Seid Kinder des Lichtes
07.03.2021 (Okuli),
Epheser 5, 1-2 und 8-9
07.03.2021 (Okuli),
Epheser 5, 1-2 und 8-9
Liebe Gemeinde,
kennen Sie, kennt Ihr Lucia? Das ist in den nordischen Ländern ein Mädchen, das in einem weißen Gewand und mit einem Kerzenkranz auf dem Kopf geschmückt am 13. Dezember durch den Ort zieht. Die Feierlichkeiten beginnen meist am Morgen in der Familie und setzen sich in Kindergärten, Schulen und am Arbeitsplatz fort. Ein Mädchen, in der Familie traditionell die älteste Tochter, spielt die Lucia. Ihr folgen oft weitere Mädchen, die Kerzen in den Händen halten und in einer regelrechten Prozession zur Kirche ziehen. Das Fest geht auf das Jahr 1752 zurück, da war dieser Dezembertag der kürzeste Tag des Jahres. Der auf dem Kopf getragene Kerzenkranz passt zur Beschreibungen der heiligen Lucia. Von ihr wird berichtet, dass sie um der freien Hände willen einen Kerzenkranz auf dem Kopf trug, wenn sie andere Christen heimlich mit Lebensmitteln versorgte.
Lucia, das ist ein Kind des Lichtes. Und darum geht es in unserem Predigttext heute:
1 So ahmt nun Gott nach als geliebte Kinder
2 und wandelt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat und hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer, Gott zu einem lieblichen Geruch.
8 Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Wandelt als Kinder des Lichts;
9 die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.
(Lutherbibel 2017)
Kinder ahmen ihre Eltern nach. Das können wir schon bei Säuglingen erleben. Sie schauen mit ihren großen Augen in die Welt und beobachten genau, was ihre Mutter oder ihr Vater machen. Und das versuchen sie dann auch nachzuahmen. Zum Beispiel lächeln. Wenn Kinder zum ersten Mal zurück lächeln, dann geht den Eltern das Herz auf. Sie sind glücklich und es dauert nicht lang, da wird ein Spiel daraus. Sie lächeln ihr Baby an und das Baby lächelt zurück. Später spielen die Kinder Rollenspiele, in denen sie das aufgreifen und verarbeiten, was sie gesehen und gehört haben. Kinder ahmen ihren Vorbildern nach. Im Predigttext sind wir aufgefordert, Gott nachzuahmen und in der Liebe Schritte zu gehen.
Wie können wir das machen? Es ist für uns ein großes Geschenk, dass wir uns Gottes Kinder nennen dürfen. Er liebt uns und führt uns durchs Leben. Von ihm behütet, dürfen wir Schritte auf unserem Lebensweg machen. Der Weg ist nicht immer nur eben und ungefährlich. Aber mit ihm an unserer Seite werden wir mutig. Der Weg wird immer wieder hell und wir begegnen Menschen, die mit uns unterwegs sind.
Wie aber können wir Kinder des Lichtes werden? Dazu nennt uns Paulus drei Dinge:
1) Die Frucht des Lichts ist Güte. Im Lexikon steht dazu: Güte ist auf seine Mitmenschen gerichtete milde, freundliche, von Wohlwollen und Nachsicht bestimmte Gesinnung. Güte braucht wie die Liebe auch – ein Gegenüber. Sie ist auf den anderen gerichtet und nicht auf sich selbst bezogen. Sie sucht nicht ihren eigenen Vorteil, sondern sie ist wohlwollend und nachsichtig mit dem Gegenüber. Wo finde ich solche Menschen? Ich kannte einen Menschen, aus dem die Güte sehr sichtbar war. Er war ein Bischof unserer Brüdergemeine – Henning Schlimm. Sein ganzes Wesen war Güte, und er war immer an dem anderen und seinem Ergehen interessiert. Ihm konnte man die Güte abspüren.
