Ostern feiern wir ein Fest der Freude über Gott. Wir feiern, dass das Leben Gott gehört. Das ist für uns nicht ganz einfach: Denn es bedeutet, dass unser Leben nicht uns selbst gehört. Ich besitze mein Leben nicht. Meine Kinder gehören mir nicht. Die geliebten Menschen, die zu meinem Leben gehören, gehören mir nicht. Auch ihr Leben gehört Gott. Das kostet uns Menschen oft bittere Tränen. Zugleich ist genau das der Grund zu allergrößter Freude. Denn das Leben gehört Gott. Es gehört nicht dem Tod. Das haben Maria und ihre Freundinnen und dann auch die anderen Jünger verstanden, und all die Zeuginnen und Zeugen der Auferstehung Jesu, die Paulus im 1. Korintherbrief aufzählt.
Er, Jesus, war der Erste. Aber nicht der Letzte. In seinen Tod hinein sind wir getauft, sagt Paulus, und mit ihm werden wir auferstehen.
Unser Leben gehört nicht dem Tod – sondern Gott. Dass das Leben Gott gehört, das ist ein Grund zu widerständiger Freude. Einer Freude, die Gott lobt und die das Leben feiert. Frohe Ostern! Amen.
Gerald MacDonald
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