Fünf Brote und zwei Fische
Predigt 31.07.2022 (7. Sonntag nach Trinitatis)
Joh. 6,1-15
Predigt 31.07.2022 (7. Sonntag nach Trinitatis)
Joh. 6,1-15
Liebe Gemeinde,
in diesen bedrückenden und unruhigen Zeiten, in denen wir leben, möchte ich nach einer durchwachten Nacht morgens aufstehen um festzustellen, dass das alles doch nur ein Albtraum war – der Krieg in der Ukraine, der zugedrehte Gashahn, das Weiterlaufen der Atomkraftwerke, das kleine Virus, das uns immer noch so sehr beschäftigt, die drohende Hungersnot in Afrika …
Doch jeden Morgen höre ich im Radio diese Nachrichten, die mich gar nicht mehr loslassen. Und dann denke ich: jetzt müsste ein Wunder geschehen. Denn da, wo unsere begrenzten Möglichkeiten zu Ende sind, kann Gott wirken, denn unsere Verlegenheiten sind Gottes Gelegenheiten, so hat es Paul Deitenbeck – Pfarrer einmal formuliert.
1 Bald darauf ging Jesus ans andere Ufer des Sees von Galiläa, der auch See von Tiberias genannt wird. 2 Eine große Menschenmenge folgte ihm. Denn sie hatten die Zeichen gesehen, die er an den Kranken tat. 3 Jesus stieg auf einen Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern nieder. 4 Es war kurz vor dem Passafest, dem großen Fest der Juden. 5 Jesus blickte auf und sah, dass die große Menschenmenge zu ihm kam. Da sagte er zu Philippus:»Wo können wir Brot kaufen, damit diese Leute zu essen haben?« 6 Das sagte er aber, um Philippus auf die Probe zu stellen. Er selbst wusste längst, was er tun wollte. 7 Philippus antwortete:»Nicht einmal Brot für 200 Silberstücke reicht aus, dass jeder auch nur ein kleines Stück bekommt!« 8 Da sagte einer seiner Jünger Andreas, der Bruder von Simon Petrus: 9 »Hier ist ein kleines Kind. Es hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Aber was ist das schon für so viele Menschen?« 10 Jesus sagte: »Sorgt dafür, dass die Menschen sich setzen.« Der Ort war dicht mit Gras bewachsen. Dort ließen sie sich nieder, es waren etwa 5000 Männer. 11 Jesus nahm die Brote und dankte Gott. Dann verteilte er sie an die Leute, die dort saßen. Genauso machte er es mit den Fischen. Alle bekamen, so viel sie wollten. 12 Als sie satt waren, sagte Jesus zu seinen Jüngern: »Sammelt die Reste ein, damit nichts verdirbt.« 13 Das taten sie und füllten zwölf Körbe mit den Resten von den fünf Gerstenbroten. So viel war nach dem Essen übrig geblieben. 14 Als die Leute sahen, was für ein Zeichen Jesus getan hatte, sagten sie: »Er ist wirklich der Prophet, der in die Welt kommen soll!« 15 Da merkte Jesus, dass sie bald kommen würden, um ihn mit Gewalt zu ihrem König zu machen. Darum zog er sich wieder auf den Berg zurück – er ganz allein.
Was für eine wunderbare Geschichte, die wir gerade gehört haben. In diesem Wort steckt das Wort Wunder drin und ich selbst kann darüber nur staunen. Jesus hatte den Menschen, die um ihn versammelt waren, von seinem Vater erzählt. Er hatte einen Kranken am Teich Betesda gesund gemacht und ihnen erklärt, aus welcher Vollmacht er handelt. Sie klebten an seinen Lippen und hingen an seinen Worten. Jesus war nun an einem Punkt angekommen, an dem er sich ausruhen wollte. Er fuhr mit seinen Jüngern über den See Tiberias ans andere Ufer und dort stieg er auf einen Berg und setzte sich. Er zeigte mit dieser Überfahrt und dem Besteigen des Berges: Ich habe zu den Menschen geredet, ich brauche jetzt Ruhe. So haben es zumindest seine Jünger verstanden und so verstehen wir es auch heute. Nach so einem langen Tag hat er sich wahrlich eine Pause verdient. Jesus aber sieht die Menge und fragt Philippus: Wo kaufen wir Brot? Diese Frage stellt Jesus mitten auf dem Berg. Weit und breit nichts als Wiese, Berg und der See. Philippus rechnet ihm vor, was er an Geld mitgenommen hat: 200 Silbergroschen. Das wird offenbar nicht für Brot für alle reichen. Was nun?
