Ein feste Burg ist unser Gott
30. Oktober 2022 zum Reformationstag
Psalm 46
30. Oktober 2022 zum Reformationstag
Psalm 46
Liebe Gemeinde,
vor neun Jahren lebte ich mit meiner Familie im Rheinland in Neuwied. Das Rheinland ist bekannt für seine alten Burgen hoch auf den Hängen an Rhein und Mosel. Eine Gemeindefahrt führte uns einmal auf die Ehrenburg. Sie wurde im 12. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt, als Wehranlage. Sie liegt rund 230 Meter über dem Meeresspiegel. Ihre gewaltigen Mauern boten schon damals Schutz vor Angreifern. Der Predigttext heute spricht auch von einer festen Burg. Hören wir den Psalm 46 (Lutherbibel 2017), der überschrieben ist: Ein feste Burg ist unser Gott.
2 Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben. 3 Darum fürchten wir uns nicht, wenngleich die Welt unterginge und die Berge mitten ins Meer sänken, 4 wenngleich das Meer wütete und wallte und von seinem Ungestüm die Berge einfielen. Sela. 5 Dennoch soll die Stadt Gottes fein lustig bleiben mit ihren Brünnlein, da die heiligen Wohnungen des Höchsten sind. 6 Gott ist bei ihr drinnen, darum wird sie fest bleiben; Gott hilft ihr früh am Morgen. 7 Die Völker müssen verzagen und die Königreiche fallen, das Erdreich muss vergehen, wenn er sich hören lässt. 8 Der HERR Zebaoth ist mit uns, der Gott Jakobs ist unser Schutz. Sela. 9 Kommt her und schauet die Werke des HERRN, der auf Erden solch ein Zerstören anrichtet, 10 der den Kriegen ein Ende macht in aller Welt, der Bogen zerbricht, Spieße zerschlägt und Wagen mit Feuer verbrennt. 11 Seid stille und erkennet, dass ich Gott bin! Ich will mich erheben unter den Völkern, ich will mich erheben auf Erden. 12 Der HERR Zebaoth ist mit uns, der Gott Jakobs ist unser Schutz.
Heute habe ich mehr und mehr das Bedürfnis, mich in solch einer Burg zu verkriechen. Wenn ich die Nachrichten verfolge, die täglich auf mich einströmen, dann ist der Wunsch nach etwas, was Bestand hat, sehr groß. Denn was gibt es noch, was mir Schutz gibt? Die Gaspreise steigen nach oben und niemand kann genau sagen, was das für mich und für uns alle hier bedeutet. Der Strom ist deutlich teurer geworden. Die Preise in den Supermärkten sind schon seit Monaten nach oben gegangen. Diese Liste ließe sich so weiter fortführen. Diese Not ist im Raum und wir sehnen uns nach einer Orientierung die uns aber kein Mensch so ganz genau geben kann. Ein weiteres, was uns Angst machen kann, ist der Rechtsruck in Europa. Die Wahl in Italien hat gezeigt, dass der Mitterechtsblock deutlich an Macht und Einfluss gewonnen hat. Und auch in unserem Land sind wir vor dieser Gefahr nicht geschützt. Diese Entwicklung in Europa und der Welt können uns Angst machen.
Der Psalmbeter hat auch allen Grund zur Anklage. Seine Welt geriet wortwörtlich ins Wanken: er schreibt in Vers 3 ff: darum fürchten wir uns nicht, wenn gleich die Welt unterginge und die Berge mitten ins Meer sänken. Alles, was felsenfest erschien, geht von einem Moment auf den anderen verloren, schlägt über seinem Kopf zusammen. Und nun erwarten wir, dass er selbst nicht mehr weiter weiß. Schlimmer kann es nicht kommen. Und was macht er? Er spricht bzw. er singt davon, sich nicht zu fürchten. Er betet zu Gott und bekennt damit: Gott, du bist unsre Zuversicht und Stärke; eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben.
