5. Sonntag nach Trinitatis
Matthäus 9,35- 10,10
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Predigt: Gnade sei mit euch und Friede durch unseren Herrn Jesus Christus Amen.
Der Predigttext für heute ist aus dem Matthäusevangelium, Kapitel 9, Verse 35 bis Kapitel 10, Vers 10:
Danach zog Jesus durch alle Städte und Dörfer in dieser Gegend. Er lehrte in den Synagogen und verkündete überall im Land die rettende Botschaft von Gottes Reich. Wohin er auch kam, heilte er die Kranken und Leidenden. Als er die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen, denn sie waren erschöpft und hilflos wie Schafe, die keinen Hirten haben. »Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenige Arbeiter«, sagte Jesus zu seinen Jüngern. »Darum bittet den Herrn, dass er noch mehr Arbeiter aussendet, die seine Ernte einbringen.«
Dann rief Jesus seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Macht, böse Geister auszutreiben und alle Kranken und Leidenden zu heilen. Das sind die Namen der zwölf Apostel: zuerst Simon, den man auch Petrus nannte, und sein Bruder Andreas; dann Jakobus und sein Bruder Johannes, die Söhne von Zebedäus; dazu Philippus und Bartholomäus; Thomas und Matthäus, der ehemalige Zolleinnehmer; Jakobus, der Sohn von Alphäus, und Thaddäus; Simon, der ehemalige Freiheitskämpfer, und Judas Iskariot, der Jesus später verriet.
Diese zwölf Jünger sandte Jesus aus und gab ihnen folgenden Auftrag: »Geht nicht zu den Nichtjuden oder in die Städte der Samariter, sondern geht nur zu den Menschen aus dem Volk Israel. Sie sind wie Schafe, die ohne ihren Hirten verloren umherirren. Ihnen sollt ihr diese Botschaft bringen: ›Gottes himmlisches Reich ist nahe!‹ Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige gesund und treibt Dämonen aus! Tut alles, ohne etwas dafür zu verlangen, denn ihr habt auch die Kraft dazu ohne Gegenleistung bekommen. Nehmt kein Geld mit auf die Reise, weder Goldstücke noch Silber- oder Kupfermünzen, auch keine Tasche für unterwegs, kein zweites Hemd, keine Schuhe und keinen Wanderstock. Denn wer arbeitet, hat ein Recht darauf, dass man ihn versorgt.
Liebe Gemeinde,
heute werden wir Zeugen von zwei Momenten – zwei göttlichen Unterbrechungen im ganz normalen Lauf des Lebens. In Lukas 5 wird ein Fischer beim Ausbessern seiner Netze von Jesus gerufen, alles zu verlassen und ihm nachzufolgen. In Matthäusevangelium werden zwölf gewöhnliche Menschen – Zöllner, Eiferer, Fischer – ausgesandt, mit nichts als Jesu Vollmacht und einem Herzen voller Erbarmen.
Zwei Geschichten. Eine Berufung. Ein Auftrag.
Beginnen wir mit Petrus, einem einfachen Mann. Einem Fischer, der die ganze Nacht gearbeitet hat und nichts gefangen hat. Er ist müde und enttäuscht von der lange Nacht ohne Fang.
Und genau in sein Boot steigt Jesus ein.
Jesus ruft Simon nicht aus einem Tempel oder von einem Berg herab. Er begegnet ihm mitten im Alltag, mitten in der Frustration, mitten im ganz normalen Leben. Jesus sagt nicht: „Komm, sobald du dich sortiert hast.“ Komm, nachdem Du ausgeschlafen bist. Nein – er kommt, während die Netze noch leer sind.
Liebe Gemeinde, so begegnet Christus auch uns.
Er betritt die Orte, wo wir uns abmühen und scheitern. Er steigt in die Boote unserer Enttäuschung – und sagt: „Fahr hinaus auf die Tiefe.“ Er fordert Vertrauen, nicht weil es logisch erscheint, sondern weil er es sagt.
„Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen; aber auf dein Wort hin will ich die Netze auswerfen.“ (Lk 5,5)
Simons Vertrauen liegt nicht in seiner Technik. Nicht einmal in sich selbst. Es liegt in Jesu Wort.
Und als die Netze unter der Last des Fangs fast reißen, fällt Simon auf die Knie und sagt: „Herr, geh weg von mir, denn ich bin ein sündiger Mensch!“
Warum sagt er das? Weil ihm die Gnade zu nahegekommen ist. Simon hat nicht wirklich erwartet, dass er etwas fängt. Das an seiner Situation sich etwas ändert. Nun ist er von dem völlig unerwarteten Erfolg erschüttert. Jesus hat Simons Situation verändert. Und das impliziert etwas Erschreckendes. Simon muss sich auch ändern.