Andreas sieht ein Kind mit fünf Broten und zwei Fischen. Das sagt er Jesus und Jesus reicht diese knappe Antwort aus: Fünf Brote und zwei Fische. Er lässt den Leuten sagen, dass sie sich in Gruppen zusammensetzen sollen. Und die Menschen laufen nicht weg, sie machen das, was Jesus sagt. Sie vertrauen ihm. Glauben heißt Vertrauen. Vielleicht haben die Menschen auch gedacht: Jesus hat schon so viele Wunder vollbracht, er wird sich auch um uns kümmern. Ihnen ist es auf jeden Fall wichtiger, in seiner Nähe zu sein, als nun zweifelnd zu überlegen, was sie am Ende des Tages essen sollen. Sie überlassen Jesus das Handeln und folgen seinen Anweisungen.
Wie würde das heute aussehen, frage ich mich? Würden wir heute Jesus auch so bedingungslos vertrauen? Können wir das? Oder rechnen wir nicht immer gleich im Kopf durch, ob so etwas aufgehen kann oder nicht? Wie steht es mit unserem Vertrauen, dass Jesus bei uns ist, so wie wir es im Gebet erbitten und erwarten?
Wir Menschen haben gelernt nur darauf zu vertrauen, was uns logisch erscheint, was wir erklären können. Ein Bespiel: Wenn wir eine Krankheit haben, dann gehen wir zum Arzt und warten darauf, dass uns der Arzt ein Medikament gibt und wir wieder gesund werden. Beim Arztbesuch spielt eine Menge Vertrauen und Sicherheit mit, denn der kennt uns ja schließlich gut. Was aber, wenn eine Krankheit diagnostiziert wird, die mit Tabletten nicht so leicht behandelbar ist? Was dann?
Haben wir mehr Vertrauen in das Medikament als in den Arzt, der uns gegenüber sitzt? Der Herr bezeichnet sich in 2. Mose 15,26 selbst als Arzt: … ich bin der Herr, dein Arzt.
Jesus weiß, was wir zum Leben brauchen. Und das ist viel mehr als nur Brot und Fisch. Wir sehnen uns nach seiner Gegenwart – auch besonders in dieser so schwierigen Zeit. Wir wollen so gern vertrauen – aber da stehen uns oft die Zweifel im Weg. Wie gut ist es, dass wir heute diese Geschichte hören. Und wie schön, dass wir sie gemeinsam hören. Damals waren es 5000 Männer – so beschreibt es die Bibel. Da waren sicher auch noch Frauen und Kinder mit dabei. Sie alle hören das, was Jesus sagt und lassen sich darauf ein.
Sie verlassen sich auf ihn und werden von ihm nicht im Stich gelassen. Jesus nimmt das Brot und den Fisch, dankt Gott dafür und dann geht es ans Verteilen. Das Dankgebet am Anfang spielt eine wichtige Rolle. Alles, was wir zum Leben bekommen haben, das verdanken wir nicht uns selbst, sondern dem, der uns unser Leben gegeben hat.
Und dann wird miteinander geteilt. Ich stelle mir vor, wie das wohl gegangen ist. Keiner bzw. keine ist dabei zu kurz gekommen. Diese Angst, ich könnte nicht genug abbekommen, die gibt es nicht. Jeder und jede nimmt sich, was er oder sie braucht. Da muss nichts gehortet werden, wie wir das auch gern tun. Es könnte ja sein, dass ich morgen noch etwas brauche.
Wie mag es aussehen, wenn wir so untereinander und miteinander teilen würden, dass es für alle reicht. Als ich in der letzten Woche wegen Corona nicht aus dem Haus gehen durfte, da habe ich mich sehr gefreut, dass immer wieder Lebensmittel vor meiner Tür standen. Vielen Dank allen, die mich versorgt haben. Und dann denke ich an meine Nachbarn gegenüber, die sich sicher auch über so ein liebevolles Zeichen freuen würden, weil sie es wegen ihres Alters nicht aus dem Haus schaffen. Eine liebevolle Geste, eine Karte, ein Blumengruß – einfach so, weil teilen auch mein Herz beschenkt.
Jesus hat am Ende die Jünger mit Körben losgeschickt. Sie sollten das einsammeln, was übrig geblieben ist. Zwölf Körbe waren gefüllt. Wenn wir Leben miteinander teilen, dann bleibt auch für mich etwas übrig.
Diese Geschichte zeigt mir, dass ich mit dem Eingreifen Jesu immer rechnen kann – heute, morgen, ja jeden Tag. Vielleicht anders, als ich es wünsche. Aber ich darf und brauche ihn nicht klein zu glauben. In einem Lied heißt es: Gott ist groß, Gott ist groß, Gott ist größer als wir denken. Er ist größer als wir, Gott ist viel Tausendmal größer als wir.
Wir müssen nicht alles erklären. Wir können uns auf ihn verlassen und darauf vertrauen, dass Jesus das Beste für uns bereit hält – seine Erlösung am Kreuz für uns. Er kennt und zeigt uns den Weg hin zu ihm – auch heute. So lasst uns in den fröhlichen Jubel der Engel mit einstimmen.
Amen
Gabriele v. Dressler