Gewissheit
05.04.2020 (Palmsonntag), Römer 8,28 ff
05.04.2020 (Palmsonntag), Römer 8,28 ff
Liebe Gemeinde,
was hat Bestand in diesen Tagen, wo unser Leben so anders ist als sonst?
Wir wissen es sehr wohl: das Leben ist in einem ständigen Fluss, nichts bleibt auf Dauer so, wie es ist.
Aber solche eingreifenden Veränderungen wie im Moment haben höchstens die Ältesten von uns schon erlebt. Was bleibt, wenn das Leben, so wie es immer war, das Leben, das man mochte, so wie es war, wenn das auf den Kopf gestellt wird und nichts mehr ist, wie vorher?
Was bleibt, wenn einem die Veränderungen zu viel werden?
Das werden sich auch die Menschen um Jesus herum gefragt haben, seine Jünger und Freundinnen: was hat Bestand, wenn Jesus selbst aus ihrem Kreis herausgerissen wird und nichts mehr ist wie vorher?
Was ist die Freude wert, wenn aus dem Hosianna ein paar Tage später ein „Kreuzige ihn“ geworden ist?
Ich lese aus dem Brief des Paulus an die Römer im 8. Kapitel: Röm 8,28 ff
In diesen Tagen ist es, als würden wir diese Kräfte erleben, die uns von Gottes Liebe scheiden wollen, weil uns die Veränderungen in unserem Leben fast zu viel werden.
Paulus kannte das auch: Hohes, Tiefes, Veränderungen zum Schlechten, Veränderungen zum Guten, Erlebnisse, andere Menschen. Alles ist im Fluss. Das kannte und wusste Paulus.
Aber all dem zum Trotz gibt es eine Konstante in seinem Leben, etwas das immer verlässlich da ist, was auch geschieht: Gottes Liebe, die sich in Jesus Christus gezeigt hat.
Paulus nimmt die, die den Brief lesen, mit ans Kreuz. Indem Gott in Jesus Mensch wird, unterwirft er sich selbst den Veränderungen, den unser Leben unterworfen ist.
Er unterwirft sich selbst dem Tod, aber nur um uns dann an seinem Wandel teilhaben zu lassen.
Er geht durch den Tod ins Leben, seine Lebenskraft durchkreuzt den Tod. In diese Verwandlung möchte er uns mitnehmen. Er möchte uns hinein nehmen in die Bewegung seiner Auferstehung, in die Verlässlichkeit seiner Liebe allem zum Trotz.
Heute am Palmsonntag denken wir daran, wie Jesus wie ein König in Jerusalem empfangen wurde. Und die Lieder singen davon, dass auch wir uns wie mit an den Straßenrand stellen, um Jesus als König zu empfangen.
Jesus ist unser Hoffnungsträger. Und er bleibt unser Hoffnungsträger auch an Karfreitag, bis dann am Ostersonntag Dunkel und Tod überwunden sind und der laute Jubel erklingt.
An seinem Kreuz, am Kreuz Jesu wird die Welt dunkel. Hass und Gewalt haben gesiegt. Gott selbst ist ein Opfer menschlicher Gewalt. Gott ist mitten unter den leidenden Menschen, er ist einer von ihnen, sie sind nicht allein.
Mit ihm im Dunkel wird es wieder hell. Aus dem Kreuz wird ein Lebensbaum. Aus dem Stamm des Todes wächst neues Grün. Da, wo vorher alles zu Ende schien, entsteht neues Leben.
Der Palmsonntag nimmt den Jubel von Ostern schon etwas vorweg. Zwar steht uns noch der Karfreitag bevor, aber wir dürfen doch mit der Gewissheit in die Karwoche gehen, dass Jesus trotz allem der König ist, als der er in Jerusalem empfangen wurde.
Anders als erhofft und erwartet, aber dennoch zuverlässig und treu, als der, der am Ende alle dunklen Mächte überwindet. Ich lese noch einmal Röm 8,38+39.
Amen.
Annerose Klingner-Huss