Predigt am 15.12.2024, 3. Advent
Römer 15, 4-13
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Liebe Gemeinde,
immer wieder können wir es hören und lesen. Unsere Gesellschaft verändert sich grundlegend. Seit Corona erleben wir es noch gravierender. Die Menschen werden einsamer – der große Zusammenhalt fehlt. Der bekannte Neurowissenschaftler und Psychiater Manfred Spitzer hat schon 2018 erwähnt, dass die neue Volksseuche Vereinsamung ist. 2018 hat er ein Buch mit dem Titel geschrieben: Einsamkeit, die unerkannte Krankheit – schmerzhaft, ansteckend, tödlich.
Das Wir-Gefühl, der Zusammenhalt geht in erschreckender Weise zurück. Wir sehen es auch in der Welt: Die Starken setzen sich durch, die Schwachen haben keine Chance. Und mitten in unsere Zeit hinein hören wir die mahnenden Worte des Paulus:
1 Wir aber, die wir stark sind, sollen die Schwächen derer tragen, die nicht stark sind, und nicht Gefallen an uns selber haben. 2 Ein jeder von uns lebe so, dass er seinem Nächsten gefalle zum Guten und zur Erbauung. 3 Denn auch Christus hatte nicht an sich selbst Gefallen, sondern wie geschrieben steht: »Die Schmähungen derer, die dich schmähen, sind auf mich gefallen.« 4 Denn was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben. 5 Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, wie es Christus Jesus entspricht, 6 damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus. 7 Darum nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Ehre. 8 Denn ich sage: Christus ist ein Diener der Beschneidung geworden um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, um die Verheißungen zu bestätigen, die den Vätern gegeben sind; 9 die Heiden aber sollen Gott die Ehre geben um der Barmherzigkeit willen, wie geschrieben steht: »Darum will ich dich loben unter den Heiden und deinem Namen singen.« 10 Und wiederum heißt es: »Freut euch, ihr Heiden, mit seinem Volk!« 11 Und wiederum: »Lobet den Herrn, alle Heiden, und preisen sollen ihn alle Völker!« 12 Und wiederum spricht Jesaja: »Es wird kommen der Spross aus der Wurzel Isais, und der wird aufstehen, zu herrschen über die Völker; auf den werden die Völker hoffen.« 13 Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.
Diese Worte passen scheinbar so gar nicht mit unserer Lebenswirklichkeit zusammen. Hier steht nichts von Einsamkeit, sondern von Erbauung, von einem liebevollen Miteinander, von der Liebe Jesu Christi. Was für starke Worte in dieser so verkehrten und verwirrenden Zeit. Dieser Brief des Paulus ist vor über 2000 Jahren geschrieben worden und ist gleichzeitig so aktuell. Paulus fordert die Gemeinde in Rom zu einem lebendigen Glauben, zum Dienst an dem Nächsten auf. Der Glaube an Gottes Wort ist die Grundlage für das gesamte Leben. Keiner ist nur für sich selbst da, jeder und jede von uns trägt Mitverantwortung für die Gemeinschaft, für die Gemeinde. Hier sind keine Einzelkämpfer gefragt, sondern Teamplayer. Wenn Starke und Schwache sich gegenseitig stützen und stärken, dann wachsen Gerechtigkeit, Hoffnung, Glaube und Liebe. In einem guten Team zählt jeder mit seinen Begabungen und kann sich einbringen. Menschen ergänzen sich und bringen sich und ihr Vorhaben gemeinsam voran. Alle achten die Meinung des anderen und unterstützen sich gegenseitig. Das geht nur, wenn alle das gleiche Ziel vor Augen haben. Sobald einer aus dem Team ausbricht und nur an sich und sein Fortkommen denkt, zerfällt es in Einzelteile und kann nichts bewirken.
Unser Ziel und unser Vorbild ist Jesus Christus. Er hatte nicht an sich selbst Gefallen – so beschreibt es Paulus, sondern er hat im Auftrag seines Vaters – im Auftrag Gottes gehandelt. Er war umgeben von seinen Jüngern und hat sich den Menschen zugewandt. Er hat sie mit Gottes Worten erreicht und gesund gemacht. In Johannes 14, Vers 24 sagt Jesus: … das Wort, das ihr hört, stammt nicht von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat. Jesus weist von sich weg auf Gott, seinen Vater hin.
Das fällt uns heute schwer. Wenn wir etwas getan haben, was gut war, dann erwarten wir Lob und Anerkennung. Wir wollen gesehen und bestätigt werden. Wir Menschen brauchen und sehnen uns nach Ermutigung und Bestätigung. Da ist auch nichts Falsches dran. Nur sollen wir dabei nicht stehen bleiben und die Anerkennung soll uns nicht überheblich machen.
Wir reihen uns ein in eine große Menge von Christen, die in der Nachfolge Jesu gelebt haben. Sie haben sich schon Generationen um Generationen vor uns an Gott und sein Wort gehalten und sind ihm gefolgt.
Und auch heute sind wir dazu aufgerufen, das zu tun. Jeder und jede von uns. Gott hat keine Enkelkinder – so hat es einmal jemand formuliert. Die Entscheidung, mich zu ihm auf den Weg zu machen, sie liegt ganz bei mir. Ich kann tausend Gründe finden, warum das jetzt gerade nicht geht und dass ich mir mein Leben auch so ganz gut eingerichtet habe. Aber am Ende bin ich für meine Lebensentscheidung selbst verantwortlich.
Wie gut ist es da, dass es die Gemeinde gibt, die mich kennt und in der ich meinen Platz habe. Hier muss niemand immer nur stark und fit sein. Hier darf ich auch verletzlich und schwach daherkommen. Denn hier gibt es die gelebte Gemeinschaft aus dem Glauben an Jesus Christus heraus.
Und diese Gemeinschaft ist tragfähig und hält, weil sie selbst getragen ist von Gottes Wort. Und das gibt uns Grund zur Freude und zum Lob. Gott hält sein Versprechen, welches er schon lange gesagt hat: Es wird kommen der Spross aus der Wurzel Isais, und der wird aufstehen, zu herrschen über die Völker; auf den werden die Völker hoffen.
In dieser frohen Erwartung können wir gemeinsam durch diese Tage hin zum Weihnachtsfest gehen. Wir haben die Hoffnung ganz tief in uns, dass der Retter der Welt in diese Welt kommt und alles verändern kann, was wir jetzt noch gar nicht erahnen können.
Die große Sehnsucht nach Frieden, nach einem lebendigen Glauben und nach der Versöhnung aller Völker, sie blüht auf in uns und will Wirklichkeit werden.
Der Bundespräsident Gustav Heinemann hat auf dem Kirchentag 1950 in Essen gesagt: „Unsere Freiheit wurde durch den Tod des Sohnes Gottes teuer erkauft. Niemand kann uns in neue Fesseln schlagen, denn Gottes Sohn ist auferstanden. Lasst uns der Welt antworten, wenn sie uns furchtsam machen will: Eure Herren gehen, unser Herr aber kommt!“
Unser Herr kommt, lasst uns ihm entgegen gehen. Amen
Gabriele von Dressler
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