Lebendiger Gottesdienst
10.01.2021
Römer 12, 1-8
10.01.2021
Römer 12, 1-8
Liebe Gemeinde,
das neue Jahr ist noch jung und vielleicht haben sich manche von Ihnen und Euch gute Vorsätze für das neue Jahr überlegt. Zum Beispiel mehr Sport treiben, gesünder leben und essen, die Umwelt besser zu schonen durch weniger Abfall, mehr spazierengehen, weniger Fernsehen, mehr lesen, Ordnung in die Wohnung bringen, mit Freunden und Familienangehörigen im engen Kontakt bleiben, nicht mehr so viel rauchen, die Lebenszeit sinnvoll ausfüllen, für andere da sein, sich mehr mit der Bibel beschäftigen, und, und, und.
Ich denke, da gibt es sicher noch einige gute Vorsätze, die ich nicht erwähnt habe. Gerade der Beginn von etwas Neuem lässt uns das Alte kritisch unter die Lupe nehmen. Was davon war gut wollen wir behalten und anderes können wir besser machen.
Unser Predigttext heute spricht von unserem Leben als Gottesdienst. Gerade dieser Text hat auch Nikolaus Ludwig Graf v. Zinzendorf, den Gründer der Herrnhuter Brüdergemeine sehr beschäftigt. Deshalb heißen unsere sonntäglichen Gottesdienste auch Predigtversammlungen, weil Zinzendorf sagte, dass das ganze Leben ein Gottesdienst sein soll.
1 Ich ermahne euch nun, Brüder und Schwestern, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr euren Leib hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst. 2 Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.
3 Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch, dass niemand mehr von sich halte, als sich’s gebührt, sondern dass er maßvoll von sich halte, wie Gott einem jeden zugeteilt hat das Maß des Glaubens. 4 Denn wie wir an einem Leib viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder dieselbe Aufgabe haben, 5 so sind wir, die vielen, ein Leib in Christus, aber untereinander ist einer des andern Glied. 6 Wir haben mancherlei Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist. Hat jemand prophetische Rede, so übe er sie dem Glauben gemäß. 7 Hat jemand ein Amt, so versehe er dies Amt. Ist jemand Lehrer, so lehre er. 8 Hat jemand die Gabe, zu ermahnen und zu trösten, so ermahne und tröste er. Wer gibt, gebe mit lauterem Sinn. Wer leitet, tue es mit Eifer. Wer Barmherzigkeit übt, tue es mit Freude.
Am Anfang und am Ende steht das Wort Barmherzigkeit. Einmal ist es Gottes Barmherzigkeit und dann die Barmherzigkeit, die wir untereinander üben sollen.
Im Wort Barmherzigkeit steckt in der Mitte das Wort Herz. Das Herz ist auch das Zentrum unseres Körpers. Es schlägt als erstes, wenn ein neuer Mensch im Leib einer Mutter heranwächst und dieser Takt, dieser Herzschlag bestimmt unser ganzes Leben – Tag und Nacht – wie ein Uhrwerk, dass immerfort weiterschlägt und unbeirrt arbeitet. Vom Herzen aus werden alle anderen Organe und Glieder mit dem lebensnotwendigen Blut versorgt – im inneren und im äußeren Blutkreislauf.
Wenn wir also aufgerufen sind, einen lebendigen Gottesdienst zu feiern, dann sollen wir mit dem ganzen Herzen und damit auch mit allem, was das Herz durchströmt, dabei sein. Mit Herzen, Mund und Händen sollen wir Gott danken, wie es in einem Lied von Martin Rinckart heißt. Aber wie soll das gehen?
Im weiteren Text wird von einem Leib und den verschiedenen Gliedern und ihren Aufgaben gesprochen. Das Herz ist also das Zentrum unseres Körpers und soll auch das Zentrum unseres Gottesdienstes sein. Von ihm aus werden die anderen Glieder versorgt.
Da ist beispielsweise der Kopf. Es gibt Menschen, die können wunderbar organisieren, Dinge schnell erfassen und zu Papier bringen. Sie sind wichtig und behalten den Überblick. Wir haben vor Jahren einen jungen Flüchtling Shadi bei uns gehabt. Er suchte nach einem Wort für „Chefin“ und erschuf ein neues Wort dafür: „Frau Großkopf“. Damit wollte er ausdrücken, dass sie vieles weiß und eben die Chefin ist. Dieses Wort finde ich eine geniale Wortschöpfung.
