16. November 2025
1. Samuel 2,1
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Liebe Gemeinde,
bei der Feier des Ältestenfestes werden wir an ein wichtiges Ereignis erinnert, welches die junge Brüder-Unität sehr bewegte. Anders als heute wuchs sie schnell und breitete sich aus. Damit war die dringende Frage verbunden, wer dieser Kirche vorstehen sollte. Dieses Amt wurde bisher von einem Generalältesten besetzt und dieses Amt hatte der junge Bruder Leonhard Dober. Für ihn war dieses Amt aber zu groß und nicht zu schaffen, da er nicht an allen Orten sein konnte. So bat er um Entbindung.
Auf einer Synode im September 1741 in London ging es nun um die Neubesetzung dieses wichtigen Amtes. Das Ältestenamt war das wichtigste Amt in der Brüdergemeine und sollte verhindern, dass die Gemeine in eine Sekte degenerieren könnte. (Zeitschrift Brüdergeschichte 1) Am 16. September 1741 beteten die Mitglieder der Synode um eine richtige Entscheidung. Sie schlugen dann das Losungsbuch auf und lasen den Text aus Jesaja 45,11 Weist meine Kinder und das Werk meiner Hände zu mir! Da wurde ihnen klar, dass Jesus selbst Ältester und Haupt der Gemeinde ist. Damit diese Nachricht alle Orte erreichte, was damals noch richtig aufwändig war, wurde der 13. November 1741 zum Ältestenfest erklärt. Bis heute denken wir an diesem Tag ganz besonders daran, dass Jesus Christus selbst der Älteste der Gemeinde und damit offizielles Oberhaupt der Brüder-Unität ist. Diese wichtige Entscheidung wurde nach intensiven Gebeten offenbar.
Was bedeutet das für uns heute? Wem folgen wir in diesen unsicheren Zeiten nach? Auf wen und auf was verlassen wir uns? Machen wir es wie die Brüder damals und schauen in der Losung vom 13. November 2025 nach: Da lesen wir in 1. Samuel 2,1: HERR, ich freue mich über deine Hilfe. Liebe Geschwister, „Herr, ich freue mich über deine Hilfe.“
Dieser einfache Satz aus Hannas Lobgesang fasst in wenigen Worten zusammen, was unser Glaubensleben trägt – und was zugleich das Herzstück unserer Gemeindeverfassung ist: Freude über die Hilfe des Herrn.
Die Freude von Hanna ist keine oberflächliche Emotion. Sie ist die Freude einer Frau, die Gott als den Er-hörer ihrer Gebete erfahren hat. Was sie bekennt, ist nichts anderes als das Staunen über Gottes rettendes Handeln: „Ich freue mich über deine Hilfe.“ Diese Freude ist die Ur-Sprache des Glaubens. Wer gerettet wurde, kann nicht schweigen.
Und doch ist es nicht Hannas Kraft, nicht ihr Glaube, nicht ihr Durchhalten, das sie fröhlich macht – sondern allein Gottes Handeln. Ihre Freude wurzelt in der Erkenntnis: Der HERR hat gehandelt. Der HERR hat geholfen.
Vor 284 Jahren stand auch die Brüdergemeine an einem Wendepunkt. Das Amt des Generalältesten, das bis dahin ein Mensch innehatte, wurde Jesus Christus selbst übertragen.
Das war kein symbolischer Akt, sondern ein geistliches Bekenntnis: Wir Menschen können die Gemeinde letztlich nicht leiten. Nur Christus ist der wahre Älteste, der gute Hirte, der die Seinen kennt und für sie sorgt. Was damals geschah, war tiefgreifend: Die Gemeinden sollten durch Gottes Geist – nicht durch äußere Verwaltung, sondern durch das kindliche Vertrauen auf Gott geführt werden.
