Predigt am 06.07.2025 · 3. Sonntag nach Trinitatis
Predigttext: 1. Tim. 1, 12-17
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Ich danke unserem Herrn Jesus Christus immer wieder, dass er gerade mich für vertrauenswürdig erachtet hat, ihm zu dienen. Er hat mir dafür auch die Kraft geschenkt. Dabei habe ich ihn früher doch verhöhnt, ich habe Christus und seine Gemeinde mit blindem Hass verfolgt und bekämpft. Aber Gott hat sich über mich erbarmt und mir alles vergeben. Denn in meinem Unglauben wusste ich nicht, was ich tat. Umso reicher habe ich dann die Gnade des Herrn erfahren. Er hat mir den Glauben und die Liebe geschenkt, wie sie nur in der Verbundenheit mit Jesus Christus zu finden sind.
Denn das steht unumstößlich fest, darauf dürfen wir vertrauen: Jesus Christus ist in diese Welt gekommen, um uns gottlose Menschen zu retten. Ich selbst bin der Schlimmste von ihnen. 16 Doch gerade deshalb war Gott mit mir ganz besonders barmherzig. An mir wollte Jesus Christus zeigen, wie groß seine Geduld mit uns Menschen ist. An meinem Beispiel soll jeder erkennen, dass wirklich alle durch den Glauben an Christus ewiges Leben finden können. Gott aber, dem ewigen König, der unsterblich und unsichtbar ist, dem alleinigen Gott gebühren Lob und Ehre in alle Ewigkeit. Amen!
Liebe Schwestern und Brüder,
heute haben wir zwei Geschichten gehört. Eine, die der Apostel Paulus erzählt, und eine, die unser Herr Jesus Christus erzählt hat. Die eine ist ein persönliches Zeugnis, die andere ein Gleichnis. Aber beide offenbaren dieselbe Wahrheit: Die Gnade Gottes reicht bis in die dunkelsten Ecken unseres Lebens, hebt uns empor und schenkt uns einen neuen Anfang.
Beginnen wir mit dem Predigttext, wo Paulus sagt: „Christus Jesus ist in die Welt gekommen, um Sünder zu retten – und ich bin der schlimmste von ihnen.“
Liebe Brüder und Schwestern, das ist keine Übertreibung im Sinne der Bescheidenheit, sondern ein ehrliches Bekenntnis. Paulus wusste genau, wer er einmal war: ein Verfolger, ein Lästerer, ein Feind des Evangeliums. Ein Feind von Jesus Christus. Und insofern ein Gottesfeind. Und doch – hat Gottes Gnade ihn gefunden.
In Lukas 15 erzählt Jesus das Gleichnis vom verlorenen Sohn: Ein junger Mann kehrt dem Vater den Rücken, lebt in der Fremde ein zügelloses Leben und verliert alles – nur um dann in die offenen Arme seines Vaters zurückzukehren.
Diese beiden Geschichten – die von Paulus und die vom verlorenen Sohn – haben förmlich nichts miteinander zu tun, aber sie verkünden dieselbe Botschaft: Die Barmherzigkeit Gottes ist größer als unsere Schuld.
Paulus beginnt in Vers 13 mit einem klaren Bekenntnis: „Früher habe ich Gott gelästert, seine Gemeinde verfolgt und mit Gewalt widersetzt.“
Paulus beschönigt nichts. Er war ein erklärter Gegner des christlichen Glaubens. Er war buchstäblich auf dem Weg, weitere Christen gefangen zu nehmen und dem Tod entgegenzuführen, als ihn die Gnade Jesu ergriff.
Ganz ähnlich beginnt die Geschichte des verlorenen Sohnes. Er verlangt sein Erbe, noch zu Lebzeiten des Vaters – als würde er sagen: „Du bist mir egal. Ich will nur dein Geld.“ Und dann verschleudert er alles in einem fernen Land. Er lebt ein Leben ohne Maß und Anstand.
Auch wir sind, wenn wir ehrlich sind, nicht so viel anders. Vielleicht sind wir nicht aktiv gegen Gott – aber wir alle sind auf unsere eigene Weise von Gott weggelaufen. „Wir alle irrten umher wie Schafe, jeder ging seinen eigenen Weg.“ Jesaja 53,6 Der erste Schritt zur Gottes Gnade ist Ehrlichkeit. Wir müssen uns unserer Schuld stellen, nicht um uns zu schämen, sondern um bereit zu werden für die Barmherzigkeit Gottes. Paulus fährt fort: „Aber Gott hatte Erbarmen mit mir, denn ich wusste es nicht besser und handelte im Unglauben.“ (Vers 13)
Liebe Gemeinde, dieses Wort – Erbarmen – verändert alles. Paulus hat die Gnade nicht gesucht. Er war nicht auf der Suche nach der Wahrheit. Im Gegenteil. Er dachte, er kannte schon die Wahrheit. Er dachte, er würde sie gegen diese Ketzer, diese sogenannten Christen, verteidigen. Doch auf dem Weg nach Damaskus begegnet ihm der auferstandene Christus – und alles wird anders.