2) Die Frucht des Lichtes ist Gerechtigkeit. Das Lexikon beschreibt diesen Begriff so: Prinzip eines staatlichen oder gesellschaftlichen Verhaltens, das jedem gleichermaßen sein Recht gewährt. Was wäre unsere Welt, was wäre unser Land, was wäre unser Ort, was wäre unsere Gemeinde, was wäre unser Umfeld herrlich, wenn es gerecht zugehen würde. Gerechtigkeit fällt uns ganz schön schwer merke ich. Und jeder und jede findet etwas von seinem Standpunkt aus gesehen gerecht oder ungerecht. Vorgestern haben wir den Weltgebetstag gefeiert und von Frauen aus Vanuatu einem Inselstaat im Südpazifik gehört. Mädchen und Jungen haben unterschiedliche Bildungschancen. Jungen gehen zur Schule – für die Mädchen reicht oft das Geld der Eltern für Schulbildung nicht aus. Kinder alleinerziehender Mütter haben es besonders schwer. Heiratet die Mutter wieder, dann wachsen diese Kinder oft bei den Großeltern oder auf der Straße auf. Wir müssen aber gar nicht so weit in die Ferne schauen. Auch bei uns haben Kinder unterschiedliche Bildungschancen. Wo bleibt da die Gerechtigkeit?
3) Die Frucht des Lichtes ist Wahrheit. Dazu sagt das Lexikon: Wahrheit ist die Übereinstimmung einer Aussage mit der Sache, über die sie gemacht wird. Wahrheit ist ein großes Wort. Wie oft stolpern wir selbst darüber, indem wir Dinge weitersagen, die wir vorher nicht geprüft haben. In einer der letzten Konfirmandenstunden haben wir über die zehn Gebote nachgedacht. Im neunten Gebot heißt es: „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden.“ Eine Geschichte dazu ist die der drei Siebe. Jemand kommt zum weisen Sokrates gelaufen und will ihm etwas erzählen. Noch bevor er so richtig los reden kann, unterbricht der ihn und fragt, ob er das, was er erzählen will durch die drei Siebe gesiebt hat. Das erste Sieb ist die Wahrheit, das zweite die Güte und das dritte die Notwendigkeit. Der Herbeigeeilte hält inne und überlegt kurz. Dann antwortete er: Was ich dir sagen wollte, das habe ich von anderen gehört. Gut ist es auch nicht, was ich dir erzählen will- eher das Gegenteil. Und notwendig ist es schon gar nicht. Da sagte Sokrates, wenn es weder wahr, noch gut, noch notwendig ist, dann lass es begraben sein und belaste dich und mich nicht damit. (Kursbuch Konfirmation) Wir sollen darauf achtgeben, dass wir die Wahrheit sagen. Das ist gar nicht immer so einfach und schnell verbreiten auch wir Gerüchte weiter.
Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit – das sind Früchte des Lichtes.
Wir denken heute an Menschen, die versucht haben, nach diesen Vorsätzen zu leben. Vor 564 Jahren haben sich Brüder in Kunvald, einem Ort in Böhmen zusammengefunden, um nach der Bergpredigt zu leben. So gründeten sie die Brüder-Unität. Bald wurden sie verfolgt und lebten im Untergrund weiter. Als es für sie immer schwieriger wurde, ihren Glauben zu leben, da der Landesherr katholisch war und sie damit auch katholisch hätten sein sollen, wanderten sie ins benachbarte Sachsen aus und suchten dort Asyl. Sie kamen so auf das Gut von Graf von Zinzendorf und dort wurde 1722 der Ort Herrnhut – unter der Hut des Herrn – gegründet. Fünf Jahre später wurde die neue Brüder-Unität gegründet. Die Brüder-Unität weitete sich aus und ist nun eine weltweite Kirche. Mehr als eine Million Mitglieder zählt sie in über 40 Ländern auf fünf Kontinenten.
Über diesen Mut der Brüder und Schwestern können wir nur staunen. Es war für sie nicht einfach, ihren Glauben zu leben. Aber sie haben sich ganz auf das Wort Gottes berufen und nach Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit gesucht. Und sie haben sich dafür eingesetzt, inmitten großer Gefahren von außen.
Diesen Mut wünsche ich auch uns heute. Wir haben es da viel leichter, da wir unseren Glauben frei leben können. Aber in anderen Ländern dieser Welt ist es nicht so. Denken wir an Lucia, die ein Kind des Lichtes ist. Sie trägt ihren Lichterkranz auf dem Kopf, damit sie die Hände frei hat für den oder die andere. Lasst uns als Kinder des Lichtes auch unser Licht offen tragen, damit es die anderen sehen. Lasst uns eintreten für Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. Dazu helfe uns Gott, unser Herr.
Amen
Gabriele von Dressler