Doch was bedeutet das für uns heute? Die Erkenntnis unserer Brüder und Schwestern damals war: Wenn Christus der Generalälteste ist, dann müssen wir es nicht sein. Wir dürfen unsere Verantwortung wahrnehmen, in dem wir gemeinsam für die Gemeinde sorgen, Jesus Christus steht aber über allem. Damals haben die Brüdergemeinen immer einen Stuhl für Jesus Christus leer gelassen und so will ich es auch heute tun.
Die Gewissheit, dass Jesus die Gemeinden leitet, entlastet uns von der Versuchung, Leitung aus Kontrolle, Angst oder eigener Stärke zu leben. Es erinnert uns daran, dass Leitung in der Gemeinde immer stellvertretend geschieht – im Auftrag, nicht aus eigenem Anspruch. Das gilt besonders für alle, die in unserer Brüdergemeine Verantwortung tragen: Älteste, Diakone, Kantoren, hauptamtlich und ehrenamtlich Mitarbeitende, Gemeindiener und Gemeindienerinnen, wie wir die Pfarrer in der Brüdergemeine nennen – wir alle dienen gemeinsam unter der Leitung dessen, der in unserer Mitte gegenwärtig ist: Jesus Christus, der wahre Älteste.
Das Neue Testament spricht von Christus als dem „Erstgeborenen unter vielen Brüdern und Schwestern“ (Röm 8,29). Er ist nicht fern, sondern der Bruder, der mit uns den Weg geht. Und zugleich ist er der, der den Überblick hat, der hütet, trägt und bewahrt.
Wenn wir also bekennen, dass Christus der Generalälteste ist, dann bekennen wir zweierlei: Er ist unser Haupt – und er ist unser Bruder. Er steht über und mitten unter uns. Das macht uns als Gemeinde zu etwas Einzigartigem: Eine Gemeinschaft, in der Leitung und Geschwisterlichkeit kein Gegensatz sind, weil der Herr selbst beides in sich vereint.
„Herr, ich freue mich über deine Hilfe.“ Auch wir dürfen diesen Satz heute sprechen – als Einzelne und als Gemeinschaft. Denn die Geschichte unserer Brüdergemeine ist nicht die Geschichte menschlicher Größe, sondern die der Hilfe Gottes und des festen Vertrauens darauf.
Gott hat die Brüdergemeine durch alle Zeiten hindurch getragen, und er will das auch heute tun. Er hat uns bewahrt und ist auch heute unter uns. Darum feiern wir das Ältestenfest nicht als Selbstlob, sondern als Dankfest. Wir schauen zurück und sagen: Herr, du hast geholfen – und wir freuen uns über deine Hilfe.
Aus dieser Freude erwächst die rechte Leitung. Wo die Gemeinde sich der Hilfe Christi gewiss ist, dort kann Leitung dienen, ohne zu herrschen; dort kann Verantwortung getragen werden, ohne Last zu werden; dort kann Gemeinschaft wachsen, ohne sich um sich selbst zu drehen. Die Freude an seiner Hilfe macht uns frei, treu zu dienen, einander zu tragen, und Christus in der Mitte zu lassen.
Lasst uns seine Nähe wieder neu suchen und zu ihm beten:
Herr Jesus Christus, wir sind hier zusammengekommen, um Dich als den Ältesten unserer Gemeinde zu ehren. Du selbst bist es, der die Gemeinde lenkt und sie begleitet – jeden Tag. Wir kommen zu dir, so wie wir sind – mit unseren Sorgen, Nöten und mit unserer Schuld. Wir bitten dich, höre du uns zu und hilf uns. Nimm alles weg, was uns von Dir trennt und mach uns frei und voller Vertrauen in dich. Du bist mitten unter uns, wenn wir Brot und Wein miteinander teilen. Lass uns in unserem Nächsten unseren Bruder und unsere Schwester erkennen. Stärke uns auf unserem gemeinsamen Weg. Amen
Gabriele von Dressler
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