Aber Jesus lässt Simon nicht in seinem Schock und Scham zurück. Er hebt ihn mit einer Verheißung auf:
„Fürchte dich nicht. Von nun an wirst du Menschen fangen.“
Und sie lassen alles zurück – und folgen ihm.
Springen wir nun weiter – zu einer anderen Menschenmenge, einer anderen Berufung.
Matthäus schreibt:
„Und als Jesus die Volksmenge sah, jammerte es ihn, denn sie waren müde und zerstreut wie Schafe, die keinen Hirten haben.“
Liebe Gemeinde, „Es jammerte ihn.“
Das griechische Wort hier bedeutet ein tiefes, barmherziges Mitleid, das aus dem Innersten kommt. Jesus sieht die Menschen nicht nur – er fühlt mit ihnen. Wir würden sagen, er war im Herzen bei Ihnen. Im Englischen sagt man, my heart goes out to you. Ich fühle mit dir. Die Menschen hier sind für Jesus keine Probleme, sondern Menschen, die er liebt.
Und er sagt zu seinen Jüngern, zu denen auch Simon, der nun Petrus heiß, gehört:
„Die Ernte ist groß, aber es sind wenige Arbeiter. Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende.“
Und hier liegt die Überraschung: Diejenigen, die für Arbeiter beten sollten, nämlich Jesu Jünger, werden selbst gesandt.
Denn Jesus sammelt seine Jünger nicht nur zum Trost – er sendet sie aus, in seiner Liebe. In seinem Namen Gottes Liebe zu verkünden.
Dann ruft Jesus die Zwölf zu sich und gibt ihnen Vollmacht: zu heilen, unreine Geister auszutreiben und das Reich Gottes zu verkünden. Doch beachten Sie, was sie nicht mitnehmen sollen:
„Ihr sollt kein Gold oder Silber mitnehmen, keine Tasche, kein zweites Hemd…“
Warum?
Weil die Mission der Kirche nie auf unseren Ressourcen gegründet ist, sondern auf seiner Versorgung.
Die Jünger sollen lernen, ganz auf den zu vertrauen, der sie sendet.
So wie Petrus im Boot nicht berufen wurde, weil er etwas konnte, sondern weil er gerufen wurde. Weil Jesus ihn rufen wollte – so werden auch die Zwölf nicht gesendet, weil sie fähig sind. Sie werden fähig gemacht, weil sie gesendet sind.
Das ist auch unsere Geschichte.
Wir werden von der Gnade berufen – während wir noch Sünder sind, noch müde, noch mit leeren Netzen. Und dann sendet uns Jesus – nicht mit einem perfekten Plan, nicht mit Gold oder Macht oder Sicherheiten, sondern mit seinem Wort und seiner Liebe.
Was sagen uns diese Texte – heute, hier, als Gemeinde?
- a) Sie sind berufen – dort, wo Sie sind.
Ihr Boot, Ihre Netze, Ihre Arbeit, Ihre Familie – das sind die Orte, in die Jesus gekommen ist. Berufung ist nicht nur etwas für Pastorinnen und Pastoren. Jede Christin, jeder Christ ist berufen – als Lehrer, Pflegekraft, Elternteil, Rentner – Christus im Alltag zu folgen.
- b) Sie sind aus Gnade berufen, nicht aus Verdienst.
Petrus sagt: „Ich bin ein sündiger Mensch.“ Und Jesus sagt: „Fürchte dich nicht.“ Jesus wählt nicht die Würdigen – er macht die Berufenen würdig. Das ist das große Wunder der Gnade: Sie ist unverdient. Sie ist ja unverdienbar – und dennoch ganz gewiss.
- c) Sie sind aus Liebe gesandt.
Wir sind nicht nur zu Christus gerufen, sondern auch von ihm gesandt. In eine Welt, die immer noch müde und zerstreut ist. In eine Welt, die glaubt, ihn nicht zu brauchen. In eine Welt, die in nicht mal will. Aber wir gehen nicht allein. Wir gehen mit dem Erbarmen Christi in unseren Herzen.
Wir brauchen keine Angst zu haben, Zeugnis zu geben, zu dienen, zu sprechen – auch wenn wir uns unvorbereitet fühlen. Jesus sendet keine Profis – er sendet Nachfolger. Und das tut er bis heute.
In Lukas lassen die Jünger ihre Netze zurück.
In Matthäus werden sie in die Welt gesandt.
Das ist der Rhythmus des christlichen Lebens: Berufen. Verwandelt. Gesandt.
Und in allem steht Christus im Zentrum.
Er steigt in unser Boot.
Er sieht unsere Welt.
Er ruft uns bei Namen.
Er sendet uns in seiner Liebe.
Lassen Sie uns eine Gemeinde sein, die auf seinen Ruf hört und dorthin geht, wo er uns hinsendet.
Denn die Ernte ist groß.
Die Welt ist müde.
Und der Herr ist nahe.
Amen.
Gerald MacDonald
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