14.04.2024 Misericordias Domini
Johannes 21,15-19
Diese Predigt zum Ausdrucken
Liebe Gemeinde,
zwei Menschen lernen sich kennen. Sie sind schon eine ganze Weile miteinander unterwegs und haben viel gemeinsam erlebt. Sie verstehen sich gut und stehen füreinander ein. Doch dann gibt es eine schwierige Situation. Jetzt kommt es darauf an, dass der eine zum anderen steht. Ja, es wird gefährlich – lebensgefährlich. Und nun? Was wird aus ihrer Freundschaft? Die beiden sind Jesus und Petrus. Als Jesus gefangen genommen wird, da sind erst einmal seine Jünger weg. Und dann passiert es. Petrus schleicht sich in den Hof des Hohenpriesters und wird als Jünger erkannt. Dreimal verleugnet Petrus Jesus und sagt, dass er ihn nicht kennt.
Einige Zeit vergeht. Jesus starb und ist auferstanden. Er erscheint seinen Jüngern am See Tiberias. Die Jünger taten das, was sie früher immer gemacht hatten. Sie fischten. Aber ohne Erfolg. Dann spricht Jesus zu ihnen und fordert sie noch einmal auf zu fischen. Und obwohl diese Idee für die Jünger erst einmal völlig unlogisch erscheint, tun sie, was Jesus sagt, und haben am Ende einen reichen Fang gemacht und gemeinsam gegessen. Dann kommt unser Predigttext (Einheitsübersetzung 2016):
15 Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer! 16 Zum zweiten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! 17 Zum dritten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: Liebst du mich? Er gab ihm zur Antwort: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! 18 Amen, amen, ich sage dir: Als du jünger warst, hast du dich selbst gegürtet und gingst, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst. 19 Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen werde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!
Jesus fragt Petrus, ob er ihn liebhabe. Wie muss das für Petrus gewesen sein? Er, der vor gar nicht langer Zeit aus Angst gesagt hat, dass er diesen Mann nicht kennen würde, wird nun direkt von ihm angesprochen: Hast du mich lieb!
Petrus ist diese Frage spürbar peinlich. Er beantwortet sie Jesus und bekommt von ihm gleich noch einen Auftrag dazu. Weide meine Lämmer. Jesus traut Petrus ganz schön was zu. Petrus soll sich um die Menschen kümmern, die Jesus nachgefolgt waren, als er als Wanderprediger unterwegs war. Doch bevor Petrus auch nur ein wenig darüber nachdenken kann, fragt ihn Jesus noch einmal. Petrus antwortet ihm. Als aber die dritte Nachfrage kommt, wird er traurig. Vielleicht erinnert er sich an die Szene im Hof, als er Jesus dreimal verleugnete?
In dieser Geschichte finde ich eine ganz interessante Osterbotschaft. Jesus wendet sich ausgerechnet dem Jünger zu, von dem er noch vor einigen Tagen so enttäuscht wurde. Petrus war ja als einer bekannt, der nicht unbedingt kleinlaut war. Er hat sich für Jesus und seine Sache mit ganzem Elan eingesetzt. Er gilt als impulsiv und energisch. Und nun?
Jesus könnte mit Recht wütend auf ihn sein, aber er ist es nicht. Er wendet sich ihm ganz neu zu und gibt ihm eine zweite Chance.
Das finde ich großartig und für uns Menschen ungewöhnlich. Wo bekommen Menschen heute eine zweite Chance? Wie schnell haben sie den Stempel auf der Stirn, dass ihnen nicht getraut werden kann. Das es besser ist, wenn niemand mit ihnen zu tun hat. Sie werden gemieden und haben es für den Rest ihres Lebens schwer.
Wer sind diese Menschen? Und was haben sie getan? Bin ich auch darunter?