Dann gibt es andere, die machen viel mit ihren Händen. Sie greifen anderen unter die Arme, sie helfen, packen an. Sie sehen nicht nur, wo sie gebraucht sind – sie packen zu. Sie musizieren mit den Händen auf Instrumenten und entlocken ihnen wunderbare, wohlklingende Töne.
Wieder andere sind ganz Fuß. Sie gehen für Andere einkaufen oder mit anderen spazieren, sie stampfen auch mal fest auf, wenn sie Unrecht erleben. Sie bewegen sich und halten andere in Bewegung. Sie tragen wichtige Nachrichten aus und setzen sich erst am Ende eines Tages zur Ruhe.
Und dann gibt es Menschen, die sind ganz Ohr. Genau Zuhören, das ist in unseren Tagen eine wichtige Eigenschaft. Das geht heute am besten am Telefon. Sich Zeit nehmen und hören, wie es dem anderen geht, was ihn beschäftigt, wie er mit der aktuellen Situation zurecht kommt, das ist so wichtig und lebensnotwendig.
Und wiederum andere sind ganz Mund. Sie haben Worte, mit denen sie andere erfreuen und aufbauen. Sie ermutigen, reden gut zu, sie lesen auch vor und teilen sich den anderen mit. Sie öffnen durch ihren Mund ganz andere Horizonte und hinterlassen durch liebevolle oder manchmal auch ermahnende Worte einen nachhaltigen Eindruck. Sie können auch durch Worte oder auch Lieder Herzen erreichen und Menschen verändern.
Herz, Kopf, Hände, Füße und der Mund, all das sind lebensnotwendige Organe und Glieder. Und jedes hat seine spezielle Aufgabe. Wenn alle aufeinander abgestimmt und eingestimmt sind, dann können sie ein Abbild einer lebendigen Gemeinde sein. Alle Glieder und Organe stellen sich in einer Gemeinde unter Gottes große Barmherzigkeit. Keines von ihnen muss sich für etwas Besseres halten. Es kommt auf das Zusammenspiel an. Alle sind genauso wichtig und haben ihre Aufgabe und Funktion.
Eine Gemeinde, die die Gaben ihrer Mitglieder zum Vorschein und zur Entfaltung bringt, die kann sich glücklich schätzen. Dieser Gottesdienst, diese lebendige Gemeinschaft wird sichtbar werden nach außen und andere einladen, Teil dieser Gemeinschaft zu werden.
Für unsere Gemeinde wünsche ich mir so eine gabenorientierte Gemeinschaft. Wenn jeder und jede vom Kind, über die Jugend bis zum Alter hier seinen Platz findet, dann werden wir eine Gemeinde mit Ausstrahlung werden.
Das, was uns alle miteinander verbindet, das ist der barmherzige Gott und Vater, der uns diese unterschiedlichen Gaben gegeben hat. Er ist es, um den wir uns scharen, von dem wir lernen und hören wollen. Sein Wort führt uns durch unser Leben und schenkt uns den lebendigen Glauben. Seinen Sohn hat er uns gegeben, damit wir an ihm sehen können, wie er Herz, Mund, Hände, Ohren, Füße und seinen Kopf für uns eingesetzt hat, damit wir leben können.
Und im letzten Satz unseres Textes heißt es, dass wir alles, was wir aus der Barmherzigkeit heraus tun, mit Freude machen sollen. Wenn wir uns öffnen für Gott, dann zieht die Freude bei uns ein bis ins tiefste Innere unseres Herzens. Und wenn wir uns die Freude fehlt, dann können wir darum beten, dass sie uns geschenkt wird.
Drum lasst uns nicht müde werden, sondern uns zu einem lebendigen Dienst für Gott mitreißen. Lasst uns um Erneuerung unseres Sinnes und unsere Gemeinde immer wieder beten und uns mit unserem ganzen Leben dafür einsetzen.
Wir alle haben unsere Gaben, die wir untereinander und miteinander teilen können zu Gottes Lob.
Amen
Gabriele v. Dressler