Das ist Erbarmen: Gott handelt zuerst. Der verlorene Sohn „kam zur Besinnung“, als er bei den Schweinen saß. Er fasste den Entschluss zurückzukehren, nicht als Sohn, sondern als Knecht. Er übte sogar seine Entschuldigung ein: „Vater, ich habe gesündigt … ich bin es nicht mehr wert, dein Sohn zu sein.“ Aber was tut der Vater?
Er sieht den Sohn schon von weitem, läuft ihm entgegen, umarmt ihn und küsst ihn. Kein Zögern. Kein Verhör. Kein Urteil. Nur Liebe.
Gottes Erbarmen fragt nicht zuerst: „Bist du es wert?“ – sondern: „Bist du bereit, zurückzukehren?“ Glauben wir das? Oder denken wir insgeheim, unsere Vergangenheit sei zu schlimm, um vergeben zu werden? Hören wir was Paulus sagte: „Mir wurde Erbarmen geschenkt.“ In Vers 14 schreibt Paulus weiter: „Aber die Gnade unseres Herrn hat mich überreich erfüllt, zusammen mit dem Glauben und der Liebe, die in Christus Jesus sind.“
Liebe Gemeinde, Gottes Gnade ist nicht sparsam, nicht vorsichtig – nicht auf unsere Reaktion abwartend, ob wir sie etwa annehmen. Ob wir sie wert sind. Ob wir sie irgendwie doch verdienen würden. Nein. Gottes Gnade ist bedingungslos. Sie ist überfließend. Sie hat Paulus nicht nur vergeben – sie hat ihn verwandelt. Aus dem Verfolger wurde ein Verkündiger. Aus dem Feind wurde ein Zeuge.
Auch der verlorene Sohn erfährt diese überfließende Gnade: Der Vater stellt ihn nicht als Knecht ein. Das wäre schon ein Akt der Gnade gewesen. Aber nein. Der Vater gibt den verlorenen Sohn das beste Gewand, den Siegelring und lässt ein Festmahl vorbereiten. Die Gnade Gottes bedeutet nicht nur Vergebung – sie bedeutet Wiederherstellung. Identität. Annahme. Gemeinschaft. Christlicher Glaube ist nicht einfach ein „neuer Versuch“. Es ist ein neues Leben – aus Gottes Gnade.
Bei Paulus heißt es: „Gott hatte gerade deshalb Erbarmen mit mir, damit Jesus Christus an mir – dem Schlimmsten von allen Sündern – seine ganze Geduld zeigen konnte. Ich sollte ein Beispiel dafür sein, wie großzügig er ist, damit auch andere an ihn glauben und das ewige Leben empfangen.“ Paulus versteht: Seine Geschichte ist nicht nur für ihn. Sie ist ein Zeichen für andere. Ein lebendiges Zeugnis dafür, dass niemand zu weit von Gott entfernt ist.
Auch die Geschichte vom verlorenen Sohn wird von Jesus erzählt, um andere einzuladen, heimzukehren. Jesus malt das Bild eines Vaters, der läuft, der vergibt, der feiert – um zu zeigen, wie der Himmel auf Umkehr reagiert. Was wäre, wenn auch Ihre Geschichte – mit all ihren Brüchen – ein Werkzeug Gottes sein soll, um anderen Mut zu machen? Ihre Vergangenheit ist nicht das Ende – sie kann zum Anfang eines Zeugnisses werden. Durch Gottes Gnade.
Am Ende von Paulus Nacherzählung von der Schenkung Gottes Gnade an ihn, steht ein Lobpreis: „Dem ewigen König aber, dem unvergänglichen, unsichtbaren, alleinigen Gott sei Ehre und Herrlichkeit in alle Ewigkeit! Amen.“ (Vers 17) Paulus ist so überwältigt von Gnade, dass er Gott preist. Seine Worte werden zu Anbetung. Seine Geschichte endet nicht in Reue, sondern in Freude. Auch das Gleichnis endet mit einem Fest, mit Musik, Tanz und einem vollen Haus. Der Vater ruft: „Mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden.“
Liebe Schwestern und Brüder, das ist unsere Geschichte. Vielleicht erkennen Sie sich in Paulus wieder – voller Eifer, aber auf dem falschen Weg. Vielleicht sind Sie wie der verlorene Sohn – auf der Suche nach Leben, aber weit weg vom Vater. Oder vielleicht sind Sie wie der ältere Bruder – äußerlich treu, aber innerlich bitter.
Doch der Ruf Gottes bleibt: Kehren Sie heim. Die gute Nachricht ist heute dieselbe: „Christus Jesus ist in die Welt gekommen, um Sünder zu retten.“ Das gilt auch für Sie. Für Ihre Vergangenheit. Für Ihren Schmerz. Für Ihre Fragen. Gottes Gnade kennt keine Grenzen. Sie beginnt mit Barmherzigkeit. Sie überfließt mit Liebe. Und sie endet in Lobpreis.
So stimmen wir mit Paulus ein: „Dem König der Ewigkeit sei Ehre und Herrlichkeit in alle Ewigkeit.“
Amen.
Gerald MacDonald
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