Jesus lässt Menschen nach einer eingestandenen Schuld wieder aufstehen. Er gibt ihnen eine zweite Chance und betraut seine Nachfolger mit wichtigen Aufgaben. Sie sollen sich für sein Reich einsetzen. Sie sollen die Schafe weiden, sie sollen zu Hirten werden. Ein Hirte kümmert sich um seine Tiere. Er ist mit ihnen unterwegs und achtet auf sie. Das ist kein romantischer Job, das ist harte Arbeit. Vor ein paar Tagen las ich in der Zeitung, dass es immer weniger echte Hirten gibt, die diesen Beruf zur Lebensaufgabe machen. Sie sind viele Wochen draußen unterwegs bei Wind und Wetter und am Ende reicht der Lohn kaum fürs Überleben. Es ist, so sagte es ein Hirte – eine wirkliche Berufung. Als ich das las, musste ich an unseren Beruf des Pfarrers oder Gemeindieners denken. Immer weniger junge Menschen entscheiden sich für diesen Beruf, der von einer inneren Berufung lebt und sich kaum nach Stunden berechnen lassen kann. Die Voraussetzung für diese Berufung ist die Liebe, die Gott mir entgegenbringt und die ich beantworten kann und die Freude, mit Menschen jeden Alters unterwegs zu sein.
Die Liebe Gottes, die ist für uns alle da. Sie ruft uns alle in seine Nachfolge, alle, die wir hier sind und alle, die diesen Ruf hören. Da ist niemand zu weit von ihm entfernt, niemand zu unbedeutend, niemand ohne Gaben, ja wir sind alle gemeint. Wir sind mit dem, was wir bringen als Hirten einsetzbar. Gottes Liebe übergibt uns die Aufgabe der Verantwortung für den Nächsten.
Wir haben im letzten Konfirmandenunterricht über die Diakonie gesprochen. Dieses Wort steht schon in der Bibel und bedeutet: Dienen. Wir alle können und sollen durch Gottes Liebe Diakone und Diakoninnen für unsere Nächsten sein. Wir sollen unsere Mitmenschen wahrnehmen und ihnen helfend und fürsorglich zur Seite stehen. Nicht auszumalen, wie das wäre, wenn das alle Menschen in der Welt tun würden. Es gäbe weniger oder gar keine Kriege mehr. Alle kranken und verwundeten Menschen bekämen die Hilfe, die sie brauchten, die Kinder würden nicht mehr hungern …
Ist das nur ein Traum – nur ein Wunschdenken? Ich denke, dass wir alle mit unserer kleinen Kraft viel bewirken können. Wir sind es, die wie Petrus von Jesus gefragt werden: Hast du mich lieb?
Und was antworten wir ihm? Vielleicht so: Jesus, ja, ich habe dich lieb oder Jesus, du weißt, dass ich dich liebhabe? Oder so: Jesus, ich habe dich lieb, aber was kann ich in der Welt verändern angesichts des großen Leids und der vielen Auseinandersetzungen?
Jesus kennt uns und er wird unsere Antwort auf seine Frage kennen. Und doch möchte er, dass wir es offen aussprechen. Und dann werden wir sehen, was er für uns an Möglichkeiten des Einsatzes bereithält.
Petrus wird in der Kunst als der Apostel mit dem Schlüssel dargestellt. Er hat seinen Auftrag von Gott ernst genommen und die christliche Gemeinde in Rom gegründet. Der Schlüssel in seinen Händen steht für das Tor zum Himmel.
Jesus ruft auch uns in seine Nachfolge und sein Auftrag, Gottes Wort in der Welt zu verbreiten, das gilt auch uns heute. Seine Liebe wartet auf eine Antwort von uns. Wir alle dürfen Diakone und Diakoninnen seiner Liebe sein. Wenn wir das mit einer fröhlichen inneren Ausstrahlung machen, dann geben wir seine Liebe weiter, so wie es im 100. Psalm, Verse 2 und 3, beschrieben wird: Dienet dem HERRN mit Freuden, kommt vor sein Angesicht mit Frohlocken! Erkennet, dass der HERR Gott ist! Er hat uns gemacht und nicht wir selbst zu seinem Volk und zu Schafen seiner Weide.
Amen
Gabriele von Dressler
KONTAKT
Ev. Kirchengemeinde
Zinzendorfplatz 3
78126 Königsfeld im Schwarzwald
Telefon: 07725 9382-0
E-Mail: gemeindebuero@koenigsfeld.org