Was für ein Perspektivwechsel. Die Nöte sind groß, aber wir können uns vom Psalmdichter mitreißen lassen und immer wieder neu lernen, Gott zu vertrauen. Denn er sieht uns und unsere Situation. Und er weißt allein auf Gott hin. Im Vers 8 heißt es: der Gott Zebaoth ist mit uns. Wir sind nicht allein in dieser Welt – Gott sei es gedankt! Er ist da. Und er will uns Hilfe, Zuversicht und Stärke sein. Allein sind wir machtlos gegenüber dem, was auf uns einstürmt. Aber Gott hat uns Vertrauen mit auf den Weg gegeben. Wir nennen es Glauben. Diese Erfahrung hat auch Martin Luther, der große Reformator, damals gemacht. Er erkannte, was die felsenfeste und alleinige Grundlage unseres Glaubens ist: Gottes Gnadenzusage und die Rechtfertigung durch Jesus Christus. Martin Luther hat mit Gott gerungen und es hat ihn Zeit und Kraft gekostet, diese Erkenntnis zu bekommen. Aber dann fiel es ihm, wie Schuppen von den Augen.
Diese Erkenntnis, dass Jesus Christus die Erfüllung der Gnadenzusage ist, macht uns Menschen innerlich frei. Wir müssen nicht wie in einem Hamsterrad um uns selbst und unsere Ängste kreisen. Wir schaffen es doch nicht aus eigener Kraft heraus. Nein, Gott durchbricht diese engstirnige Sichtweise und öffnet unseren Blick hin zu ihm. Mit seinem Sohn Jesus Christus hat er Licht in unsere dunkle Welt gebracht. Ein Licht, das uns in diesen dunklen Tagen leuchtet und uns Hoffnung und Gewissheit gibt, dass wir nicht verlassen sind. Sein Licht strahlt hell, dort, wo sich Menschen in seinem Namen versammeln. Sein Licht will in die düstersten Gedanken leuchten und sie überstrahlen. Denn er ist in unserer Mitte. Deshalb sind die schlimmen Nachrichten nicht einfach weg, aber wir haben nun eine Hilfe, an die wir uns wenden können.
Gott ist wie eine Burg, in die wir uns bergen können. Diese Burg hat schon vielen Menschen vor uns Schutz geboten. Die starken Mauern sind die Zuversicht und die Hilfe, die uns umgeben. So kann uns nichts von außen so treffen, dass es uns umwirft. Die Fenster der Burg sind die Öffnungen, durch die Gottes große Liebe zu uns durchdringt. Diese Liebe hat immer einen Zugang zu uns, egal wie die Welt draußen tobt. Die Zisterne ist sein Wort. Dieser Brunnen ist immer randvoll gefüllt mit dem Wasser des Lebens. Dorthin können wir gehen, auftanken und Kraft und Mut schöpfen für unser Leben. Oben auf dem Burgturm haben wir eine weite Aussicht. Die Aussicht auf Gottes Beistand und Stärke. Hier spüren wir, dass er uns ganz nah ist und behütet. Ganz oben auf der Burg weht die Fahne. Diese Fahne ist das Zeichen des Friedens, den nur Gott geben kann. Und dieser Frieden ist über allem, was uns bedrohen und ängstigen will. Sein Friede ist über uns und gibt uns Geborgenheit zu allen Zeiten unseres Lebens.
Und aus dieser Geborgenheit von Gott heraus, können wir Mut schöpfen, dass nach dem Sturm in diesen schwierigen Zeiten wieder andere Zeiten kommen werden. Wir bekommen Mut und Kraft, uns für Menschen einzusetzen und Gott in dieser Welt zu bezeugen. Diesen Mut haben so viele verfolgte Christen in dieser Welt, an die wir in diesen Tagen ganz besonders denken. Sie vertrauen ganz auf Jesus und setzen sich für die Ausbreitung seines Wortes ein. Gottes Liebe und Gottes Wort ist das, was fest steht – gestern, heute und an allen Tagen dieser Welt.
Amen
Gabriele v. Dressler