Predigt am 9. Sonntag nach Trinitatis, 06.08.2023
Predigttext: 1. Könige, 3, 5-28
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Liebe Gemeinde,
als Kind war ich nicht immer brav. Mindestens in den Augen meiner Eltern. Und das war wichtig, denn meine Eltern waren das Gesetz, die Richter und die Vollziehungsbeamten. Die Vollstreckung einer Strafe für ein Vergehen meinerseits war das „Hörgerät“. Das „Hörgerät“ – wie mein Vater es nannte – war ein Stuck Bauholz – ca. 50 Zentimeter lang. Nach einer Anwendung des „Hörgeräts“ konnte ich für ein paar Stunden nicht sitzen. Denn das Anwendungsgebiet des Hörgeräts war nicht das Ohr. Sondern mein Hintern.
Als ich den Predigttext für heute lass, musste ich an das Hörgerät zweimal denken. Das erste Mal war bei der Bitte Salomos um ein Herz, das auf Gott hört. Liebe Gemeinde, ich hatte fest in Erinnerung, dass Salomo Gott um Weisheit bat. Das sagen wir doch immer über ihn. Aber so war es nicht. Mindestens nicht genau. Das hebräische Wort, das im Urtext steht, ist nämlich das Wort für Hören, Zuhören, und im weiteren Sinne, Gehorchen und Verstehen. „Die Hoffnung für Alle“ Übersetzung, „ein Herz, das auf Gott hört“ druckt das Zuhören und indirekt die Gehorsamkeit Gott gegenüber aus. Luther übersetzt mit „ein gehorsames Herz“. Die Basisbibel: „ein hörendes Herz“. Wir wissen ja alle, hören, horchen und gehorchen sind alle etymologisch-verwandte Wörter. Was gehorchen wir, wenn wir etwas gehorchen? Regeln. Gesetze, Anweisungen. Das sind alle Dinge, die mit Worten ausgedruckt werden. Dinge, die wir hören müssen. Dinge, die wir beherzigen müssen. Dinge, die wir ausführen müssen. Also, Salomo wünschte sich – scheint es mir – ein Herz, das zuhört. Denn nur wenn man zuhört, kann man einen richtigen – einen weisen – Urteil über eine Sachlage fällen.
Das sieht man auch in dem Verhör der zwei Mutter. Salomo lässt sie reden und hört sie zu. Und er begreift: Er kann die Wahrheit nicht erkennen. Er weiß es nicht, wem das Kind gehört. Er muss die Frauen selbst dazu bringen, die Wahrheit zu sagen. Und so greift er auf einen Trick zurück. „Bring mir ein Schwert“. „Was will er mit einem Schwert?“ müssen alle, die vor dem König versammelt waren, sich gefragt haben. Denn Salomo sagte noch nicht, wozu er das Schwert in den Saal gebracht haben wollte. Das Schwert wurde in den Saal getragen und der königliche Befehl folgt unmittelbar und zum Erstaunen und Entsetzen aller Anwesenden: „Teilt das lebendige Kind in zwei gleiche Teile und gebt dann jeder der beiden Frauen eine Hälfte!“ Ich nehme an, die zwei Frauen hatten bis dann geglaubt, dass das Schwert einer von ihnen oder gar beiden gegolten hat. Als Salomo die In-Zweiteilung des Kindes befahl, kam bei der einen Mutter große Erleichterung, und bei der anderen den absoluten Horror auf.
Liebe Gemeinde, die Wahrheit darüber, welcher Mutter das Kind gehörte, erfuhr Salomo, indem er sich einen Einblick in deren Herzen verschaffte. Indem er sie Zwang, ihr wahres selbst zu offenbaren. Jesus tat etwas ähnliches, wenn er die Menge, die die Ehebrecherin steinigen wollten, sagt, „Wer von euch noch nie gesündigt hat, soll den ersten Stein auf sie werfen!“ Er bringt die Menschen dazu, sich ins eigene Herz zu schauen und die Wahrheit über sich selbst zu erkennen. Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zu Gotteskenntnis.
Zurück zu Salomo: Er bittet Gott, „Gib mir ein Herz, das auf dich hört, damit ich dein Volk richtig führen und zwischen Recht und Unrecht unterscheiden kann.“ Sehen Sie den Zusammenhang? Salomo will ein Herz, dass auf Gott hört, damit er zwischen Recht und Unrecht entscheiden kann. Denn Gott setzt den Maßstab. Gott macht die Gesetze. Gottes Wille steht über allem. Gott sagt, was Recht und Unrecht ist. Man muss Gott zuhören, um seinen Willen zu wissen. Und man muss seine Nächsten zuhören, um sie zu verstehen. Um ihre Bedürfnisse zu begreifen. Um ihre Nöte nachzuempfinden. Und manchmal, um ihre Listen zu entlarven. Wenn wir ein Ohr für Gott haben und wenn wir ein Ohr für unsere Nächsten haben, werden wir weise sein. Wir werden Gottes Wille erkennen und unsere Nächsten verstehen.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Gerald MacDonald
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